Das Lernen im oben genannten Sinn wird von manchen als eine individuelle (Entwicklungs-) Reise – eine Learning Journey – verstanden. Eine bildhafte Analogie einer Reise, die sehr schön sein kann oder sich als "Reinfall" herausstellt, ist in diesem Sinne konsequent. Mit der Einführung des Begriffs ist aber mehr als nur eine "Umetikettierung" gemeint. So sind zunächst einige Kriterien zu verzeichnen, die eine gelungene Learning Journey auszeichnen: Eine gute Learning Journey
- startet mit guter Vorbereitung, z. B. mit der Antwort auf Fragen wie: "Was soll oder will der Lerner"?, "Was – ganz konkret – soll in der Praxis angewandt werden"?
- gleicht die Zielsetzungen detailliert mit den Ausgangsvoraussetzungen des Lerners ab: "Welche Vorkenntnisse gibt es"? "Welche Erfahrungen bestehen bereits"? etc.
- nimmt eine Auswahl geeigneter methodischer Formate vor. Nicht jede Lernmethode passt zu jedem – auch nicht, wenn diese gerade aktuell besonders populär ist.
- Setzt auf ein kontinuierliches (eigenverantwortliches) Monitoring und zeitnahes Feedback durch die Entwicklungsbegleiter.
Die ursprüngliche Namensgebung der Learning Journey bezog sich auf geplante on-the-job-Lernerfahrungen – auch außerhalb der eigenen Organisation, z. B. durch Exkursionen, Info-Aufenthalte oder befristete Job Rotations, beispielsweise bei Kunden-Lieferanten-Beziehungen o. Ä.
Diese Learning Journey wurden ähnlich strukturiert wie die folgende Abbildung zeigt.
Abbildung: Learning Journey Map
Quelle: eigene Darstellung
Eine solche "Lernreise" beginnt mit der Vorbereitung (Etappe 1). Hier wird definiert,
- was das Ergebnis einer Lernreise sein soll,
- was konkret gelernt werden soll und vor allem
- wo bzw. bei wem man diese Inhalte womöglich erlernen kann.
- Es folgt die zeitliche Planung bzw. das Schaffen der Freiräume für eine solche Learning Journey.
In Etappe 2 der Learning Journey, die an einem anderen Arbeitsplatz, in einem anderen Unternehmen bzw. in einer bestimmten Abteilung in verschiedenen Firmen (z. B. Logistik, Buchhaltung), stattfindet, geht es darum,
- sich das Wissen anzueignen,
- die Skills zu erwerben (durch praktisches Mitarbeiten und Umsetzen des Erlernten) und
- Eindrücke vor Ort zu gewinnen, insbesondere durch den Austausch mit den handelnden Personen in der (ersten) Station.
- Früher nannte man dies "Exkursion".
Etappe 3 findet statt, wenn man nach der Reise wieder am Arbeitsplatz zurück ist. Es gilt, das Erlernte zu reflektieren, zu erforschen, weiter zu verfeinern und auf die eigene Situation zu übertragen – Ziel ist es, das Selbstvertrauen zu stärken und die Sicherheit im Handeln zu festigen.
Die vierte Etappe ist im eigentlichen Sinn keine Etappe, sondern der Punkt am Ende der – eher mittel- bis langfristig angelegten – Zeitspanne, in der die praktische Anwendung erfolgt. Die Umsetzung soll nun noch einmal rückblickend in der Zusammenschau kritisch reflektiert werden:
- Wurden die Lernziele erreicht?
- Sind die erwarteten Ergebnisse erzielt worden?
- Falls ja, alles gut. Wenn nicht, könnte eine erneute Lernreise – ggf. mit einem feineren Fokus – geplant werden oder, um im Bild zu bleiben: eine kurze Stippvisite am bisherigen Lernort.
Man kann sagen, dass die Learning Experience dem Erfahrungslernen zu einem neuen Glanz verholfen hat. Learning Experience Design erfordert einen Fokus auf das Lernen in und aus der Praxis – auch außerhalb des eigenen Unternehmens. Egal ob in Projekten, durch Sonderaufgaben, durch eine Hospitanz bei einem Lieferanten oder ganz woanders: Um dem Verständnis von Lernen aus der Praxis als auch der Individualisierungstendenz der Personalentwicklung Rechnung zu tragen, ist das "Handwerk", einen guten Entwicklungsplan zu erstellen, unerlässlich.