Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe. Kündigung eines unbefristeten Beschäftigungsverhältnisses zwecks Aufnahme einer befristen Beschäftigung. wichtiger Grund. grobe Fahrlässigkeit
Orientierungssatz
Kündigt der Arbeitnehmer ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zum Zweck der Aufnahme einer befristeten Beschäftigung, die nicht unmittelbar an das beendete Arbeitsverhältnis anschließt und eine kurzfristige Zwischenarbeitslosigkeit nicht zu vermeiden war, so liegen die Voraussetzungen für die Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe iS von § 144 Abs 1 Nr 1 SGB 3 nicht vor, wenn zum Zeitpunkt der Eigenkündigung konkrete Aussichten auf eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses und eine Dauerbeschäftigung bestehen.
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Minderung der Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) wegen Eintritts einer Sperrzeit streitig.
Die Klägerin war seit dem 09.03.1998 als Verkäuferin in der Bäckerei J, W (Bruttoarbeitsentgelt DM 2.356,00 bei 43 Wochenstunden/sechs Arbeitstagen/Woche, Kündigungsfrist vier Wochen zum Monatsende bzw. 15. des Monats) beschäftigt. Dieses unbefristete Arbeitsverhältnis kündigte sie selbst fristgerecht zum 31.10.1999, um ein neues Arbeitsverhältnis ab 08.11.1999 aufnehmen zu können. Nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnis meldete sie sich nicht arbeitslos.
Am 08.11.1999 nahm sie eine Tätigkeit als Versandarbeiterin bei der Firma K, P, auf, einem Unternehmen der Bekleidungsindustrie (monatliches Bruttoentgelt über DM 2500,00 bei 37 Stunden/Woche und fünf Arbeitstagen). Dieses Arbeitsverhältnis war zunächst bis zum 28.02.2000 befristet und wurde bis zum 30.06.2000 verlängert. Eine weitere Verlängerung erfolgte nicht.
Zum 1.7.2000 meldete sich die Klägerin beim Arbeitsamt (AA) Waiblingen arbeitslos. Dabei gab sie an, das unbefristete Arbeitsverhältnis in der Bäckerei aufgegeben zu haben, um größere Firmen außerhalb des Einzelhandels kennen zu lernen.
Mit Bescheid vom 20.07.2000 teilte das AA der Klägerin mit, in der Zeit vom 01.11.1999 bis 23.01.2000 sei eine Sperrzeit von zwölf Wochen Dauer eingetreten, wodurch sich der Leistungsanspruch um 90 Tage mindere. Sie habe ihr Beschäftigungsverhältnis mit der Bäckerei J selbst gelöst; diese Arbeitsaufgabe sei für den Eintritt der Arbeitslosigkeit ursächlich geblieben, da das Anschlussarbeitsverhältnis von vornherein befristet gewesen sei. Ein wichtiger Grund habe nicht vorgelegen. Mit Bescheid vom 21.7.2000 bewilligte das AA Alg ab 1.7.2000 mit der (verkürzten) Anspruchsdauer von 270 Tagen.
Die Klägerin erhob Widerspruch: Eine Sperrzeit sei nicht eingetreten. Ein schuldhaftes Verhalten liege nicht vor. Die Beklagte hätte jedenfalls eine besondere Härte annehmen müssen, da der Sozialversicherung kein Schaden entstanden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.09.2000 wies das AA den Widerspruch als unbegründet zurück: Die Klägerin habe ihre Arbeitslosigkeit grobfahrlässig herbeigeführt, da sie bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Bäckerei J kein Dauerarbeitsverhältnis in Aussicht gehabt habe. Eine unbillige Härte liege nicht vor.
Am 10.10.2000 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht (SG) Stuttgart erhoben: Sie habe ihr unbefristetes Arbeitsverhältnis gekündigt, da sie bereits ein neues, befristetes eingegangen sei, in dem sie sich eine berufliche Weiterentwicklung versprochen habe. Sie habe die Arbeitslosigkeit auch nicht grobfahrlässig herbeigeführt, solches könne nur angenommen werden, wenn bereits zum Zeitpunkt der Aufgabe des früheren Beschäftigungsverhältnisses absehbar sei, dass mit einer späteren Arbeitslosigkeit gerechnet werden müsse. Jeder Arbeitsplatzwechsel führe zum Verlust des bisher erworbenen sozialen Schutzes, insbesondere durch die einfachere Kündigungsmöglichkeit während der Probezeit im neuen Arbeitsverhältnis. Wollte man daran grundsätzlich eine Sperrzeit knüpfen, führte dies zu einer weitgehenden Einschränkung der grundsätzlich bestehenden freien Wahl des Arbeitsplatzes. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Gesetzgeber durch die Schaffung des Beschäftigungsförderungsgesetzes ausdrücklich befristete Arbeitsverhältnisse als gleichwertige Beschäftigungsverhältnisse zu unbefristeten anerkannt habe; hierdurch solle gerade eine erhöhte Flexibilität am Arbeitsmarkt erreicht werden. Dementsprechend würden ein Großteil der Neueinstellungen generell als befristete Beschäftigungsverhältnisse durchgeführt, die nach der Ansicht der Beklagten einem wechselwilligen Arbeitnehmer verschlossen blieben. In ihrem Fall habe auch eine nicht fern liegende Möglichkeit bestanden, dass das Arbeitsverhältnis bei der Firma K über die ursprüngliche Befristung hinaus verlängert werde, wie es einmal auch tatsächlich der Fall gewesen sei.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten: Entscheidend sei, dass die Klägerin ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu Gunsten einer befristeten Tätigkeit aufgekündigt habe. Damit ha...