Definition: Zwangsarbeit wird verstanden als unfreiwillige Arbeitsleistung, die von einer Person unter Androhung von Strafe oder sonstiger Unterdrückung verlangt wird. Hierbei ist jedoch die Unfreiwilligkeit häufig schwer zu erkennen, so dass auf äußere Umstände abzustellen ist, wie sie im Rahmen der Risikoindikatoren dargestellt sind.
Risikoindikatoren: Als "red flags" für Zwangsarbeit gilt das Einbehalten von Identitätsdokumenten und die Einschränkung der Bewegungsfreiheit, etwa durch Unterbringung auf dem Werksgelände oder einer sonstigen Unterbringung mit Zu- und Ausgangsbeschränkung sowie Erlaubnisvorbehalte für Wohnort- und Arbeitsplatzwechsel. Ebenso deuten bestimmte Bedingungen im Rahmen der Begründung des Arbeitsverhältnisses auf Zwangsarbeit hin: die Verpflichtung des Beschäftigten auf Übernahme der Vermittlungsgebühr, das Fehlen eines schriftlichen Arbeitsvertrags oder das Vorliegen eines Arbeitsvertrags in einer dem Beschäftigten nicht vertrauten Sprache sowie der Ausschluss oder die weitgehende Einschränkung der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Beschäftigten. Ergänzend sind fehlende Sicherungsmechanismen für gesunde und faire Arbeitsbedingungen als Indikatoren zu sehen, etwa die fehlende Dokumentation von Arbeitszeiten/Überstunden, Urlaubsgewährung und Lohnzahlung. Schließlich ist auf Berichte hinsichtlich exzessiver Arbeitszeiten, Vorenthaltung von Löhnen oder Einschüchterung und Drohungen zu achten.
Präventionsmaßnahmen und Wirksamkeitskontrolle: Es sollte darauf geachtet werden, dass durchgehend schriftliche Arbeitsverträge in einer den Beschäftigten verständlichen Sprache vorliegen. Die Wirksamkeitskontrolle erfolgt hier durch stichprobenartige Einsichtnahme in diese Arbeitsverträge.
Um die Freiwilligkeit der Beschäftigungsaufnahme sicherzustellen, sollten Unternehmen darauf achten, die Vergütung für etwaige Vermittlungsagenten selbst zu übernehmen und den Bewerbern diese Kosten nicht aufzuerlegen. Auch die sonstige Auferlegung von Kosten aus der Risikosphäre des Unternehmens sollte unterbleiben. Hierzu zählt etwa die Anschaffung von (standardisierter) Arbeitskleidung, persönlicher und allgemeiner Schutzausrüstung sowie sonstigen Arbeitsmitteln. Schließlich sollte jegliche Art von Gehaltsabzügen gesetzlich oder durch gerichtliche oder behördliche Anordnung gedeckt sein. Eine Wirksamkeitskontrolle kann über stichprobenartige Einsichtnahme in die Gehaltsdokumentation erfolgen. Um datenschutzrechtlichen Bedenken zu begegnen, kann es angezeigt sein, die personenbezogenen Daten sämtlich unkenntlich zu machen und nur die Beschäftigungskategorie anzuzeigen, so dass die Kontrolle auf die Beschäftigungsgruppen eingeschränkt bleibt, für die das Risiko der Zwangsarbeit priorisiert ist.
Da Dokumentationsstand und tatsächliche Verhältnisse auseinander fallen können, kann es zudem angezeigt sein, zur Wirksamkeitskontrolle Interviews mit zufällig ausgewählten Beschäftigten zu führen. Dabei ist den Beschäftigten der Schutz vor Maßregelung zuzusichern bzw. zusichern zu lassen. Schließlich sind alle Maßnahmen zur Umsetzung des Arbeitsschutzes (s. u. Nr. 5), des Rechts auf Kollektivverhandlungen (Nr. 6) und zur Gewährung angemessenen Lohns (Nr. 8) als grundsätzlich geeignete Maßnahmen gegen Zwangsarbeit und moderne Sklaverei anzusehen.