Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 256a Abs 3a SGB 6
Orientierungssatz
1. Die Regelung des § 256a Abs 3a SGB 6, wonach bei der Berechnung der Entgeltpunkte für Zeiten vor dem 1.7.1990, in denen Versicherte ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet hatten und Beiträge zu einem System der gesetzlichen Rentenversicherung des Beitrittsgebiets gezahlt worden sind, die Werte der Anl 1 bis 16 FRG als Verdienst zu berücksichtigen sind, verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.
2. Mit diesem Verweis des § 256a Abs 3a SGB 6 auf die Anl 1 bis 16 FRG, die unterschiedliche Verdienste für männliche und weibliche Beschäftigte vorgeben, ist auch kein Verstoß gegen Art 3 Abs 2 und Abs 3 GG ersichtlich.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 08. Juni 2010 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der der Klägerin gewährten Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Die 1948 geborene Klägerin ist seit dem 10. April 2008 als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Sie war vom 10. August 1964 (Beginn der Ausbildung) bis zum 30. Juni 1990 bei der Deutschen Reichsbahn (DR) in Berlin beschäftigt und entrichtete Beiträge zur Sozialversicherung der DDR, hatte aber ihren Wohnsitz in Berlin (West). Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) entrichtete sie nicht.
Auf ihren im November 2008 gestellten Rentenantrag bewilligte die Beklagte ihr mit Bescheid vom 17. Dezember 2008 Altersrente für schwerbehinderte Menschen für die Zeit ab 01. Januar 2009 auf der Grundlage von 29,8674 persönlichen Entgeltpunkten (EP) sowie 19,4583 EP (Ost). Dabei legte sie den Pflichtbeitragszeiten vom 01. April 1966 bis zum 31. August 1966 und vom 04. August 1969 bis zum 31. Dezember 1969 die Werte der Leistungsgruppe 4 der Anlage 11 zum Fremdrentengesetz (FRG), den anschließenden Zeiten die Werte der Leistungsgruppe 3 derselben Anlage zugrunde.
Mit ihrem Widerspruch wandte sich die Klägerin gegen die fehlende Berücksichtigung der Krankheitszeiten Februar 1985 und November 1989 mit 80 v. H. des Gesamtleistungswertes. § 74 Satz 4 Nr. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) finde keine Anwendung, da sie nicht die Möglichkeit einer Beitragsentrichtung gehabt habe. Die Bewertung der Beschäftigungszeiten von August 1964 bis Juni 1990 mit den pauschalen Tabellenentgelten der Anlagen zum FRG verstoße gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG). Bei einem Rentenbeginn im Jahr 2008 sei es nicht mehr gerechtfertigt, unterschiedliche Tabellenwerte für Männer und Frau anzusetzen.
Durch Widerspruchsbescheid vom 07. Mai 2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Vorschrift des § 74 SGB VI sei durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz vom 21. Juli 2004 mit Wirkung vom 01. Januar 2005 neu gefasst worden und begrenze die nach der Gesamtleistungsbewertung ermittelten Werte für bestimmte beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten. Danach würden Krankheitszeiten nach dem 31. Dezember 1983, für die keine Beiträge gezahlt worden seien, nicht bewertet. Somit könnten gemäß § 74 Satz 4 Nr. 2 SGB VI für die als Anrechnungszeiten wegen Krankheit nach § 58 Abs. 1 Satz 1a SGB VI anerkannten Zeiten ohne Beitragszahlung vom 01. Februar 1985 bis zum 28. Februar 1985 sowie vom 01. November 1989 bis zum 30. November 1989 keine EP ermittelt werden. Diese Zeiten seien auch nicht nach der Übergangsvorschrift des § 263 SGB VI zu bewerten. Bei einem Rentenbeginn nach dem 01. Januar 2001 seien keine Übergangswerte für den begrenzten Gesamtleistungswert zu berücksichtigen. Die Berechnung der Zeit von August 1964 bis zum 30. Juni 1990 sei auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen des SGB VI erfolgt. § 256a Abs. 3a SGB VI gelte vornehmlich für ehemalige Beschäftigte der DR mit Wohnsitz in Berlin (West). Diese hätten in der ehemaligen DDR ein Arbeitsentgelt in DM erhalten, das netto dem Arbeitsentgelt von vergleichbaren Beschäftigten bei der Deutschen Bundesbahn im alten Bundesgebiet entsprochen habe, wegen der niedrigeren Steuern und Sozialversicherungsbeiträge der DDR jedoch brutto um circa 20% niedriger gewesen sei als die Arbeitsentgelte vergleichbarer Beschäftigter im Bundesgebiet. Die Beiträge aus dem Arbeitsentgelt seien an die Sozialversicherung der DDR gezahlt worden, die Versicherten hätten jedoch von dort keine Leistungen aus diesen Beiträgen erhalten. Aufgrund Artikel 23 des § 5 Gesetz zum Ersten Staatsvertrag (BGBl. II 1990, 518) seien die EP für diese Zeiten bei Rentenbeginn bis zum 31. Dezember 1995 nach den Tabellen des FRG zu ermitteln. Die bisherige Regelung in Artikel 23 § 5 Gesetz zum Ersten Staatsvertrag sei als Übergangsregelung zugunsten von Personen ausgestaltet gewesen, die am 18. Mai 1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt und von einem DDR-Unternehmen Entgelt in DM erhalte...