Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherung. zuständige Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag und Entscheidung über Versicherungspflicht und Beitragshöhe ist die zuletzt die Krankenversicherung durchführende Krankenkasse. Interessenwahrung. nicht zuständige Krankenkasse. Fremdversicherungsträger. Verwaltungsverfahren. Beteiligter. sozialgerichtliches Verfahren. Beiladung
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Wechsel der Krankenkasse bei unverändert bestehendem Beschäftigungsverhältnis hat zur Folge, dass die Zuständigkeit für die nach § 28h SGB 4 zu prüfenden Fragen hinsichtlich des gesamten, jeweils in Streit stehenden Beschäftigungsverhältnisses auf die Krankenkasse übergeht, die zuletzt im Zeitpunkt der Anfrage von Arbeitgeber oder Arbeitnehmer die Krankenversicherung durchführt. Ausschließlich diese Krankenkasse ist Einzugsstelle im Sinne des § 28i S 1 SGB 4.
2. Andere Krankenkassen sind auch für den jeweiligen Zeitabschnitt, in dem sie während eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses die Krankenversicherung durchgeführt haben und als Einzugsstelle tätig waren, sachlich für Entscheidungen, die der Einzugsstelle nach § 28h SGB 4 zugewiesen sind, nicht zuständig. Ihre Interessen ebenso wie die Interessen der Fremdversicherungsträger werden in dem von der Einzugsstelle durchzuführenden Verwaltungsverfahren durch eine Hinzuziehung nach § 12 Abs 2 S 1 SGB 10 und im gerichtlichen Verfahren durch eine Beiladung nach § 75 Abs 2 SGG gewahrt.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Oktober 2006 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 11. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2005 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin und des Beigeladenen zu 3). Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin ist (jedenfalls) seit dem 1. September 1986 durchgehend und zu im Wesentlichen unveränderten Konditionen als Arztsekretärin/Arzthelferin für ihren Ehemann (im Folgenden Beigeladener zu 3), einen seit 1977 in Einzelpraxis niedergelassenen Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde, tätig. Sie war aufgrund dieser Beschäftigung vom 1. September 1986 bis zum 31. Dezember 1999 bei der Beklagten und seit dem 1. Januar 2000 bis zum 31. August 2004 bei der BKK Hochrhein-Wiesental (Beigeladene zu 4) als versicherungspflichtiges Mitglied krankenversichert und (seit der Einführung der sozialen Pflegeversicherung zum 1. Januar 1995) bei der jeweiligen Pflegekasse pflegeversichert. Daneben hat der Beigeladene zu 3) für sie Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten und zur Arbeitslosenversicherung an die Beklagte und seit dem 1. Januar 2000 an die Beigeladene zu 4) als Einzugsstelle gezahlt.
Mit Schreiben vom 21. Mai 2004 beantragte die Klägerin bei der Beigeladenen zu 4) die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des seit dem 1. September 1986 bestehenden Arbeitsverhältnisses. Es handele sich um eine Mitarbeit als Ehegattin. Sie sei nicht an Zeit, Ort und Art der weisungsfreien Tätigkeit gebunden und habe aus betrieblichen Erfordernissen bereits mehrfach auf die Auszahlung des 13. Gehalts verzichtet. Mit Bescheid vom 23. August 2004 stellte die Beigeladenen zu 4) fest, dass die Klägerin seit dem 1. Januar 2000 grundsätzlich nicht der Sozialversicherungspflicht unterfalle. Hierbei gehe es um die Beschäftigung in der Arztpraxis bei dem Beigeladenen zu 3). Für die Renten- und Arbeitslosenversicherung sei sie rückwirkend ab dem 1. Januar 2000 versicherungsfrei. Die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung werde zum 31. August 2004 beendet. Dieser Bescheid ist bestandskräftig.
Mit Antrag vom 30. September 2004 bat die Klägerin unter Vorlage dieses Bescheides bei der Beklagten um Überprüfung bzw. Zustimmung der sozialversicherungsrechtlichen Überprüfung im Zeitraum vom 1. September 1986 bis zum 31. Dezember 1999. Ergänzend teilten sie und der Beigeladene zu 3) im Laufe des Verwaltungsverfahren mit: Sie seien sicher, zum 1. September 1986 einen Arbeitsvertrag aufgesetzt zu haben, den sie heute im Original nicht mehr vorlegen könnten. Dies sei der Zeitpunkt gewesen, zu dem die Klägerin von einem pauschalen, nicht sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis in ein reguläres Arbeitsverhältnis mit vermeintlicher Versicherungspflicht übernommen worden sei. Diesem Originalvertrag entspreche der nachträglich unter dem 1. September 1986 datierte Anstellungsvertrag für kaufmännische Angestellte, wonach die Klägerin ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 2900 DM erhalte. Dies entspreche dem tariflichen bzw. ortsüblichen Gehalt. Sie arbeite an 5 Tagen in der Woche 50 Stunden wöchentlich mit freier Einteilung der Arbeitszeit nach ihrem Belieben. Sie sei in den Betrieb eingegliedert, aber an Weisungen des Beigeladenen zu 3) ni...