Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht. EDV-Systemingenieur. Beratung und Unterstützung des Storagemanagements des Kunden. Abgrenzung. abhängige Beschäftigung. selbständige Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Tätigkeit als EDV-Systemingenieur ist nicht nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, sondern auch als freier Mitarbeiter möglich.
2. Fehlen typische Merkmale einer abhängigen Beschäftigung wie zB festes Monatsgehalt, Urlaubsregelungen und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, so bedeutet dies nicht, dass bereits deshalb keine abhängige Beschäftigung mehr vorliegt. Ist die nach dem Vertrag geschuldete Leistung derart unbestimmt, dass sie erst durch weitere Vorgaben oder eine Eingliederung in den (Projekt-)Betrieb konkretisiert wird, ist dies ein gewichtiges Indiz für eine abhängige Beschäftigung.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28.04.2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigel zu 1) bis 4).
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 01.10.2008 bis 30.04.2009 bei der Klägerin sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.
Der am … 1963 geborene Beigeladene zu 1) ist gelernter Diplomingenieur (FH) für Feinwerktechnik mit der Fachrichtung “Allgemeine Feinwerktechnik„. Seit dem 01.07.1994 arbeitet er als EDV-Systemingenieur und bietet EDV-Ingenieurleistungen sowie Projektplanungen und -durchführungen an. Hierbei hat er sich auf Storage-Area-Network (SAN) bzw Speichernetzwerke spezialisiert. In der Zeit von 1991 bis September 2008 wurde er von unterschiedlichen Unternehmen als Entwickler, Systemingenieur, Senior Consultant, Trainer, Projektkoordinator, Solution Architekt sowie als Coach beauftragt (ua für folgende Unternehmen: C./C.-Center D. C. GmbH, E. P., E., D. D., Dr P., A. B., I. GmbH, C. AG, P. AG, E., S. F., M. und Q.). Im Zeitraum von Mai 2009 bis Oktober 2011 zählten zu seinen Kunden die Firmen A., M. Re und die Anwaltskanzlei F. B. D. L..
Die Klägerin, die 1989 als AG gegründet wurde, ist ein international ausgerichtetes Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen und zählt nach ihren eigenen Angaben zu den zehn führenden mittelständischen Informations- und Kommunikationsdienstleistern in Deutschland. Sie bietet IT-Services und Lösungen an. Zur Zeit beschäftigt sie (im Rahmen ihrer Gruppe) ca. 455 fest angestellte und ca. 300 freie Mitarbeiter (vgl www.s...de/ueber-uns/unternehmen.html, recherchiert am 02.02.2012).
Der Beigeladene zu 1) war in der Zeit vom 01.10.2008 bis 30.04.2009 als EDV-Systemingenieur für die Klägerin tätig. Diese führte bei der P. Produktions GmbH (Endkundin) ein Projekt sowohl mit bei ihr fest angestellten als auch freien Mitarbeitern durch. Der Beigeladene zu 1) war im Rahmen dieses Projekts für die Klägerin bei der Endkundin tätig. Die Tätigkeit umfasste die Beratung und Unterstützung des Storagemanagements sowie IT-Consultingleistungen für Konzeption und Betrieb von Massenspeichersystemen bei der Endkundin. Werkziele waren die Einrichtung eines SAN-Reportings, die Migration einer Transcoding-Serverfarm sowie ab Februar 2009 die Planung und Durchführung der Migration von bestehenden Storage-Systemen auf Neustorage-Systeme. Der Beigel zu 1) schloss deshalb als “Auftragnehmer„ mit der Klägerin als “Auftraggeberin„ eine Vereinbarung, wonach der Beigeladene zu 1) mit einem geplanten Leistungszeitraum vom 01.10. bis 31.12.2008 und einem geplanten Leistungsumfang von 520 Stunden zu einem Stundensatz von 80,00 € pro Stunde (Gesamtvolumen 41.600,00 €) bei der Endkundin für die Klägerin tätig werde. Der als “Beauftragung„ überschriebene Vertrag lautet auszugsweise wie folgt (Bl 24 bis 27 der Verwaltungsakte):
“Leistungsbeschreibung: Beratung und Unterstützung im Storagemanagement des Kunden.
Vertragsbedingungen:
1. “Gegenstand des Vertrages (der Beauftragung)/Leistungsumfang
a. Der Auftraggeber beauftragt den Auftragnehmer, die unter dem Kapitel ’Leistungsbeschreibung‚ näher beschriebenen Beratungs- und Dienstleistungen zu erbringen. Der angegebene Leistungszeitraum und -umfang sind nicht zwingend. Der Auftragnehmer hat keinen Anspruch auf die maximale Vergütung. Der Auftraggeber ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, den geplanten Leistungsumfang voll auszuschöpfen.
b. (…)
a. Der Auftragnehmer wird für den Auftraggeber als freier Mitarbeiter tätig. Ein Anstellungsverhältnis wird nicht begründet.
b. (…)
c. Der Auftragnehmer ist frei darin, auch für andere Auftraggeber tätig zu sein. Der Auftragnehmer erfüllt seine Aufgaben eigenverantwortlich.
d. Sollte der Auftragnehmer an der Auftragserfüllung gehindert sein, verpflichtet er sich, den Auftraggeber rechtzeitig darüber zu informieren. Der Auftragnehmer kann sich bei der...