Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsrat. Mitbestimmung. Einstellung. Zustimmungsverweigerung. Benachteiligung. Aufstockung. Verlängerung. Arbeitszeit. freier Arbeitsplatz. Arbeitszeitkonzept. arbeitsplatzbezogene Merkmale. Antrag auf Verlängerung der Arbeitszeit eines Teilzeitarbeitnehmers
Leitsatz (amtlich)
1. Dem Betriebsrat steht ein Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG zu, wenn der Arbeitgeber trotz Vorliegens eines Aufstockungsantrags eines in Teilzeit beschäftigten Arbeitnehmers gemäß § 9 TzBfG einen entsprechenden Vollzeitarbeitsplatz mit einem externen Bewerber besetzen will.
2. Ein Anspruch auf Verlängerung der vertraglichen Arbeitszeit besteht nur, wenn ein freier Arbeitsplatz besetzt werden soll. Dies ist bei einer nur befristeten Einstellung zur Krankheitsvertretung nicht der Fall.
3. Der Arbeitgeber ist im Rahmen des § 9 TzBfG nicht verpflichtet, einen freien Teilzeitarbeitsplatz zu splitten, um die vertragliche Arbeitszeit eines teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers auf 100 % einer Vollzeitarbeitsstelle aufzustocken.
Normenkette
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2; BetrVG § 23 Abs. 3, § 99 Abs. 2, § 100 Abs. 2, § 101; TzBfG § 9
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Beschluss vom 10.01.2008; Aktenzeichen 1 BV 29 b/07) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 10.01.2008, Az. 1 BV 29 b/07, wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Nachdem sich die Zustimmungsersetzung zur befristeten Einstellung eines Arbeitnehmers durch Zeitablauf erledigt hat, streiten die Beteiligten nur noch über den Widerantrag des Betriebsrats, dem Arbeitgeber zu untersagen, Einstellungen ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats oder dessen gerichtlicher Ersetzung oder ohne, dass die Voraussetzungen eines dringenden Erfordernisses vorlagen, vorzunehmen.
Die wöchentliche Vollarbeitszeit beträgt 38,5 Stunden. In der nachwirkenden Betriebsvereinbarung „Arbeitszeit, Dienstplangestaltung” vom 20.12.2004 ist unter anderem geregelt, dass die „Rahmendienstpläne der einzelnen Wachbereiche auf einer höchst zulässigen durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 48 Stunden unter Einbeziehung von Arbeitsbereitschaft, Überstunden, Übergabezeiten sowie aktivierten Springerdiensten arbeitszeitschutzrechtlich in einem Kontrollausgleichszeitraum von 6 Monaten basieren”. Nach dieser Regelung werden die vollzeitbeschäftigten Rettungssanitäter auch tatsächlich mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden eingesetzt, davon sind 38,5 Stunden Arbeit und 9,5 Stunden Bereitschaftsdienst. Seit Juni 2007 stellt der Arbeitgeber nur noch neue Arbeitnehmer mit 75 % der wöchentlichen Vollarbeitszeit ein. Dies entspricht einer wöchentlichen Arbeitszeit von 28,88 Stunden. Mit Schreiben vom 02.10.2007 beantragte die Arbeitgeberin die Zustimmung des Betriebsrats zur befristeten Einstellung des Arbeitnehmers T. W. als Rettungssanitäter für die Dauer der Erkrankung des Arbeitnehmers A. M. vom 02.10. bis längstens 31.12.2007 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 28,88 Stunden. Zur Begründung führte er aus (Bl. 32 d. A.):
„Der DRK … e.V. traf im Monat Juni 2007 die unternehmerische Entscheidung, die im Rettungsdienst vorhandenen Arbeitsplätze zukünftig nur noch als Teilzeitstellen einzurichten und diese entsprechend zu ändern. Die max. wöchentliche Arbeitszeit beträgt daher seit Juni 2007 nur noch 75 % der wöchentlichen Vollarbeitszeit. Wir sahen uns zu dieser unternehmerischen Entscheidung veranlasst, um die Flexibilität der Mitarbeiter im Rettungsdienst erhöhen zu können. Bei einer gleichen Anzahl der Wochenarbeitsstunden verfügen wir durch die Entscheidung, die Arbeit lediglich nur noch durch Teilzeitkräfte durchführen zu lassen, über mehr Personal, das im Dienstplan wesentlich flexibler eingesetzt werden kann. Weiterhin war es bei dem Einsatz von Vollzeitarbeitskräften nicht mehr möglich, die Arbeitszeit der Mitarbeiter zu verlängern, da die Mitarbeiter bereits 48 Stunden pro Woche im Rettungsdienst eingesetzt wurden und eine Verlängerung der Arbeitszeit gegen die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes verstoßen hätte. Durch den Einsatz von Teilzeitarbeitskräften ist es uns nunmehr möglich, die Mitarbeiter, die lediglich 75 % einer Vollzeitarbeitskraft leisten, auch zu Mehrarbeit im Rahmen des Arbeitszeitgesetzes hinzuzuziehen. Dies verschafft uns einen wesentlich größeren Spielraum um die anfallende Mehrarbeit bewältigen zu können.
Zudem führt die Belastungssituation im Rettungsdienst zu überproportional hohen Ausfällen der Mitarbeiter im Rettungsdienst. Die hohe Beanspruchung der Mitarbeiter wird durch die Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 75 % einer Vollzeitarbeitsstelle erheblich gesenkt und dient damit dem Schutz der Arbeitnehmer.”
Mit weiterem Schreiben vom 02.10.2007 beantragte die Arbeitgeberin, die geplante Einstellung als vorläufige personelle Maßnahme durchführen zu können. Mit Schreiben vom 04.10.2007 verweigerte der Betriebsrat seine Zustimmun...