Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenpfändung. Jugendliches Alter des Schuldners und mögliche Verjährung des Titels

 

Verfahrensgang

AG Augsburg (Beschluss vom 02.09.2003; Aktenzeichen 1 M 15370/03)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des Amtsgerichts – Vollstreckungsgericht – Augsburg vom 2.9.2003 aufgehoben.

Das Verfahren wird zur neuen Entscheidung über den Antrag auf Rentenpfändung nach Maßgabe des vorliegenden Beschlusses an das Vollstreckungsgericht zurückverwiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens trägt der Schuldner.

III. Der Beschwerdewert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Gläubigerin vollstreckt aus einem Versäumnisurteil vom 17.2.2003 einen Hauptforderungsbetrag von 51.588,21 EUR nebst Kosten und Zinsen. Am 14.8.2003 wurde Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gestellt. Als Pfändungsgegenstand war die zukünftige Altersrente sowie eine etwaige zukünftige Erwerbs- oder Berufsunfähigkeitsrente bezeichnet.

Der Schuldner ist am 14.7.1978 geboren, derzeit also 25 Jahre alt.

Mit Beschluss vom 2.9.2003 wies das Vollstreckungsgericht den Antrag zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsrenten könnten als reine Erwartungen nicht gepfändet werden. Der Antrag auf Pfändung der Altersrente sei aufgrund des Alters des Schuldners zurückzuweisen. Hierfür fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Die Pfändung von Altersrente könne nur erfolgen, wenn der Schuldner mindestens 5 Jahre in die Rentenkasse einbezahlt habe. Dieses sei aufgrund des Alters des Schuldners fraglich. Darüber hinaus sei der Titel verjährt, wenn der Schuldner Altersrente beziehen könne. Auf die weitere Beschlussbegründung wird Bezug genommen (Bl. 15, 16 d. Akten).

Gegen den am 8.9.2003 zugestellten Beschluss legte die Gläubigerin am 09.09.2003 sofortige Beschwerde ein. Der Antrag auf Pfändung der Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsrente wurde zurückgenommen. Demgegenüber sei die Pfändung der Altersrente durchaus zulässig. Der Schuldner führe bei der Bundesversicherungsanstalt für Arbeit in Berlin das Versicherungskonto Nr. …. Der Anspruch auf künftige laufende Sozialleistungen sei – auch in jungen Jahren – grundsätzlich pfändbar. Wäre eine Pfändung erst in späteren Jahren möglich, käme dies einer Benachteiligung des Pfändungsgläubigers gleich.

Das Vollstreckungsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt. Die originäre Einzelrichterin hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Entscheidung auf die Kammer in Dreierbesetzung übertragen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gemäß § 793 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Gläubigerin, welche sich nur noch auf die Pfändung der künftigen Altersrente des Schuldners bezieht, ist begründet.

1. Nach der insoweit maßgeblichen jüngsten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21.11.2002 (abgedruckt in JurBüro 2003, 438 f.) sind zukünftig entstehende oder fällig werdende laufende Geldansprüche gegen einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung dann gemäß § 54 Abs. 4 SGB I pfändbar, sofern die Ansprüche in einem bereits bestehenden Sozialversicherungsverhältnis wurzeln. Das noch nicht rentennahe Alter des Schuldners (im entschiedenen Fall 47 Jahre) steht einer solchen Pfändung grundsätzlich nicht entgegen.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Ein Sozialversicherungsverhältnis für den Schuldner besteht nach den Angaben der Gläubigerin bereits. Ob der Schuldner bereits die Mindestanwartschaften von 60 Monaten erreicht hat, ist, was das. Vollstreckungsgericht verkennt, nicht entscheidend, weil die Pfändung künftiger Auszahlungsansprüche der gesetzlichen Altersversicherung nicht voraussetzt, dass der Versicherte die Wartezeiten erfüllt hat (vgl. BGH a.a.O., S. 439 oben).

2. Offengelassen hat der Bundesgerichtshof in obiger Entscheidung, wo der Pfändbarkeit künftiger gesetzlicher Altersrenten bei relativ jungen Schuldnern möglicherweise unter dem Gesichtspunkt des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses Grenzen zu ziehen sind. Der BGH verwies hierbei auf eine Entscheidung des Landgerichts Heilbronn vom 22.4.1999, in der bei einem 24-jährigen Schuldner das Rechtsschutzbedürfnis für eine Rentenpfändung verneint wurde (abgedruckt in Rpfl 1999, 455 f.).

Das Landgericht Heilbronn hat diesbezüglich festgestellt, dass für die Pfändung künftiger Rentenansprüche das Rechtsschutzbedürfnis fehle, wenn der Schuldner noch relativ jung sei. In dem entschiedenen Fall wurde darüber hinaus noch berücksichtigt, dass der der Vollstreckung zugrunde liegende Titel im Jahre 2028 verjähren werde, wobei der Schuldner zu diesem Zeitpunkt erst 55 Jahre alt sein wird.

Die Kammer ist entgegen der Auffassung des Landgerichts Heilbronn der Meinung, dass auch die Jugend eines Schuldners und die mögliche Verjährung eines Titels kein Grund ist, einem Gläubiger das Rechtsschutzbedürfnis an einer Pfändungsmaßnahme abzusprechen. Insbesondere ist nicht einzusehen, warum das Landgericht Heilbronn die...

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