Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert. Beschlussverfahren. einstweilige Verfügung. Betriebsratswahl. Vorfrage. Wahlvorstand. Betriebsratsgröße
Leitsatz (amtlich)
Bei einem im Beschlussverfahren ausgetragenen Streit zwischen Wahlvorstand und Arbeitgeber über die Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder – Größe des Betriebsrats – ist der zum Zwecke der anwaltlichen Gebührenberechnung zu bestimmende Streitwert gem. § 8 Abs. 2 S. 2 BRAGO festzusetzen. Der Streitwert wird sich, weil es nur um einen Teilaspekt der Betriebsratswahl geht, nämlich eine Vorfrage, auf die Hälfte des Regelwertes von 4.000 EUR – 2.000 EUR – belaufen. Wird in der Sache aufgrund einstweiliger Verfügung entschieden, ist dieser Wert wegen der vorläufigen Charakters der Entscheidung auf ein Drittel zu reduzieren, nämlich 666 EUR. Die Anzahl der Betriebsratsmitglieder darf für die Streitwertfestsetzung nicht herangezogen werden, denn es geht bei dem Rechtsstreit betreffend die Betriebsratswahl nicht um geldwerte Interessen sondern darum, dass die Betriebsratswahl gesetzmäßig zustande kommt.
Normenkette
BRAGO § 8 Abs. 2 S. 2; BetrVG § 9; WO § 3 Abs. 2 Nr. 4; ZPO § 3
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Beschluss vom 27.06.2002; Aktenzeichen 3 BV Ga 21/02) |
ArbG Lübeck (Beschluss vom 11.04.2002; Aktenzeichen 3 BV Ga 21/02) |
Tenor
In dem Rechtsstreit …wird auf die Beschwerde der beschwerdeführenden Arbeitgeberin – unter ihrer Zurückweisung im Übrigen – der Streitwertfestzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 27. Juni 2002 – 3 BVGa 21/02 – teilweise dahin abgeändert:
Der Gegenstandswert der anwaltlichen Gebühren wird für das Beschlussverfahren auf 2.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
In dem dem Streitwertfestsetzungsverfahren zugrundeliegenden Beschlussverfahren hat die Arbeitgeberin mit dem Wahlvorstand über die Größe des zu wählenden Betriebsrates, ob 11 oder 9-köpfig, gestritten. Die Arbeitgeberin ist in dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht unterlegen. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert des Verfahrens auf 10.667 Euro angesetzt. Auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses wird verwiesen.
Gegen diesen ihr am 01.07.2002 zugestellten Beschluss hat die Arbeitgeberin Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, den Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn dahin abzuändern, dass der Gegenstandswert für das Verfahren deutlich herabgesetzt in die Nähe von 1.000,00 DM festgesetzt wird. Auf die Beschwerdebegründung vom 03.07.2002 wird verwiesen. Der Beschwerdegegner beantragt Zurückweisung der Beschwerde nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 22.08.2002.
Die Beschwerde ist zulässig und auch überwiegend begründet. Gemäß § 8 Abs. 2 S. 2 BRAGO ist hier der Streitwert nach billigem Ermessen festzusetzen. Es ist dabei der Wert zu finden, der für den Rechtsanwalt angemessene und für den Auftraggeber tragbare Gebühren ergibt (LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 04.06.1985 – 4 Ta 72/85 –; LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 30.06.1993 – 2 Ta 12/93; LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 13.07.1994 – 4 Ta 57/94). Dabei sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Bedeutung der Sache, der Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts und die Leistungsfähigkeit des Auftraggebers (vgl. Riedel-Sußbauer, BRAGO, 4. Aufl., § 8, Rdn. 49, 50).
Der Streitgegenstand des Beschlussverfahrens war die Untersagung der Wahl eines 11-köpfigen Betriebsrats, mithin ging es um die Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder, und er betrifft damit eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit. Es geht also um die Abklärung einer Vorfrage bei der Vorbereitung einer Betriebsratswahl. Die Streitwerthöhe bemißt sich hierbei nach § 8 Abs. 2 BRAGO. Jene Vorschrift eröffnet zwar einen Spielraum zwischen unter 4.000 Euro und 500.000 Euro. Dabei hat der Gesetzgeber als Regelwert – und nicht als Hilfswert – (ständige Rechtsprechung des Beschwerdegerichts) – den Gegenstandswert mit 4.000 Euro festgehalten. Von diesem Regelwert ist bei der Abklärung lediglich einer Vorfrage zur ordnungsgemäßen Durchführung der Betriebsratswahl abzuweichen. Regelmäßig wird bei einer Wahlanfechtung, die grundsätzlich zur Neuwahl führt, bei mittleren und kleinen Betriebsräten von dem sog. Regelwert von 4.000 Euro auszugehen sein. Bei der Wahlanfechtung geht es nicht um geldwerte Interessen, was oft verkannt wird, es geht nur darum, ob der Betriebsrat gesetzmäßig zustande gekommen ist. Das Verbot, bei der Streitwertbemessung Folgewirkungen der erstrebten gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen, schließt es aus, bei einer Wahlanfechtung etwa auf die Zahl der Wahlberechtigten oder der zu wählenden Betriebsratsmitglieder abzustellen. (so zutreffend OVG Lüneburg vom 06.05.1994 – 18 L 1439/94; BVerwG vom 08.07.1985 in JurBüro 1986, 285 f bzgl. der Anfechtung der Wahl von Personalräten). Geht es aber nur um einen Teilaspekt der Betriebsratswahl, nämlich die Abklärung der Größe des zu wählenden Betriebsrats, ist regelmäßig die Hälfte des Regelgegenstandswerts zugrundezulegen. Dar...