Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss einer Sperrzeit bei Selbstkündigung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses und Zusage der Übernahme in ein befristetes Arbeitsverhältnis
Orientierungssatz
1. Eine Sperrzeit tritt u. a. ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch zumindest grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben.
2. Der Arbeitslose hat seine Arbeitslosigkeit durch eine Kündigung immer dann vorsätzlich herbeigeführt, wenn er keine konkrete Aussicht auf einen Anschlussarbeitsplatz hatte.
3. Hat der Arbeitslose die Kündigung im Vertrauen auf ein zuvor geführtes Bewerbungsgespräch ausgesprochen, in dem ihm die feste Übernahmeabsicht zugesichert wurde für den Fall, dass er sich bewährt, so ist ihm der Eintritt der Arbeitslosigkeit nicht mit dem erforderlichen Verschuldensmaßstab vorzuwerfen. Die Situation stellt sich nämlich dar wie eine von Anfang an vorgenommene Festanstellung auf Probe mit dem im Wirtschaftsleben nicht mehr ungewöhnlichen Umweg über eine vorgeschaltete Leihbeschäftigung.
4. In der Rechtswirklichkeit der Arbeitswelt ist eine, auch politisch gewollte, Tendenz von befristeten Arbeitsverhältnissen festzustellen. Dies schließt es aus, den Wechsel aus einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis in ein befristetes generell nicht als wichtigen Grund anzusehen. Aus Art. 12 Abs. 1 GG ist vielmehr abzuleiten, dass Arbeitnehmern grundsätzlich auch die Möglichkeit offenstehen muss, befristete, ihnen attraktiv erscheinende Arbeitsverhältnisse, zu Gunsten unbefristeter Arbeitsverhältnisse aufzunehmen, vgl. BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 - B 7 AL 98/03 R.
Normenkette
SGB III § 144 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 3 S. 1, § 128 Abs. 1 Nr. 4
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 18.11.2009 sowie der Bescheid der Beklagten vom 18.01.2007 über die Feststellung einer Sperrzeit vom 30.12.2006 bis 23.03.2007 nebst Ruhen und Minderung des Arbeitslosengeldanspruchs in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.02.2007 aufgehoben, der Bewilligungsbescheid vom 18.01.2007, ebenfalls in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.02.2007,abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Arbeitslosengeld ohne Berücksichtigung dieser Sperrzeit zu gewähren.
2. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Vor-, Klage- und Berufungsverfahren.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob in dem Zeitraum vom 30.12.2006 bis 23.03.2007 eine zwölfwöchige Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe mit den daraus resultierenden Folgen eingetreten ist.
Die 1977 geborene, als Fremdsprachen Englisch und Spanisch beherrschende Klägerin absolvierte nach dem Erwerb der Fachhochschulreife erfolgreich eine Ausbildung zur Groß- und Einzelhandelskauffrau. Nach verschiedenen, durch kurze Zeiten der Arbeitslosigkeit - zuletzt vom 01.01. bis 13.02.2006 - unterbrochenen beruflichen Tätigkeiten als Vertriebsassistentin, Sachbearbeiterin, Teamassistentin und Exportsachbearbeiterin, die sie zu einem nicht unerheblichen Teil bei Zeitarbeitsunternehmen ausgeübt hatte, war die Klägerin vom 03.04.2006 bis 31.07.2006 auf der Basis eines unbefristeten Arbeitsvertrages als Groß- und Außenhandelskauffrau bei dem Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen S. (im Folgenden: Fa. S.) in H. beschäftigt und bei dem Flugzeughersteller A. als Entleihbetrieb eingesetzt. Während dieser Zeit erfolgte berufsbegleitend eine weitere schulische Ausbildung zur Fachkraft für Eventmanagement.
Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis bei der Fa. S. während der Probezeit und schloss für die Zeit vom 01.08.2006 bis 29.12.2006 einen befristeten Arbeitsvertrag als kaufmännische Angestellte mit dem Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen K. (im Folgenden: Fa. K.) in H.; das Arbeitsverhältnis wurde nicht verlängert und endete aufgrund der Befristung. Am 19.10.2006 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten zum 30.12.2006 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg).
Nachdem die Klägerin ausweislich eines Gesprächsvermerks der Beklagten vom 18.01.2007 als Grund für die Kündigung angegeben hatte, sie habe sich bei der Fa. S. bzw. bei A. unterfordert gefühlt und von der Fa. K. sei ihr eine Weiterbeschäftigung beim Kundenbetrieb in Aussicht gestellt worden, eine entsprechende Bestätigung werde sie nachreichen, stellte die Beklagte mit Bescheid vom selben Tag den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit vom 30.12.2006 bis 23.03.2007, das Ruhen des Anspruchs auf Alg für diesen Zeitraum sowie die Minderung des Anspruchs auf Alg um 84 Tage fest. Mit einem weiteren Bescheid vom 18.01.2007 bewilligte die Beklagte der Klägerin bei einem Anspruchsbeginn am 30.12.2006 Alg in Höhe von täglich 36,13 EUR für die Zeit vom 31.03. bis 15.11.2007, für die Zeit davor in Höhe von 0,00 EUR; hierbei berücksichtigte sie neben der zwölfwöchigen auch die ebenfalls mit Bescheid vom 18.01.2007 für die Zeit vom 24. bis 30.03.20...