Entscheidungsstichwort (Thema)
Erziehungsgeld- und Elterngeldrecht
Leitsatz (amtlich)
Ein Vater, der vor der Geburt des Kindes zeitweilig unbezahlten Urlaub aufgrund einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung der Kindesmutter genommen hat, kann nach den Vorgaben des BEEG keine Verschiebung des für die Berechnung des Elterngeldes maßgebenden zwölfmonatigen Bemessungszeitraums beanspruchen.
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 28. März 2012 wird geändert.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen ihre erstinstanzlich ausgesprochene Verpflichtung zur Gewährung höheren Elterngeldes unter Heranziehung eines für den Kläger günstigeren Bezugszeitraumes.
Der 1966 geborene seit 1977 im Bundesgebiet lebende und über die deutsche Staatsangehörigkeit verfügende Kläger beantragte im August 2008 die Gewährung von Elterngeld für die ersten zwölf Lebensmonate seiner am 22. Juli 2008 geborenen Tochter H.. Die Ehefrau des Klägers und Mutter des Kindes bezog vom 18. Juni bis zum 24. September 2008 Mutterschaftsgeld.
Im Haushalt der Eltern lebt noch das ältere (an Asthma leidende) am 15. Februar 2005 geborene Kind I..
Vor der Geburt von H. hatte die Mutter drei Fehlgeburten erlitten. Ausweislich eines Attestes der Frauenärzte J. vom 7. August 2008 (Bl. 33 Verwaltungsvorgänge) konnte die Mutter im Zeitraum 17. Dezember 2007 bis 15. Februar 2008 angesichts einer Risikogravidität und der Gefahr eines drohenden Abortes nicht arbeiten, so dass der Ehemann, d.h. der Kläger, das (ältere) Kind zu betreuen und den Haushalt zu versorgen gehabt habe.
Der beim K. in Schichtarbeit berufstätige Kläger hatte vom 17. Dezember 2007 bis zum 15. Februar 2008 von seinem Arbeitgeber überwiegend unbezahlten Urlaub erhalten (wegen der Einzelheiten vgl. seinen Schriftsatz vom 16. Oktober 2012).
Unter Berücksichtigung dieses unbezahlten Urlaubs beliefen sich die Entgeltansprüche des Klägers in den zwölf Monaten vor der Geburt seiner Tochter wie folgt (vgl. Bescheinigung, Bl. 38 Verwaltungsvorgänge):
|
Monat |
Laufendes steuerpflichtiges Bruttoentgelt in Euro (ohne Einmalzahlungen) |
Juli 2007 |
3103,08 |
August 2007 |
2904,75 |
September 2007 |
2814,75 |
Oktober 2007 |
2944,57 |
November 2007 |
2928,46 |
Dezember 2007 |
2233,62 |
Januar 2008 |
127,36 |
Februar 2008 |
1603,03 |
März 2008 |
3335,65 |
April 2008 |
3501,00 |
Mai 2008 |
3026,72 |
Juni 2008 |
2785,05 |
Nach Abzug der Lohnsteuerzahlungen und der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung sowie der pauschaliert mit monatlich 76,67 € anzusetzenden Werbungskosten ergab sich ausgehend von diesen Bruttoverdiensten im Jahresdurchschnitt ein monatlicher Nettoverdienst in Höhe von 1.773,94 €.
Mit Bescheid vom 4. September 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2009 gewährte die Beklagte dem Kläger Elterngeld für die ersten elf Lebensmonate seiner Tochter in Höhe von jeweils 1188,54 €, entsprechend 67 % des von dem Beklagten in Höhe von 1.773,94 € ermittelten monatlichen Nettoverdienstes in den zwölf Monaten vor der Geburt.
Mit der am 5. Februar 2009 erhobenen Klage hat der Kläger (neben einer Gewährung von Elterngeld für weitere 28 Tage) eine Neuberechnung der Höhe des ihm zuerkannten Elterngeldes mit der Maßgabe begehrt, dass nicht das Durchschnittseinkommen in den letzten zwölf Monaten vor der Geburt, sondern das Durchschnittseinkommen aus den insgesamt zwölf Monaten April bis November 2007 und März bis Juni 2008 zugrunde zu legen sei. Die Monate Dezember 2007 bis Februar 2008 dürften bei der Ermittlung des für die Elterngeldberechnung maßgeblichen Bemessungsentgelts nicht berücksichtigt werden, da er in diesen drei Monaten jedenfalls teilweise aufgrund der damaligen schwangerschaftsbedingten Erkrankung der Ehefrau unbezahlten Urlaub habe nehmen müssen. Er habe seinerzeit für die Betreuung und Pflege seiner Ehefrau zur Verfügung stehen müssen.
Mit Urteil vom 28. März 2012, der Beklagten zugestellt am 2. Juli 2012, hat das Sozialgericht (unter gleichzeitiger Abweisung des Begehrens auf Gewährung von Elterngeld für weitere 28 Tage) die Beklagte antragsgemäß verurteilt, das dem Kläger zuerkannte Elterngeld unter Berücksichtigung seiner in den Monaten April bis November 2007 und März bis Juni 2008 erzielten Einkünfte neu zu berechnen. Die Beklagte habe nach der - ihrem Wortlaut nach nicht zwischen Müttern und Vätern unterscheidenden - Regelung des § 2 Abs. 7 Satz 6 BEEG die Monate Dezember 2007 bis Februar 2008 bei der Ermittlung des für die Elterngeldberechnung maßgeblichen Durchschnittseinkommens vor der Geburt des Kindes außer Betracht lassen müssen. Die Ehefrau habe sich aufgrund der Risikoschwangerschaft seinerzeit nicht um ihren Sohn kümmern können, so dass der Kläger für die rund um die Uhr zu gewährleistende Betreuung seiner Ehefrau und seines Sohnes einschließlich der Erbringung psychischen Beistandes unbezahlten Urlaub habe nehmen müssen.
Mit der am 23. Juli 2012 eingelegten Berufung macht die Beklagte g...