Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht. Notarzt. ärztlicher Bereitschaftsdienst. Honorarvereinbarung. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der versicherungspflichtigen Beschäftigung eines Notarztes.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 21. September 2011 aufgehoben und die Klage - auch gegen den Bescheid vom 29. Januar 2010 - abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beigeladene zu 1. im Rahmen seiner Tätigkeit als Notarzt bei der Klägerin in der Zeit vom 2. Januar 2008 bis zum 18. November 2009 versicherungspflichtig in der gesetzlichen Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung gewesen ist.
Der am 14. April 1965 geborene Beigeladene zu 1. ist als Oberarzt beim Universitätsklinikum D-Stadt tätig. Nach seinen Angaben verrichtete er für die Klägerin bereits seit 1996 Notarztdienste. Er schloss mit der Klägerin unter dem 21. Januar 2008 eine „Honorarvereinbarung“, wonach der Beigeladene zu 1. als Notarzt ab dem 1. Januar 2008 Notarztdienste in deren Bereich übernahm; der Einsatz erfolgte nach Absprache und Bedarf. In der Honorarvereinbarung wurde eine Vergütung für diese Tätigkeit in Höhe von 450,00 € für einen 24-Stundendienst festgelegt, wobei der Betrag monatlich nach den erfolgten Einsätzen durch die Klägerin zu zahlen sei. Mit diesem Honorar seien sämtliche Kosten, wie Fahrtkosten, Spesen etc., des Beigeladenen zu 1. abgegolten. Letzterer habe das Honorar selbst zu versteuern und die entsprechenden Sozialversicherungsabgaben abzuführen. Darüber hinaus wurde in der genannten Vereinbarung geregelt, dass der Beigeladene zu 1. als Notarzt für die Zeit seiner Tätigkeit über die Klägerin entsprechend den Verträgen für Betriebshaftpflichtversicherung versichert sei und es darüber hinaus dem Beigeladenen zu 1. untersagt sei, geschützte personenbezogene Daten unbefugt zu einem anderen als zu den jeweiligen rechtmäßigen Aufgabenerfüllung gehörenden Zwecken zu verarbeiten, bekannt zu geben, zugänglich zu machen oder sonst zu nutzen. Diese Bestimmungen sollten auch nach Beendigung der Tätigkeit gelten.
Am 14. März 2008 stellten sowohl die Klägerin als auch der Beigeladene zu 1. bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status, im Hinblick auf die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. Im Antrag wurde bezüglich der Grundlagen und Ausgestaltung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. angegeben, dass dieser nicht am Betriebssitz seines Arbeitgebers arbeite und eine regelmäßige Arbeits- und Anwesenheitszeit nicht einzuhalten habe. Weisungen hinsichtlich der Ausführungen seiner Tätigkeit würden ihm nicht erteilt; die Klägerin könne das Einsatzgebiet ohne seine Zustimmung nicht verändern. Eine Einstellung von Vertretern bzw. Hilfskräften durch den Beigeladenen zu 1. sei von der Zustimmung der Klägerin abhängig. In der beigefügten Tätigkeitsbeschreibung hieß es unter anderem, der Beigeladene zu 1. sei auf Honorarbasis als Notarzt für die Klägerin tätig; das Einsatzgebiet sei das Gebiet des Kreisverbandes Mecklenburgische Seenplatte. Der Einsatzort als Notarzt variiere entsprechend der von der Leitstelle des jeweiligen Landkreises angegebenen ärztlichen Einsätze. Vier- bis fünfmal im Monat biete der Beigeladene zu 1. seine Dienste im Rahmes eines 24-Stunden- Dienstes der Klägerin an; die Wahl der Dienste erfolge in gegenseitiger Absprache und betreffe im Regelfall zwei bis drei Dienste pro Monat. Im Wesentlichen gebe der Beigeladene zu 1. vor, an welchen Tagen er zeitlich die Dienste und somit die ärztliche Bereitschaft absichern könne; er müsse daher keine regelmäßigen Arbeits- oder Anwesenheitszeiten einhalten. Er unterliege auch nicht den Weisungen der Klägerin sondern entscheide vor Ort eigenverantwortlich und situationsgerecht, wie die Arbeit auszuführen und zu erledigen sei. Das Einsatzgebiet und der Einsatzort werde durch die Leitstelle des jeweiligen Landkreises bestimmt; im Rahmen des Rettungsdienstauftrages habe die Klägerin sicherzustellen, dass eine ärztliche Versorgung im Gebiet erfolge. Die genaue Anzahl der Einsätze und die Einsatzorte würden durch die jeweiligen Umstände und die Leitstelle bestimmt. Zum Einsatzort fahre der Beigeladene zu 1. mit einem Notarzteinsatzfahrzeug, teilweise auch mit einem RTW. Die in dem Wagen befindlichen Medikamente und medizinisch-technischen Geräte würden von ihm mitgenutzt, teilweise werde jedoch auch eigenes medizinisches Gerät verwandt. Der Beigeladene zu 1. reise auf eigene Kosten an und ab, er helfe, die ärztliche Versorgung im Gebiet der Klägerin mit abzusichern. Er handele auf eigene Verantwortung und auf eigenes Risiko, dabei setze er seine gesamte medizinische Erf...