Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. Bezugszeitraum. gleichzeitiger Bezug von Elterngeld durch die Berechtigten. doppelter Anspruchsverbrauch. Einkommensanrechnung bei Ausübung einer Erwerbstätigkeit in Teilzeit. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Da Elterngeld in Monatsbeträgen für Lebensmonate des Kindes gezahlt wird und die Eltern insgesamt Anspruch auf 12 bzw 14 Monatsbeträge haben, werden bei gleichzeitigem Bezug von Elterngeld beider Elternteile bezogen auf einen Lebensmonat des Kindes immer zwei Elterngeldmonate verbraucht (sog doppelter Anspruchsverbrauch). Beziehen die Eltern nacheinander für insgesamt 12 oder 14 Monate Elterngeld, wird das Einkommen des Berechtigten auch dann angerechnet, wenn der andere Elternteil während dieser Zeit ebenfalls seine Arbeitszeit und damit sein Einkommen um die Hälfte reduziert hat. Diese sich aus dem geltenden Recht ergebenden Konsequenzen sind nicht verfassungswidrig. (Die Revision wurde vom Senat zugelassen).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung von Elterngeld auch für den 9. bis 12. Lebensmonat des am 2007 geborenen Kindes der Klägerin, hilfsweise die Gewährung höheren Elterngeldes ohne Anrechnung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit.
Die Klägerin und ihr Ehemann sind als Beamte bei Gemeindeverwaltungen in Vollzeit versicherungspflichtig beschäftigt. Daneben bezieht der Ehemann noch Einkünfte aus einer selbstständigen Tätigkeit. Der Bruttoverdienst der Klägerin belief sich von März 2006 bis Februar 2007 auf 39.805,24 €, der des Ehemanns auf 40.085,64 €. Die Klägerin und ihr Ehemann reduzierten im Einvernehmen mit den Arbeitgebern nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes M. A. am 29. März 2007 für das erste Lebensjahr des Kindes die Arbeitszeit gleichzeitig auf jeweils die Hälfte, nämlich auf 21 Wochenstunden bei der Klägerin und 20,5 Wochenstunden beim Ehemann. Bis 24. Mai 2007 wurden der Klägerin weiterhin Dienstbezüge bezahlt.
Am 7. Mai 2007 beantragten die Eltern gemeinsam Elterngeld, jeweils für den 3. bis 14. Lebensmonat des Kindes. Mit Schreiben vom 27. Juni 2007 teilte die Beklagte mit, dass die Angaben zur Entscheidung über den Anspruch auf Elterngeld noch nicht ausreichend seien. Ua müsse die Festlegung des Bezugszeitraumes überprüft werden, da nicht gleichzeitig von beiden Elternteilen für den 3. bis 14. Lebensmonat Elterngeld gezahlt werden könne. Der Antrag sei an den gekennzeichneten Stellen zu vervollständigen und zu unterschreiben. Hierzu sandte die Beklagte das eingereichte Antragsformular zurück, bei dem Punkt 3 (zur Festlegung des Bezugszeitraums) markiert und mit einem Fragezeichen und einer erneuten Unterschriftsmöglichkeit versehen war. Daraufhin änderten die Eltern den ursprünglichen Antrag ab und beantragten am 4. Juli 2007, der Klägerin vom 3. bis 8. Lebensmonat und dem Ehemann der Klägerin vom 9. bis 14. Lebensmonat des Kindes Elterngeld zu gewähren. Mit zwei Bescheiden vom 24. August 2007 entsprach die Beklagte diesem Antrag und gewährte der Klägerin vorläufig Elterngeld in Höhe von monatlich 687,47 € für den Zeitraum vom 29. Mai 2007 bis 28. November 2007. Vom 29. November 2007 bis 28. Mai 2008 wurde dem Ehemann der Klägerin vorläufig Elterngeld in Höhe von monatlich 751,87 € bewilligt.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machten die Eltern geltend, mit der Höhe bzw dem Bezugszeitraum des Elterngeldes nicht einverstanden zu sein. Sie würden nur die Hälfte der Summe erhalten, die Eltern bewilligt würde, die nacheinander für jeweils sechs Monate Elterngeld unter vollständiger Aufgabe der Erwerbstätigkeit beziehen würden. Dies stelle einen gravierenden Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz dar.
Nachdem die Klägerin ihr Einkommen im Zeitraum vom 1. Juni 2007 bis 28. November 2007 nachgewiesen hatte (vom 1. Juni 2007 bis 31. Oktober 2007 monatlich brutto 1.741,71 € abzüglich Steuern und Solidaritätszuschlag in Höhe von 221,37 €; vom 1. November bis 28. November 2007 in Höhe von 1.625,60 € abzüglich Steuern und Solidaritätszuschlag in Höhe von 206,61 €), hob die Beklagte gegenüber der Klägerin mit Bescheid vom 28. März 2008 den Vorbehalt der Bewilligung auf. Eine Änderung ergab sich nicht.
Die Widersprüche wies die Beklagte mit zwei gleichlautenden Widerspruchsbescheiden vom 23. April 2008 zurück. Das Gesetz habe die Möglichkeiten der Inanspruchnahme des Elterngeldes und die Aufteilung der Zeiträume unter den Eltern eindeutig gesetzlich geregelt. Würden beide Elternteile Elterngeld für mehr als die Hälfte der Monate beanspruchen, stünde ihnen jeweils die Hälfte der Monatsbeträge zu.
Mit den am 23. Mai 2008 dagegen erhobenen Klagen vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG, Az der Klage des Ehemanns S 11 EG 2281/08) haben die Eltern geltend ...