Entscheidungsstichwort (Thema)

Offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle für die Regelungsgegenstände "Zeiterfassungsterminals. Räumliche Lage und technische Voraussetzung" und "Nutzung durch die Beschäftigten. Ausschließlich der Nutzung von Transpondern" bei originäre Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats

 

Leitsatz (redaktionell)

Besteht für die Einführung und Anwendung eines "Work Force Management Systems" ("Argos") ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG und ist für die Ausübung dieses Rechts offensichtlich nicht der Betriebsrat sondern gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG der Gesamtbetriebsrat zuständig, umfasst diese Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats auch nähere Regelungen zu den hierfür eingesetzten "Zeiterfassungsterminals - räumliche Lage und technische Voraussetzungen" und deren konkrete "Nutzung durch die Beschäftigten - ausschließlich der Nutzung von Transpondern". Soweit andere Mitbestimmungstatbestände gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BetrVG nicht in Betracht kommen, besteht innerhalb des insgesamt in die Kompetenz des Gesamtbetriebsrats fallenden Mitbestimmungstatbestands des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG keine Zuständigkeit des Betriebsrats.

 

Normenkette

ArbGG § 100 Abs. 1 S. 2; BetrVG § 50 Abs. 1 S. 1, § 87 Abs. 1 Nrn. 1-2, 6

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 21.11.2017; Aktenzeichen 1 BV 27/17)

 

Tenor

  1. Auf die Beschwerde der zu 2) beteiligten Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 21. November 2017 - 1 BV 27/17 - teilweise abgeändert:
  2. Die Anträge des zu 1) beteiligten Betriebsrats werden insgesamt zurückgewiesen.
 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über Errichtung einer Einigungsstelle nach § 100 ArbGG.

Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin ist ein Unternehmen des Textileinzelhandels, das in Deutschland ca. 450 Filialen betreibt, die jeweils als eigenständige Betriebe im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes organisiert sind. Der zu 1) beteiligte Antragsteller ist der in der in A-Stadt gewählte fünfköpfige Betriebsrat. Neben den in zahlreichen Filialen gebildeten lokalen Betriebsräten ist bei der Arbeitgeberin ein Gesamtbetriebsrat gebildet.

Die Arbeitgeberin schloss mit dem Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbetriebsvereinbarung über die Einführung und Anwendung des Work Force Management Systems Argos vom 1./29. September 2016, die auszugsweise folgenden Inhalt hat:

"§ 1 Geltungsbereich

1.1.

Diese Gesamtbetriebsvereinbarung - im Folgenden GBV - gilt persönlich für alle Arbeitnehmer/innen - der A. B.V. & Co. KG, mit Ausnahme der leitenden Angestellten gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG, sowie räumlich für deren Betriebe. Sie gilt auch für alle externen Mitarbeiter, die im jeweiligen Betrieb eingesetzt werden und dort Argos nutzen. Alle vom Geltungsbereich erfassten Personen werden nachfolgend als Mitarbeiter bezeichnet.

1.2.

Sachlich regelt die GBV die mit der Einführung und Anwendung des Work Force Management Systems Argos in der Projektphase 1 - im Folgenden WFM - verbundene Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der personenbezogenen Daten mit den Modulen gemäß § 3 Ziffer 3.1.

§ 2 Zweckbestimmung des Work Force Management Systems

Die Zweckbestimmung beinhaltet:

- Zeiterfassung und Erstellen von Arbeitszeitnachweisen für die Mitarbeiter

- Abbildung aller zeitwirtschaftlich relevanten gesetzlichen, tariflichen und betrieblichen Regeln als Grundlage für Prüfungen und Berechnungen

- Personaleinsatzplanung und -steuerung mit dem Ziel einer Verteilung von Einsätzen unter Berücksichtigung betrieblicher Anforderungen, persönlicher Belange der Mitarbeiter und den Planungsdaten aus 13WP2

- Ermittlung der für die Arbeitsentgeltabrechnung erforderlichen Daten und Übermittlung an DATEV Lodas

- Protokollierung des Genehmigungsprozesses der Personaleinsatzplanung sowie deren Änderungen

- Durchführung der gemäß dieser GBV vereinbarten Auswertungen

§ 3 Systembeschreibung

3.1. Angewendete Module in der Projektphase 1

Die angewendeten Module sind folgende:

- Mitarbeiterstammdaten

- Zeiterfassung

- Zeitwirtschaft

- Personaleinsatzplanung

- Reporting

3.2. Auflistung der personenbezogenen Daten

Die personenbezogenen Daten ergeben sich aus den Anlagen 1, 2 und 3.

3.3 Technischer Prozessablauf der Personaleinsatzplanung

Die Einführung dieses Systems lässt die Mitbestimmungsrechte der lokalen Betriebsräte hinsichtlich der Personaleinsatzplanung und der Änderung der Personaleinsatzplanung unberührt.

Die technische Festschreibung der Personaleinsatzplanung erfolgt im System auf Basis von Kalenderwochen.

Im Übrigen erfolgt die Personaleinsatzplanung wie bisher gemäß den Betriebsvereinbarungen, die zwischen den lokalen Betriebsparteien vereinbart worden sind.

(...)

3.4 Regelung zur Arbeitszeiterfassung

Die Arbeitszeiterfassung erfolgt mittels eines Transponders an den dafür vorgesehenen Terminals. Die Transponder sind personengebunden und dürfen nur von dem Inhaber benutzt werden. Sie enthalten eine dem Mitarbeiter im System zugeordnete Transponder-Nummer. Weitere personenbezogene Daten sind auf dem Transponder ...

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