Entscheidungsstichwort (Thema)
Gastronomische Servicekraft. Beschäftigungsverhältnis. Versicherungspflicht. Weisungen. Vergütung. Persönliche Erbringung der Arbeitsleistung. Gewerbeanmeldung. Versteuerung des Einkommens. Unternehmerrisiko. Eingliederung in den Betrieb. Auftreten am Markt. Kostenentscheidung
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist eine Erwerbstätigkeit im Wesentlichen durch den Einsatz der Arbeitskraft gekennzeichnet und erfordert sie keinen zusätzlichen Einsatz von Kapital, spricht dies für ein Beschäftigungsverhältnis und gegen eine selbstständige Tätigkeit.
2. Gehört im gerichtlichen Verfahren nur ein Teil der Beteiligten zu dem von § 183 SGG begünstigten Personenkreis, so muss das Gericht eine kombinierte Kostenentscheidung treffen (Pauschgebühren und Gerichtskosten).
Normenkette
SGB IV § 7 Abs. 1; SGB III § 24; SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 1; SGB VI § 1 S. 1 Nr. 1; SGB XI § 20; SGG §§ 183-184, 197a
Verfahrensgang
SG Mannheim (Urteil vom 04.06.2007; Aktenzeichen S 1 R 1196/04) |
Tenor
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen Nr. 1 gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 4.6.2007 werden zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen Nr. 1.
Die 1949 geborene Beigeladene Nr. 1 ist gelernte Verkäuferin und hat das Fachabitur absolviert; im Anschluss daran war sie kurze Zeit als Sekretärin und Disponentin tätig (SG-Akte S. 84). Am 16.7.1996 gab sie eine Gewerbeanmeldung für den Vertrieb von Erzgebirgischer Volkskunst, Kunstgewerbe und am 20.7.2001 zusätzlich für gastronomische Tätigkeiten ab (SG-Akte S. 35, 36).
Am 26.2.2002 stellte die Beigeladene Nr. 1 bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status. Sie gab an, seit 1998 übe sie ein “Promotions- und Service Gewerbe” als Kleinunternehmen aus. Die Tätigkeit bestehe in “telefonischen Akquisen und Promotions”, sowie in servicetechnischen Tätigkeiten auf Messen und sonstigen Veranstaltungen. Auftraggeber seien die Klägerin sowie die Firmen P… und Blumenteam-Lotos. Sie erhalte nicht mindestens 5/6 ihrer gesamten Einkünfte von einem ihrer Auftraggeber. Arbeitnehmer beschäftige sie nicht. Mit Ausnahme der Tätigkeit für die Fa… P… arbeite sie nicht am Betriebssitz des Auftraggebers. Regelmäßige Arbeits- und Anwesenheitszeiten müsse sie nicht einhalten. Weisungen hinsichtlich der Ausführung ihrer Tätigkeit würden ihr nicht erteilt. Ohne ihre Zustimmung könne der Auftraggeber ihr Einsatzgebiet nicht verändern. Die Arbeitsleistung müsse sie persönlich erbringen, weshalb sich die Frage nach dem Einsatz von Vertretern oder Hilfskräften nicht stelle. Der Kapitaleinsatz sei naturgemäß gering. Die Preise gestalte sie selbst. Über die Auftragsannahme entscheide sie ebenfalls selbst; nicht akzeptable Aufträge würden abgelehnt.
Auf das (auch an die Klägerin gerichtete) Anhörungsschreiben der Beklagten vom 23.4.2002 (die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwögen) trug die Beigeladene Nr. 1 unter dem 7.5.2002 (Verwaltungsakte S. 10) ergänzend vor, sie habe mit der Klägerin einen Vertrag über eine freie Mitarbeit geschlossen. Bei der Wahl von Arbeitsort und Arbeitszeit sei sie absolut frei. Auch über die Annahme oder Ablehnung von Aufträgen könne sie frei entscheiden. Arbeitsmaterialien, wie etwa Kellnermesser oder Arbeitskleidung, würden nicht gestellt. Erfülle sie einen bestätigten Auftrag nicht, müsse sie mit Schadensersatzansprüchen rechnen. Für etwaige Schäden bei der Ausführung eines Auftrags hafte sie selbst. Feste Vorgaben für die monatlich auszuführenden Aufträge gebe es nicht; in manchen Monaten nehme sie keine Aufträge der Klägerin an. Außerdem sei sie, wie bereits angegeben, auch für andere Auftraggeber als die Klägerin tätig.
Mit an die Klägerin und die Beigeladene Nr. 1 gerichteten Bescheiden vom 7.6.2002 (Verwaltungsakte S. 12, 16) stellte die Beklagte fest, dass die von der Beigeladenen Nr. 1 für die Klägerin ausgeübte Tätigkeit als Servicekraft im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses verrichtet werde. Die Beigeladene Nr. 1 sei in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden. Ihr würden einseitig im Wege des Direktionsrechts eines Arbeitgebers Weisungen hinsichtlich Zeit, Dauer, und Ort der Tätigkeit sowie der Art und Weise ihrer Durchführung erteilt. Die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechenden Merkmale überwögen. Im an die Klägerin gerichteten Bescheid ist ergänzend ausgeführt, die (außer der Beigeladenen Nr. 1) bei ihr als Servicekraft, Koch bzw. Teamleiter beschäftigten Personen unterlägen dem Grunde nach der Sozialversicherungspflicht. Nähere Feststellungen, etwa zum Vorliegen geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse, habe die Einzugsstelle zu treffen.
Am 19.6.2002 bzw. am 1.8.2002 legten die Klägerin und die Beigela...