Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Beschwerde. einstweiliger Rechtsschutz. Rechtsschutzbedürfnis. kein schützenswertes Interesse an der Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts. Erlass eines Ausführungsbescheides ohne ausdrücklichen Vorbehalt in Bezug auf den Ausgang des Beschwerdeverfahrens. Auslegung
Leitsatz (amtlich)
Es besteht kein Rechtschutzbedürfnis für eine Beschwerde des Jobcenters gegen eine vom Sozialgericht erlassene einstweilige Anordnung, wenn der Umsetzungsbescheid des Jobcenters keinen ausdrücklichen Vorbehalt in Bezug auf den Ausgang des Beschwerdeverfahrens vor dem LSG enthält.
Normenkette
SGB III § 328 Abs. 1 S. 1 Nr. 3; SGB II § 40
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Rostock vom 4. April 2011 wird als unzulässig verworfen.
Der Antragsgegner hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers im Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe
I.
Den von dem Antragsteller am 6. Januar 2011 gestellten Antrag auf Weiterbewilligung von Arbeitslosengeld II ab Februar 2011 lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 2. Februar 2011 ab.
Hiergegen legte der Antragsteller am 9, Februar 2011 Widerspruch ein.
Auf den von dem Antragsteller am 25. Februar 2011 gestellten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hat das Sozialgericht Rostock mit Beschluss vom 4. April 2011 den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig für die Zeit vom 25. Februar 2011 bis 31. Juli 2011 Arbeitslosengeld II auf der Basis eines monatlichen Grundsicherungsbedarfes von 704 € zu zahlen.
Gegen den am 7. April 2011 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 18. April 2011 Beschwerde zum Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern eingelegt. Den zugleich gestellten Antrag, die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluss anzuordnen, hat der Senat durch seinen Vorsitzenden mit Beschluss vom 20. Juni 2011 abgelehnt.
Hierauf hat der Antragsgegner mit Bescheid vom 27. Juni 2011 den Ablehnungsbescheid vom 2. Februar 2011 aufgehoben. Dem Widerspruch habe demnach in vollem Umfang entsprochen werden können. Die weiteren Einzelheiten seien dem gesondert zugehenden Bescheid zu entnehmen. Der Abhilfebescheid ergehe aufgrund des vom Landessozialgericht erlassenen Beschlusses vom 20. Juni 2011.
Zugleich hat der Antragsgegner mit weiterem Bescheid vom 27. Juni 2011 dem Antragsteller auf seinen Antrag vom 25. Februar 2011 Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 25. Februar 2011 bis 31. Juli 2011 vorläufig in Höhe von monatlich 704 € gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II in Verbindung mit § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III bewilligt. Die vorläufige Bewilligung beruhe darauf, dass die Entscheidung vorläufig aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 4. April 2011 vor dem Sozialgericht Rostock ergehe. Der Antragsteller erhalte einen neuen Bescheid, sobald über seinen Antrag endgültig entschieden werden könne und sein Anspruch von dem hier bewilligten abweiche. Sofern sich keine Änderung ergebe, erhalte der Antragsteller nur dann erneut einen Bescheid, wenn er dies beantrage. Ferner wird darauf hingewiesen, dass der Bescheid in Umsetzung des Beschlusses vom Sozialgericht Rostock vom 4. April 2011 ergehe. Dem Bescheid ist der Gesetzestext von § 40 SGB II und § 328 SGB III beigefügt gewesen.
II.
Die Beschwerde ist unzulässig, da das für die Zulässigkeit erforderliche Rechtsschutzbedürfnis nicht gegeben ist.
Das Rechtsschutzbedürfnis ist vom Gericht im jeweiligen Rechtszug von Amts wegen zu prüfen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., vor § 51 SGG Rn. 20). Ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragsgegners für das Beschwerdeverfahren ist vorliegend zu verneinen, weil die beantragte Entscheidung, den angefochtenen Beschlusses aufzuheben, seine Rechtsstellung nicht verbessern könnte (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., vor § 51, Rn. 16a).
Dem Antragsgegner steht ein schützenswertes Interesse an der Aufhebung des sozialgerichtlichen Beschlusses nicht mehr zu. Denn mit dem Bewilligungsbescheid vom 27. Juni 2011 hat er keinen vorläufigen Ausführungsbescheid erlassen, der unter dem Vorbehalt steht, dass er gegenstandslos sein soll, wenn der angefochtene Beschluss des Sozialgerichts auf die hiergegen gerichtete Beschwerde aufgehoben wird, bzw. dass er nur dann gelten soll, wenn die dem Antragsgegner durch den Beschluss auferlegte Verpflichtung zur vorläufigen Leistungsbewilligung mit der Beschwerdeentscheidung bestätigt wird und damit in Rechtskraft erwächst. Denn der Bewilligungsbescheid vom 27. Juni 2011 enthält keinen ausdrücklichen Vorbehalt in Bezug auf den Ausgang des Beschwerdeverfahrens. Ein solcher Vorbehalt kann auch nicht im Wege der Auslegung aus Sicht eines objektiven Empfängers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben nach § 133 BGB ermittelt werden.
Der Bewilligungsbescheid vom 27. Juni 2011 benennt zwar als Grund dafür, dass die Bewilligung vorläufig erfolgt, die mündliche Verhandlung vom 4. April 2011 vor dem Sozia...