Leitsatz (amtlich)
Der notwendige Unterhalt gem. § 850d Abs. 1 S. 2 ZPO entspricht seit dem 01.01.2005 dem notwendigen Lebensunterhalt i.S. des 3. und 11. Kapitels des SGB XII. Hierbei ist dem erwerbstätigen Vollstreckungsschuldner ein Mehrbedarfszuschlag für Erwerbstätigkeit von 50% des Regelsatzes zuzubilligen, soweit er die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Auslagen nicht konkret darlegt.
Verfahrensgang
AG Viersen (Beschluss vom 03.08.2004) |
Tenor
In Abänderung des angefochtenen Beschlusses wird der dem Schuldner zustehende monatliche pfändungsfreie Betrag aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Viersen vom 3. August 2004
bis einschließlich Juli 2005 auf 959,00 EUR zuzüglich zwei Drittel des Nettomehrbetrages und
ab August 2005 auf 959,00 EUR zuzüglich drei Viertel des Nettomehrbetrages festgesetzt.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Beschwerdewert: 1.896,00 EUR
Tatbestand
I.
Der Schuldner verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von durchschnittlich 1.365,00 EUR. Er lebt mit seiner Lebensgefährtin, mit der er Zwillingskinder im Alter von einem Jahr hat, in einem gemeinsamen Haushalt. Seine Lebensgefährtin erhielt bis zum 1. August 2005 Erziehungsgeld in Höhe von monatlich 600,00 EUR und ist wegen der Kinderbetreuung nicht erwerbstätig. Die Kosten für die 100 qm große Wohnung belaufen sich auf eine monatliche Nettomiete von 430,00 EUR zuzüglich Betriebskostenvorauszahlung von 166,00 EUR und 84,00 EUR für Strom.
Die Gläubigerin vollstreckt gegen den Schuldner wegen rückständigen und laufenden Unterhalts aus einer Urkunde des Erftkreises vom 29. Oktober 1998 (UR-Nr. …). Sie erwirkte am 3. August 2004 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Viersen, der die Ansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldnerin auf Arbeitsentgelt zum Gegenstand hat. Der dem Schuldner zu verbleibende pfändungsfreie Betrag wurde auf 665,00 EUR monatlich festgesetzt. Auf Erinnerung des Schuldners hat das Amtsgericht den pfändungsfreien Betrag auf 975,00 EUR festgesetzt. Auf weitere Erinnerung des Schuldners hat das Amtsgericht den pfändungsfreien Betrag mit dem angefochtenen Beschluss vom 13. Januar 2005 auf 1.250,00 EUR monatlich festgesetzt.
Hiergegen richtet sich die Erinnerung der Gläubigerin, die beantragt, den pfändungsfreien Betrag auf 1.092,00 EUR festzusetzen. Hinsichtlich der Berechnung wird auf den Schriftsatz der Gläubigerin vom 24. Januar 2005 (Blatt 64 d.A.) Bezug genommen. Die Gläubigerin ist insbesondere der Meinung, dass eine Unterhaltspflicht gegenüber der Lebensgefährtin des Schuldners nicht bestehe.
Das Amtsgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und in der Nichtabhilfeentscheidung vom 18.03.2005 (Bl. 96/97 d.A.) ausgeführt:
Dem Schuldner habe folgende Grundsicherung zu verbleiben:
- Haushaltsvorstand: 345,00 EUR
- Lebenspartner: 311,00 EUR
- Kind Joelle Behr: 207,00 EUR
- Kind Jana Behr: 207,00 EUR
Miete: 430,00 EUR
Gesamt: 1.500,00 EUR
In Anbetracht der bestehenden Unterhaltsverpflichtungen und des Nettoeinkommens des Schuldners in Höhe von ca. 1.350,00 EUR erscheine ein Pfändungsfreibetrag von monatlich 1.250,00 EUR als angemessen.
Das Amtsgericht hat die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde (§§ 11 Abs. 1 RPflG, 793 ZPO) zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg.
Der pfändungsfreie Betrag ist bis einschließlich Juli 2005 auf mo-natlich 959,00 EUR zuzüglich zwei Drittel des Nettomehrbetrages und ab August 2005 auf monatlich 959,00 EUR zuzüglich drei Viertel des Nettomehrbetrages festzusetzen.
Die Gläubigerin vollstreckt vorliegend wegen laufenden und rückständigen Unterhalts, so dass sich die Pfändungsfreigrenzen nach § 850d ZPO richten. Nach dieser Vorschrift ist bei einer Unterhaltspfändung das Arbeitseinkommen des Schuldners ohne Beschränkungen pfändbar. Jedoch ist dem Schuldner soviel zu belassen, als er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber dem Gläubiger bevorrechtigten Unterhaltsschuldnern und zur gleichmäßigen Befriedigung gleichberechtigter Unterhaltsschuldner benötigt.
Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (zuletzt Beschluss vom 8. Dezember 2004 – 5 T 633/04 -) errechnet sich der Betrag, den der Schuldner für seinen notwendigen Unterhalt benötigt, nach den Vorschriften zur Sozialhilfe, also seit dem 1. Januar 2005 nach dem 3. und 11. Kapitel des SGB XII (bis dahin Abschnitte II und IV des BSHG). Die Unterhaltsrichtlinien der Oberlandesgerichte für den notwendigen Selbstbehalt können als Richtsätze für die Bemessung des notwendigen Unterhalts nicht herangezogen werden. Auch die Verdoppelung der nach SGB XII (früher § 22 Abs. 2 BSHG) festgesetzten Regelsätze für die laufenden Leistungen zum Lebensunterhalt bietet keine geeignete Richtgröße (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 18. J...