Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung der Rentner. Aufnahme einer Pensionärsgattin. Vorversicherungszeit. Berufung auf die Neuregelung des § 5 Abs 2 S 3 SGB 5 zum 1.8.2017. Überschreitung des 55. Lebensjahres. Ausschlusstatbestand nach § 6 Abs 3a SGB 5. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Die Anrechenbarkeit von Kindererziehungszeiten auf die Rente berechtigt nicht zur Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner, wenn der Antragsteller am 1. August 2017 bereits älter als 55 Jahre, in den letzten fünf Jahren zuvor nicht gesetzlich krankenversichert und sein Ehepartner als Beamter versicherungsfrei gewesen ist.
Normenkette
SGB V § 6 Abs. 1 Nrn. 2, 6, Abs. 3, 3a Sätze 1-4, § 5 Abs. 1 S. 1 Nrn. 11, 13, Abs. 2 S. 3, § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 10; SGB I § 56 Abs. 2 Nr. 2; SGG § 54 Abs. 1 S. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 99 Abs. 3 S. 2
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 17.08.2018 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Aufnahme der Klägerin in die Krankenversicherung der Rentner (KVdR) zum 01.08.2017.
Die am 00.00.1948 geborene Klägerin absolvierte in den 60er Jahren eine Ausbildung zur Großhandelskauffrau. In diesem Beruf war sie von 1967 bis 1969 berufstätig. Danach widmete sie sich der Erziehung ihrer 6 Kinder B (*00.00.1969), N (*00.00.1971), F (*00.00.1972), V (*00.00.1973), E (*00.00.1974) und X (*00.00.1976). Zwischen 1985 und 1990 holte sie ihren Realschulabschluss nach und machte das Fachabitur. In der Zeit zwischen 1991 und 1994 absolvierte sie eine weitere Ausbildung zur Krankenschwester und arbeitete in diesem Beruf bis Ende 2000. Aufgrund Antrages vom 19.02.2008 bezieht die Klägerin seit April 2008 Altersrente über die Deutsche Rentenversicherung Bund (vgl. Rentenbescheid vom 07.04.2008 einschließlich Versicherungsverlauf). In der Zeit vom 03.09.1990 bis zum 31.12.2000 war sie bei einer Rechtsvorgängerin der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Seit dem 01.01.2001 ist die Klägerin bei der C Krankenversicherung privat zusatzversichert. Ihr Ehemann ist - mit Ablauf des 31.07.2005 pensionierter - Beamter (Ruhegehalt aktuell: EUR 3.656,91 brutto) und (seit dem 01.02.1978) ebenfalls bei der C privat krankenversichert. Über ihn verfügt die Klägerin über einen Beihilfeanspruch in Höhe von 70 %, die restlichen 30 % trägt die C.
Nach der Neuregelung des § 5 Abs. 2 S. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zum 01.08.2017 beantragte die Klägerin bei der Beklagten am 11.09.2017 die Aufnahme in die Pflichtversicherung der KVdR. Aufgrund der nunmehr vorzunehmenden Anrechnung von Mitgliedsjahren für die Erziehung ihrer 6 Kinder seien die Voraussetzungen für die Pflichtmitgliedschaft nun erfüllt. Die Geburtsurkunden ihrer Kinder fügte sie bei.
Die Beklagte lehnte den Antrag (mit Bescheid vom 22.09.2017) ab. Bisher sei die Klägerin als Rentenbezieherin nicht in der KVdR versichert gewesen, weil sie nach den bis 31.07.2017 geltenden Bestimmungen die Vorversicherungszeit nicht erfüllt habe. Soweit aufgrund der gesetzlichen Neuregelung ab dem 01.08.2017 Kindererziehungszeiten anrechnungsfähig seien, ändere dies im Falle der Klägerin leider nichts. Da sie am 01.08.2017 bereits älter als 55 Jahre gewesen sei, müsse die Klägerin weiteren gesetzlichen Anforderungen Genüge leisten, die sie jedoch nicht erfülle: So sei sie in den letzten 5 Jahren vor dem 01.08.2017 nicht gesetzlich krankenversichert und sie bzw. ihr Ehegatte innerhalb dieser 5 Jahre mindestens die Hälfte der Zeit versicherungsfrei in der Krankenversicherung (z.B. als Beamtin/Beamter oder Höherverdienender)/ von der Krankenversicherung befreit/wegen hauptberuflich selbständiger Tätigkeit versicherungsfrei gewesen. Aus diesem Grunde sei eine Aufnahme in die KVdR ausgeschlossen.
Hiergegen legte die Klägerin (mit Schreiben vom 17.10.2017) Widerspruch ein, mit dem sie um nähere Begründung der Ablehnung bat.
Die Beklagte erläuterte die gesetzlichen Voraussetzungen (mit Schreiben vom 05.01.2018) und bat zwecks Prüfung, ob Krankenversicherungspflicht vorliegt, um Darlegung des Versicherungsschutzes in dem fraglichen 5-Jahres-Zeitraum mittels eines beigefügten Formulars.
Die Klägerin sandte das Formular (am 16.01.2018) mit der Angabe zurück, in dem Zeitraum vom 01.08.2012 bis 31.07.2017 als Rentnerin bei der C Krankenversicherung versichert gewesen zu sein, ebenso wie ihr Ehemann dort in diesem Zeitraum als Pensionär krankenversichert gewesen sei.
Sie ergänzte überdies (mit Schreiben vom 19.01.2018) ihren Widerspruch dahingehend, dass ihr nicht nachvollziehbar sei, wozu die Beklagte die Angaben benötige, sie halte deren Rechtsauffassung nach ihren Recherchen für rechtswidrig. Ihr sei seit dem 01.01.2001 eine freiwillige Mitgliedschaft nicht möglich gewesen, da sie ohne eigenes Einkommen keine Höchstbeträge hätte erwirtschaften können. In den letzten 5 Jahren hätten sie und ihr Mann keine andere Möglichkeit gehabt, als ihren Krankenve...