Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz gem § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst c SGB 7. Verfolgung eines Straftäters im Ausland. widerrechtlicher Angriff. erkennbar objektivierter Wille: Eigeninteresse oder Allgemeininteresse. gespaltene Handlungstendenz. Beendigung der versicherten Auslands-Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Verfolgt der Bestohlene selbst den Dieb, sind die Voraussetzungen des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst c SGB VII in der Regel nicht erfüllt, weil eine Handlung im Eigeninteresse und nicht im Allgemeininteresse vorliegen dürfte.
Orientierungssatz
Zum grundsätzlichen Versicherungsschutz gem § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst c SGB 7 im Ausland, wenn im Unfallzeitpunkt die versicherte Auslandstätigkeit bereits beendet war.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. März 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Anerkennung eines im Zusammenhang mit einem Überfall erlittenen Unfalls als Arbeitsunfall.
Der 1975 geborene Kläger ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Berlin-Brandenburger C an der C in B tätig. In der Zeit vom 8. bis 11. Juli 2009 nahm er an einem Kongress der “International Society for Stem Cell Research„ in B teil. Die folgenden Tage bis zu dem für den 14. Juli 2009 gebuchten Rückflug verbrachte er mit seiner Lebensgefährtin, der Zeugin B, noch in der Stadt.
In seiner Unfallanzeige vom 12. August 2009 teilte er der Beklagten folgenden Sachverhalt mit: Am 14. Juli 2009 um 00.30 Uhr seien er und die in seiner Begleitung befindliche Frau B in B an einer Kreuzung unweit ihres Hotels von zwei ihnen unbekannten männlichen Personen angesprochen und bedrängt worden. Als man weitergehen wollte, sei einer der Unbekannten hinterhergekommen und habe sie angerempelt und ihnen dabei, ohne dass dies sogleich bemerkt worden sei, das Portemonnaie entwendet und sich sodann schnell entfernt. Sowie er den Verlust wahrgenommen habe, sei er dem Täter nachgerannt, um ihn zu stellen. Ehe er ihn habe erreichen können, sei ihm die zweite männliche Person in die Beine gesprungen und habe ihn zu Fall gebracht. Bei dem Sturz habe er einen komplizierten Bruch des linken Armes im Bereich des Ellenbogens erlitten. Die Suche der herbeigerufenen Polizei nach den beiden Personen sei erfolglos geblieben. Seine Strafanzeige sei von der Polizei im Flughafen aufgezeichnet worden; diese wurde beigefügt.
Der Kläger wurde in der Zeit vom 14. bis 30. Juli 2009 in der C aufgrund der Diagnosen supradiakondyläre Humerustrümmmer-Fraktur mit horizontalen, vertikalen und saggitalen Gelenkfrakturen links und Weichteilschaden zweiten Grades stationär behandelt.
Die Beklagte befragte die Zeugin B schriftlich zum Unfall, die die Angaben des Klägers bestätigte. Ferner wurde eine Übersetzung des polizeilichen Protokolls der Flughafenpolizei aus B veranlasst. Hier ist u. a. wiedergegeben, dass sich dem Kläger zwei Männer genähert und Worte an ihn gerichtet gehabt hätten sowie weiter:
“…
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Er verstand nicht, was sie sagten, aber sie begannen ihn zu stoßen. |
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Mit Gewalt stellten sie ihm ein Bein und stießen ihn mit einem Schlag zu Boden. |
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Er versuchte sich zu wehren, und sie traten gegen seinen Kopf. |
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Während er am Boden lag, entwendete einer von ihnen seine Brieftasche. |
In dieser Brieftasche waren folgende Gegenstände: …
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Die Männer nahmen die Brieftasche und liefen weg. |
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Er gibt an, dass er versuchte, ihnen zu folgen, dass er aber große Schmerzen am Arm hatte. |
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Vor Ort ließ er einen Krankenwagen und einen Beamten der Guardia Urbana … kommen„. |
Mit Bescheid vom 7. Oktober 2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab. Zur Begründung führte sie aus, dass nach den Aussagen des polizeilichen Protokolls der Kläger während des Überfalls zu Boden gestoßen worden sei und sich hierbei verletzt gehabt habe.
Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch, mit dem er ausführte, dass die Darstellung im Bericht der Flughafenpolizei in wesentlichen Teilen falsch sei. Er habe die hierin befindlichen Angaben u. a. zum Zeitpunkt der Straftat, zur Situation, in der er den Bruch am Ellenbogen erlitten habe, zu Tritten gegen den Kopf usw. tatsächlich nicht gemacht. Die Beamtin in der Polizeidienststelle des Flughafens B, die die Anzeige aufgenommen gehabt habe, habe nur sehr unbeholfen Englisch gesprochen. Es habe mehrfach Rück- und Verständnisfragen gegeben, die er so verständlich und so deutlich wie möglich zu beantworten versucht habe. Als schließlich keine Fragen mehr gekommen seien, habe er davon ausgehen müssen, richtig verstanden worden zu sein. Der Polizeibericht sei dann in Katalanisch geschrieben worden, eine Sprache, die er nicht verstehe. Eine Übersetzung ins Englische sei vor Ort nicht zu erlangen gewesen. So habe er den Bericht im Vertrauen darauf unterschrieben, dass seine Ausführungen zutreffend wiedergegeben worden s...