BMF, Schreiben v. 1.8.2005, IV A 5 - S 7124 - 8/05, BStBl I 2005, 849
Durch Art. 5 Nr. 1 bis 4, 6 und 10 des Gesetzes zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (Richtlinien-Umsetzungsgesetz – EURLUmsG) vom 9.12.2004 (BGBl 2004 I S. 3310, BStBl 2004 I S. 1158) wurde § 3g UStG eingefügt und die §§ 3, 3a, 5 und 13b UStG geändert. Die Rechtsänderungen sind nach Art. 22 Abs. 5 des EURLUmsG mit Wirkung vom 1.1.2005 in Kraft getreten. Dadurch wird die Richtlinie 2003/92/EG vom 7.10.2003 (ABl EG 2003 Nr. L 260 S. 8) in nationales Recht umgesetzt.
Nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Lieferungen von Gas über das Erdgasnetz oder von Elektrizität sowie der damit zusammenhängenden sonstigen Leistungen Folgendes:
1. Ort der Lieferung von Gas oder Elektrizität (§ 3g UStG)
1.1 Unter Berücksichtigung der Bestimmungen der Richtlinie 2003/54/EG vom 26.6.2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG und der Richtlinie 2003/55/EG vom 26.6.2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG findet die Regelung – entsprechend der Zielsetzung der Richtlinie 2003/92/EG – in Bezug auf Gas für alle Druckstufen und in Bezug auf Elektrizität für alle Spannungsstufen Anwendung. Bezüglich der Lieferung von Gas ist die Anwendung der Sonderregelung auf Lieferungen über das Erdgasnetz beschränkt. Die Sonderregelung findet z.B. keine Anwendung auf den Verkauf von Gas in Flaschen oder die Befüllung von Gastanks mittels Tanklastzügen.
1.2 Bei der Lieferung von Gas über das Erdgasnetz oder Elektrizität ist danach zu unterscheiden, ob diese Lieferung
- an einen Unternehmer, dessen Haupttätigkeit in Bezug auf den Erwerb dieser Gegenstände in deren Lieferung besteht und dessen eigener Verbrauch dieser Gegenstände von untergeordneter Bedeutung ist (sog. Wiederverkäufer von Gas oder Elektrizität) oder
- an einen anderen Abnehmer
erfolgt.
1.3 Die Haupttätigkeit des Unternehmers in Bezug auf den Erwerb von Gas über das Erdgasverteilungsnetz oder von Elektrizität besteht dann in deren Lieferung, d.h. im Wiederverkauf dieser Gegenstände, wenn der Unternehmer mehr als die Hälfte der von ihm erworbenen Menge weiterveräußert. Der eigene Gas- bzw. Elektrizitätsverbrauch des Unternehmers ist von untergeordneter Bedeutung, wenn nicht mehr als 5 % der erworbenen Menge zu eigenen (unternehmerischen sowie nichtunternehmerischen) Zwecken verwendet wird.
1.4 Die Bereiche „Gas” und „Elektrizität” sind dabei getrennt, jedoch für das gesamte Unternehmen i.S. d. § 2 UStG zu beurteilen. In der Folge werden grenzüberschreitende Leistungen zwischen Unternehmensteilen, die als nicht steuerbare Innenumsätze zu behandeln sind und die nach § 3g Abs. 3 UStG auch keinen Verbringungstatbestand erfüllen, in diese Betrachtung einbezogen. Außerdem ist damit ein Unternehmer, der z.B. nur im Bereich „Elektrizität” mehr als die Hälfte der von ihm erworbenen Menge weiterveräußert und nicht mehr als 5 % zu eigenen Zwecken verwendet, diese Voraussetzungen aber für den Bereich „Gas” nicht erfüllt, nur für Lieferungen an ihn im Bereich „Elektrizität” als Wiederverkäufer anzusehen.
1.5 Maßgeblich sind die Verhältnisse im vorangegangenen Kalenderjahr. Verwendet der Unternehmer zwar mehr als 5 %, jedoch nicht mehr als 10 %, der erworbenen Menge an Gas oder Elektrizität zu eigenen Zwecken, ist weiterhin von einer untergeordneten Bedeutung auszugehen, wenn die im Mittel der vorangegangenen drei Jahre zu eigenen Zwecken verbrauchte Menge 5 % der in diesem Zeitraum erworbenen Menge nicht überschritten hat.
Im Unternehmen selbst erzeugte Mengen bleiben bei der Beurteilung unberücksichtigt.
1.6 Anderer Abnehmer ist demgegenüber ein Abnehmer, der nicht Wiederverkäufer ist.
1.7 Bei der Lieferung von Gas oder Elektrizität an einen Wiederverkäufer gilt entweder der Ort, von dem aus dieser sein Unternehmen betreibt, oder – wenn die Lieferung an eine Betriebsstätte des Wiederverkäufers ausgeführt wird – der Ort dieser Betriebsstätte als Ort der Lieferung. Eine Lieferung erfolgt an eine Betriebsstätte, wenn sie ausschließlich oder überwiegend für diese bestimmt ist; Abschn. 38 Abs. 2 UStR gilt sinngemäß. Dementsprechend ist auf die Bestellung durch und die Abrechnung für Rechnung der Betriebsstätte abzustellen. Es kommt nicht darauf an, wie und wo der Wiederverkäufer die gelieferten Gegenstände tatsächlich verwendet (vgl. § 3g Abs. 1 UStG). Somit gilt diese Regelung auch für die für den eigenen Verbrauch des Wiederverkäufers gelieferte Menge. Dies ist insbesondere von Bedeutung bei der Verwendung für eigene Zwecke in eigenen ausländischen Betriebsstätten und ausländischen Betriebsstätten des Organträgers; auch insoweit verbleibt es bei der Besteuerung im Sitzstaat, soweit nicht unmittelbar an die ausländische Betriebsstätte geliefert wird.
1.8 Bei der Lieferung von Gas...