Prof. Dr. jur. Tobias Huep
Die Verpflichtung zur Lohnabrechnung ist eine Nebenpflicht des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis. Der Anspruch ist gesetzlich in § 108 Abs. 1 Gewerbeordnung (GewO) geregelt. Es handelt sich dabei um einen Auskunftsanspruch des Arbeitnehmers, der diesem die notwendigen Informationen zukommen lässt, damit er die konkrete Berechnung seines Entgeltanspruchs transparent nachprüfen kann.
Daneben besteht gemäß § 82 Abs. 2 Satz 1 BetrVG ein betriebsverfassungsrechtlicher Anspruch des Arbeitnehmers auf Erörterung des Arbeitsentgelts.
Die Lohnabrechnungen sind arbeitgeberseitig gemäß § 41 EStG 6 Jahre aufzubewahren. Die Frist läuft dabei bis zum Ende des 6. Kalenderjahres, das auf die zuletzt eingetragene Lohnzahlung folgt – sie beginnt jeweils mit dem 1.1. des auf die Abrechnung folgenden Jahres.
Fehlerhafte Abrechnung
Die Lohnabrechnung ist rechtlich als eine bloße Wissenserklärung einzuordnen. Insbesondere stellt sie keine Willenserklärung dar, die eigenständig anspruchsbegründend wirkt und sie ist weder als ein die materielle Rechtslage änderndes Schuldanerkenntnis noch als Verzichtserklärung auszulegen. Eine fehlerhafte Lohnabrechnung kann deshalb korrigiert werden.
Die Verpflichtung zur Abrechnung entfällt, wenn sich die Angaben gegenüber der letzten ordnungsgemäßen Abrechnung nicht geändert haben.
1.1 Inhalt
Bei der Lohnabrechnung wird der erzielte Lohn für den entsprechenden Lohnabrechnungszeitraum ermittelt und die Beiträge zur Sozialversicherung und die Lohnsteuer abgeführt. Die mit der Lohnabrechnung ermittelten Werte sind vom Arbeitgeber in den Unterlagen festzuhalten und den Einzugsstellen mitzuteilen. Den genauen Inhalt der Abrechnung legt § 108 Abs. 1 GewO fest. Danach muss die Abrechnung
- in Textform erteilt werden,
- mindestens Angaben über Abrechnungszeitraum und Zusammensetzung des Arbeitsentgelts enthalten.
Bei der Zusammensetzung sind insbesondere Angaben über Art und Höhe der Zuschläge, Zulagen, sonstige Vergütungen, Art und Höhe der Abzüge, Abschlagszahlungen sowie Vorschüsse erforderlich.
Anzugeben und im Einzelnen auszuweisen sind auch nichtperiodische Leistungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld sowie Sachbezüge.
Aus der Abrechnung muss erkennbar sein, wie sich das gezahlte Arbeitsentgelt zusammensetzt. Ausschlaggebend ist dabei, welche Gehaltsbestandteile der Arbeitgeber tatsächlich zugrunde gelegt hat. Diese Gehaltsbestandteile sind korrekt auszuweisen. Gehaltsbestandteile dürfen weder zu einer einzigen Summe zusammengefasst noch darf das Gehalt fiktiv in tatsächlich nicht geleistete Bestandteile aufgespalten werden.
Nachzahlung
Im Fall einer Nachzahlung von Arbeitsentgelt kann ein Arbeitnehmer nach § 108 Abs. 1 Satz 1 GewO nicht die Berichtigung der bereits erteilten Abrechnungen beanspruchen, sondern nur eine eigene Abrechnung über die Nachzahlung.
1.2 Form
Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf eine Abrechnung mindestens in Textform gemäß § 126b BGB (z. B. als E-Mail, sofern sie den Aussteller erkennen lässt), nicht jedoch in Schriftform. Der Anspruch entsteht erst bei tatsächlicher Zahlung, er ist daher auch vorher nicht einklagbar. Der Gegenstandswert für eine eingeklagte Lohnabrechnung ist mit 5 % der Vergütung für den geltend gemachten Abrechnungszeitraum anzusetzen.
Digitale Lohnabrechnung
Die Erteilung der Abrechnung bedeutet, dass diese dem Arbeitnehmer zugehen muss – der Arbeitgeber hat den Zugang zu gewährleisten. "Erteilen" einer Lohnabrechnung ist nicht bereits die bloße Bereitstellung in ein elektronisches Postfach zum Abruf durch ein aktives Tun des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber muss die Lohnabrechnung so auf den Weg in den Machtbereich des Arbeitnehmers bringen, dass dieser unter gewöhnlichen Umständen von der Erklärung Kenntnis nehmen kann. Die in elektronischer Form übermittelte Erklärung geht dem Empfänger nur dann zu, wenn er zuvor ausdrücklich oder konkludent zu erkennen gegeben hat, dass er mit der elektronischen Übermittlung der Lohnabrechnung einverstanden ist. Die bloße Zurverfügungstellung der Lohnabrechnung in elektronischer Form zum Abruf durch den Arbeitnehmer ist keine Erfüllung der Pflicht zur Erteilung einer Lohnabrechnung i. S. d. § 362 Abs. 1 BGB.