Entscheidungsstichwort (Thema)

Versicherungspflichtige Beschäftigung bei einem gemeinnützigen Unternehmen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch eine gemeinnützige Gesellschaft kann einerseits Arbeitnehmer beschäftigen und andererseits Aufträge an selbstständige Unternehmen erteilen. Der Stundenlohn von 18,00 € liegt nicht derart eklatant unter oder über marktüblichen Preisen, dass diesbezüglich eine Verbindung zur Gemeinnützigkeit vorzunehmen wäre.

2. Zur Tätigkeit als Gesamtkoordinatorin für den Spielbetrieb eines Jazz Clubs als versicherungspflichtige abhängige Beschäftigung.

 

Normenkette

SGB IV § 7 Abs. 1 Sätze 1-2, § 7a Abs. 1 Sätze 1, 3, Abs. 2, 4, § 8 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 1 Fassung: 2012-12-05; SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 1; SGB VI § 1 S. 1 Nr. 1; SGB XI § 20 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nr. 1; SGB III § 25 Abs. 1 S. 1, § 27 Abs. 2, 3 Nr. 1; SGG § 54 Abs. 1 S. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1, §§ 56, 95, 123, 144 Abs. 1 S. 1, § 197a Abs. 1 S. 1; VwGO § 154 Abs. 2-3; GKG § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 63 Abs. 2 S. 1

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 27. Juli 2020 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beigeladene zu 3 in der Zeit vom 1. Mai 2018 bis 31. Dezember 2019 in ihrer Tätigkeit als Gesamtkoordinatorin für den Spielbetrieb des durch die Klägerin betriebenen Jazz Clubs sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.

Die Klägerin ist eine gemeinnützige GmbH, die sich der Förderung des Jazz widmet. Zu diesem Zweck führt sie den Jazz Club L1 in M1, der im September 2018 eröffnet wurde.

Die Beigeladene zu 3 war bereits während des Aufbaus und der Entwicklung des Jazzclubs ab April 2018 für die Klägerin tätig. Sie stellte erstmals mit Rechnung vom 1. Mai 2018 37 Stunden musikalisch-technischer Assistenz à 15,00 € in Rechnung. Ab Juli stellte sie der Klägerin, ebenfalls stundenweise abgerechnet, durchgeführtes Konzertmanagement zu einem Stundenlohn von zunächst ebenfalls 15,00 € und ab Juli 2018 zu einem Stundenlohn von 18,00 € in Rechnung. Wegen der Rechnungen im Einzelnen wird auf Bl. 20 ff. der Verwaltungsakten (VA) Bezug genommen. Nachdem die Beigeladene zu 3 zunächst auf Grundlage mündlicher Absprachen für die Klägerin tätig war, schlossen die Klägerin und die Beigelade unter dem 5. Oktober 2018 einen Vertrag über „freie Mitarbeit“. Am 16. Dezember 2019 schlossen die Klägerin und die Beigeladene zu 3 einen Arbeitsvertrag (Bl. 81 ff. der Senatsakten); die Beigeladene zu 3 wurde als „Teamleiter Office und Assistenz der Geschäftsleitung“ ab dem 1. Januar 2020 eingestellt.

Der Vertrag über die freie Mitarbeit vom 5. Oktober 2018 enthielt folgende Vereinbarungen (Bl. 7 f. VA):

㤠1 Vertragsgegenstand/Leistungen

Der Auftraggeber erteilt der freien Mitarbeiterin mit Wirkung ab 01.06.2018 folgenden Auftrag: Gesamtkoordination Spielbetrieb L1.

Die freie Mitarbeiterin haftet für alle Schäden, die er oder seine Erfüllungsgehilfen schuldhaft dem Auftraggeber, dessen Kunden oder Dritten zufügen. Wird der Auftraggeber für diese Schäden in Anspruch genommen, so hat die freie Mitarbeiterin den Auftraggeber hiervon freizustellen.

Der Auftrag beinhaltet folgende Einzelleistungen:

- Assistenz des künstlerischen Leiters

- Gesamtkoordination des konzertanten Spielbetriebes

- Kommunikation und Koordination mit den Künstlern

- Kommunikation und Koordination mit m:con/Rosengarten

- Abwicklung Ticketing.

§ 2 Weisungsfreiheit/Auftragserfüllung/Status

Die Parteien sind sich darüber einig, dass durch diese Vereinbarung zwischen ihnen kein Arbeitsverhältnis entstehen soll. Insbesondere unterliegt die freie Mitarbeiterin bei der Durchführung der übertragenen Tätigkeiten keinen Weisungen des Auftraggebers. Die freie Mitarbeiterin verpflichtet sich jedoch den Auftraggeber rechtzeitig in Kenntnis zu setzen, falls sie an der Auftragserfüllung verhindert ist. Die freie Mitarbeiterin hat die Leistungen nicht in Person zu erbringen; sie kann sich zur Erfüllung des Auftrages auch anderer Personen bedienen. Für die ordnungsgemäße Erfüllung der vertraglichen Leistungen bleibt sie dem Auftraggeber gegenüber verantwortlich. Für die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Belange hat die freie Mitarbeiterin selbst Sorge zu tragen. Gleiches gilt für eine etwa erforderliche Gewerbeanmeldung. Dies ist in der vertraglichen Vergütung einkalkuliert.

§ 3 Arbeitsaufwand/Betriebliche Anwesenheit

Der erforderliche Zeitaufwand der freien Mitarbeiterin richtet sich jeweils nach Art und Umfang der ihr übertragenen Aufgaben. Im Übrigen unterliegt die freie Mitarbeiterin in der Ausgestaltung ihrer Arbeitszeit sowie der Wahl des Arbeitsortes bei gegebener Gewährleistung der Erfüllung ihrer Aufgaben keinen Einschränkungen.

§ 4 Vergütung

Als Vergütung vereinbaren die Parteien ein Stundensatz in Höh...

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