Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung der Studenten. Altersgrenze. Hinderungszeit. Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung über den Zweiten Bildungsweg. sechsjährige Berufstätigkeit. Kausalität der Hinderungszeit für Überschreiten der Altersgrenze (verneint
Leitsatz (redaktionell)
Eine Verlängerung der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V ist nur dann gerechtfertigt, wenn der anerkannte Hinderungsgrund im Einzelfall für die Überschreitung der Altersgrenze ursächlich war. Hiervon ist nicht auszugehen, wenn in zeitlicher Hinsicht die Nichthinderungsgründe (hier: Berufstätigkeit) den als Hinderungszeit anzuerkennenden Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung über den Zweiten Bildungsweg überwiegen.
Orientierungssatz
1. Die Ausnahmeregelung in § 5 Abs. 1 Nr. 9 zweiter Halbsatz SGB V ist eng auszulegen.
2. Ein ausnahmsweises Hinausschieben der Altersgrenze von 30 Jahren in der Krankenversicherung der Studenten ist bei Absolventen des Zweiten Bildungswegs nicht gerechtfertigt, wenn neben einer anzuerkennenden Hinderungszeit für den Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung eine langjährige Berufstätigkeit zur Überschreitung der Altersgrenze führt. Ein schematisches Hinausschieben der Altersgrenze bei Vorliegen von Hinderungszeiten ohne Berücksichtigung der Kausalität verbietet sich.
Normenkette
SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 9 2. HS
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 2. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Mitgliedschaft der Klägerin als Pflichtversicherte in der Krankenversicherung der Studenten (KVdS) über den 31. März 2006 hinaus.
Die 1976 geborene Klägerin ist seit dem 1. September 1992 bei der Beklagten krankenversichert. Im Sommer 1992 erwarb sie ihren Realschulabschluss und absolvierte von September 1992 bis Juni 1995 eine Ausbildung zur Bankkauffrau, die sie erfolgreich abschloss. Von Juli 1995 bis Juni 2001 war sie als Bankkauffrau beschäftigt. Von August 2001 bis Juli 2003 besuchte sie das F. Kolleg, wo sie die Hochschulzugangsberechtigung erwarb. Von Juli 2003 bis September 2004 war die Klägerin arbeitslos; in dieser Zeit verfolgte sie die Absicht, einen Studienplatz für das Studium der Stadt- und Regionalplanung an der T U C zu erhalten, einem zulassungsbeschränkten Studiengang. Am 1. Oktober 2004 nahm sie dieses Studium auf.
Mit Bescheid vom 25. Januar 2006 teilte ihr die Beklagte mit, dass die bisherige Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Studenten durch Erreichen des 30. Lebensjahres ende und die bisherige Krankenversicherung nur bis zum 31. März 2006, dem Ende des Wintersemesters 2005/2006, fortbestehen könne. Die bisherige Versicherung könne als freiwillige Versicherung weitergeführt werden. In einem erläuternden Schreiben vom 2. Februar 2006 führte die Beklagte weiter aus, die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Krankenversicherung der Studenten über das 30. Lebensjahr hinaus seien nicht erfüllt. Die Summe der Zeiten, in denen die Klägerin an der Aufnahme des Studiums gehindert gewesen sei, überwiege nicht gegenüber der Summe der Zeiten der so genannten Nichthinderung.
Mit ihrem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, ihre sechsjährige Berufstätigkeit dürfe ihr bei einer Entscheidung über die Verlängerung der Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Studenten nicht zur Last gelegt werden. Einen Hinderungsgrund stelle ihr zweijähriger Besuch einer Ausbildungsstätte des zweiten Bildungsweges zum Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung dar. Sie habe deshalb mindestens Anspruch auf zwei weitere Jahre Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Studenten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2006 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Zwar sehe § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V vor, dass Studenten auch nach Vollendung des 30. Lebensjahres versicherungspflichtig seien, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe (“Hinderungsgründe„) die Überschreitung der Altersgrenze rechtfertigten. Allerdings ziehe nicht jeder Hinderungsgrund eine Verlängerung der Versicherungspflicht nach sich. Die Begünstigung in Gestalt der beitragsgünstigen studentischen Krankenversicherung sei nur für einen begrenzten Zeitraum zulässig. Die eine Verlängerung der Versicherungspflicht rechtfertigenden Gründe seien daher eng auszulegen. Hinderungsgründe rechtfertigten die Fortsetzung der Krankenversicherung der Studenten nur dann, wenn sie für die Überschreitung der Altersgrenze ursächlich gewesen seien. Außerdem müsse in der Zeit zwischen dem Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung und dem Beginn des Studiums ein deutlich längerer Zeitraum der Hinderung vorliegen als der Zeitraum, in dem keine Hinderung bestanden habe. Im Falle der Klägerin komme als Hinderungszeit nur die Zeit der Ausbildung im F. Kolleg und die Wartezeit bis...