Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Pflegeversicherung. Beitragspflicht. nachträglicher Einbehalt von rückständigen Beiträgen aus Versorgungsbezügen. keine analoge Anwendung von § 28g S 3 SGB 4. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
§ 28g S 3 SGB 4 ist im Rahmen von § 255, § 256 SGB 5 nicht analog anzuwenden. Dies verletzt den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) nicht.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. Januar 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen eine von der Beklagten vorgenommene Beitragsabführung in Höhe von insgesamt 5.033, 33 €.
Die im September 1935 geborene Klägerin ist versicherungspflichtiges Mitglied der Beigeladenen und bezieht neben einer Alters- und einer Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (beides zumindest seit Januar 1999) seit dem Tod ihres Ehemannes im Jahre 1984 - zunächst von der M B AG, seit Januar 2000 infolge eines Betriebsübergangs von der Beklagten - eine Hinterbliebenenrente aus der betrieblichen Altersversorgung. Im Laufe des Jahres 2003 teilte die Beigeladene der Klägerin und der Beklagten mit, dass auf diese Versorgungsbezüge bislang keine Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung entrichtet worden seien und dass sie die noch nicht verjährten Beiträge, d.h. seit dem 1. Januar 1999, nunmehr nachfordere. Nachdem die Beigeladene diese rückständigen Beiträge zunächst von der Klägerin eingefordert hatten (Bescheide vom 11. Dezember 2003 und 13. Januar 2004), hob sie diese Bescheide auf den Widerspruch der Klägerin auf und teilte ihr mit, die aus den Versorgungsbezügen zu zahlenden Krankenversicherungsbeiträge habe die Zahlstelle der Versorgungsbezüge abzuführen (Bescheide vom 8. und 14. April 2004). Bereits mit Schreiben vom 09. Januar 2004 hatte die Beklagte der Klägerin mitgeteilt, dass sie rückständige Beiträge mit den laufenden Bezügen der Klägerin verrechnen werde. Von Dezember 2004 bis einschließlich Juni 2005 verrechnete die Beklagte die von ihr im Zeitraum von Dezember 1999 bis März 2002 nicht abgeführten rückständigen Beiträge in Höhe von insgesamt 5.033,33 €.
Mit ihrer am 26. August 2005 erhobenen Klage vertritt die Klägerin die Auffassung, § 28 g Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) sei bei der Auslegung von § 256 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) ergänzend heranzuziehen. Der in § 28 g SGB IV enthaltene Schutzgedanke zugunsten des Beschäftigten müsse auch im Rahmen von § 256 SGB V zur Anwendung kommen, da diese Vorschrift einen entsprechenden Schutz nicht vorsehe und anderenfalls Rentner bei Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen entgegen Artikel 3 Grundgesetz (GG) schlechter gestellt seien als Beschäftigte.
Die Beklagte hat den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit bezweifelt. Auch sei sie nicht die richtige Anspruchsgegnerin, da die Erstattung überzahlter Beiträge nach § 256 Abs. 2 Satz 4 SGB V Aufgabe der zuständigen Krankenkasse sei. Im Übrigen sei der Einbehalt der Beiträge zu Recht erfolgt.
Mit von den Beteiligten nicht angegriffenem Beschluss vom 08. Dezember 2005 hat das Sozialgericht den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für zulässig erklärt und mit Urteil vom 16. Januar 2007 sodann die Klage abgewiesen. Zur Begründung des Urteils hat es ausgeführt, der von der Klägerin erhobene Anspruch scheitere zwar nicht an der Passivlegitimation der Beklagten. Der Anspruch sei jedoch infolge Aufrechnung untergegangen. Dem Anspruch der Beklagten auf Abzug der Beiträge aus § 256 Abs. 2 Satz 1 SGB V i.V.m. § 255 Abs. 2 Satz 1 SGB V habe § 28 g Satz 3 SGB IV nicht entgegengestanden, da diese Regelung weder unmittelbar noch analog - letzteres mangels einer planwidrigen Regelungslücke - anwendbar sei. Auch eine Ungleichbehandlung nach Artikel 3 Abs. 1 GG liege nicht vor.
Gegen dieses ihr am 24. Januar 2007 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 23. Februar 2007, mit der sie im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt. Ergänzend bringt sie vor, dass die Beiträge nicht von der Beklagten hätten eingezogen werden dürfen, da die Beigeladene keinen Beitragsbescheid gegenüber der Klägerin erlassen und kein Verwaltungsverfahren durchgeführt habe. Trotz Kenntnis bzw. Kennenmüssens der Beitragspflicht sei die Beklagte zwei Jahre lang untätig geblieben und habe die ausstehenden Beiträge nicht eingezogen. Es sei unverhältnismäßig, dass Betriebsrentner trotz Verschuldens des Arbeitgebers unter der Armutsgrenze leben müssten. Die Klägerin habe auf eine korrekte Abwicklung durch die Beklagte vertraut und daher keine Vorkehrungen und Maßnahmen getroffen, um den Nachteil, der durch die verspätete Durchsetzung des Rechts entstanden sei, auszugleichen. Sie habe keine Rücklage für eine 4jährige Beitragsnachzahlung gebildet. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 12. ...