Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Vollstreckung. statthafte Klageart gegen eine behördliche Pfändungs- und Überweisungsverfügung. Verwaltungsakt. Anfechtungsklage. Erfüllung
Leitsatz (amtlich)
1. Gegen die Vollstreckung einer Geldforderung durch eine behördliche Pfändungs- und Überweisungsverfügung ist die reine Anfechtungsklage die richtige Klageart.
2. Diese Anfechtungsklage ist unzulässig, wenn der Drittschuldner die gepfändete Forderung tilgt. Denn durch Erfüllung der gepfändeten Forderung erledigt sich die Pfändungs- und Überweisungsverfügung.
Orientierungssatz
Zu den möglichen Wegen der Vollstreckung einer Beitragsforderung.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 12.09.2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt die Aufhebung von Pfändungs- und Überweisungsverfügungen.
Der 1956 geborene, verheiratete Kläger ist Landwirt und - ebenso wie es seine Ehefrau bis März 2005 war (ab diesem Zeitpunkt Aufhebung des ursprünglichen, die Versicherungspflicht feststellenden Bescheides durch Bescheid vom 09.06.2008 wegen rückwirkend mitgeteilter Trennung der Eheleute ab 29.03.2005) - versicherungspflichtig nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG). Wegen rückständiger Beiträge erließ die Beklagte im Hinblick auf Forderungen des Klägers gegen die Milchwerke S. eG die Pfändungs- und Überweisungsverfügungen vom 31.10.2005 über 643,60 € (Beitragsforderung gegenüber dem Kläger für die Zeit von August 2005 bis Oktober 2005 nebst Nebenforderungen), vom 31.03.2006 über 914,10 € (Beitragsforderung gegenüber dem Kläger für die Zeit von November 2005 bis März 2006 nebst Nebenforderungen) und - auf Grund Haftungsbescheid vom 10.05.2005 im Hinblick auf Beitragsforderungen aus der Versicherungspflicht der Ehefrau des Klägers - vom 09.12.2005 über 6482,85 € (Beitragsforderung gegen die Ehefrau für die Zeit von August 2003 bis November 2005 nebst Nebenforderungen) und vom 24.04.2006 über 613,10 € (Beitragsforderung gegen die Ehefrau für die Zeit von Januar bis März 2006 nebst Nebenforderungen). Den Widerspruch, mit dem der Kläger Vollstreckungsschutz beantragt hatte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2006 zurück. Tatsächlich waren sämtliche gepfändeten Forderungen bereits im Mai 2006 erfüllt worden. Zur weiteren Feststellung wird diesbezüglich auf die Aufstellung der Beklagten vom 19.02.2010 und die dieser Aufstellung beigefügten Unterlagen Bezug genommen.
Das gegen die Pfändungs- und Überweisungsverfügungen am 25.08.2006 angerufene Sozialgericht Ulm hat die Klage mit Urteil vom 12.09.2007 und der Begründung abgewiesen, die Verwaltungsakte hätten sich nicht erledigt, weil sie noch problemlos rückgängig gemacht werden könnten. Allerdings stehe dem Kläger kein Pfändungsschutz zu.
Gegen das ihm am 22.10.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.11.2007 Berufung eingelegt. Er beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 12.09.2007 sowie die Pfändungs- und Überweisungsverfügungen vom 09.12.2005, 31.03.2006, 31.10.2005 und 24.04.2006, jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Gegenstand des Rechtsstreits sind ausschließlich die im Tatbestand und im Antrag des Klägers aufgeführten Pfändungs- und Überweisungsverfügungen in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2006, deren Aufhebung der Kläger ausweislich des Schriftsatzes vom 20.02.2008 beantragt.
Zutreffend ist das Sozialgericht im angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass die Sozialgerichte für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit dieser Pfändungs- und Überweisungsverfügungen zuständig sind und dass der Rechtsschutz mit den Möglichkeiten des SGG, hier die durch Anfechtungsklage zu gewähren ist.
Zur Vollstreckung ihrer Beitragsforderung standen der Beklagten zwei Wege zur Verfügung (s. BSG, Urteil vom 15.02.1989, 12 RK 3/88 in SozR 1300 § 44 Nr. 36): Sie konnte entweder gemäß § 66 Abs. 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in entsprechender Anwendung der Zivilprozessordnung (ZPO) vorgehen (d.h. hier beim Amtsgericht einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragen) oder gemäß § 66 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 SGB X nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Landes Baden-Württemberg (LVwVG vom 12.03.1974, Gbl. BW Seite 93), wonach u.a. die §§ 390 ff. der Abgabenordnung anzuwenden sind, verfahren und die einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vergleich...