Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. Elterngeldberechnung. Bestimmung des Bemessungszeitraums. Bezug von Mutterschaftsgeld. niedrigeres Elterngeld in Folge der Verschiebung des Bemessungszeitraums. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Bei der Bemessung des Elterngeldes bleiben nach § 2 Abs 7 S 6 BEEG solche Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person Mutterschaftsgeld (hier: 1 Tag) nach der Reichsversicherungsordnung bezogen hat. Dies gilt auch dann, wenn durch die Verschiebung des Bemessungszeitraums Monate ohne oder mit geringerem Einkommen aus Erwerbstätigkeit zur Grundlage der Elterngeldberechnung werden und infolge dessen insgesamt niedrigeres Elterngeld gezahlt wird.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 21.01.2010 geändert und die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Bestimmung des Bemessungszeitraums für einen Anspruch auf Elterngeld.
Vor Februar 2008 war die Klägerin arbeitslos. Im Frühjahr 2008 wurde sie schwanger. Für Oktober 2008 bekam die Klägerin noch ihr volles Gehalt; daneben bekam die Klägerin für einen Tag, nämlich den 31.10.2008, Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchuG) von ihrer beigeladenen Krankenkasse. Am 00.12.2008 gebar die Klägerin ihre Tochter T.
Am 13.01.2009 beantragte die Klägerin Elterngeld für das erste Lebensjahr ihrer Tochter. Mit Bescheid vom 02.04.2009 gewährte die Beklagte ihr Elterngeld. Dabei legte die Beklagte acht Einkommensmonate, nämlich Februar 2008 bis September 2008, zugrunde.
Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 07.07.2009 mit der Begründung zurückgewiesen, der Monat Oktober 2008 sei zurecht nicht berücksichtigt worden, weil Mutterschaftsgeld bezogen worden sei; für diesen Fall sehe § 2 Abs. 7 Satz 6 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) vor, dass der betreffende Monat unberücksichtigt bleiben müsse.
Die Klägerin hat am 18.07.2009 Klage zum Sozialgericht (SG) Köln erhoben und vorgetragen, im Hinblick auf die Regelung im § 2 Abs. 7 Satz 6 BEEG sei eine sog "teleologische Reduktion" vorzunehmen; der Monat des Beginns des Mutterschutzes müsse unberücksichtigt bleiben, wenn sich die Nichtberücksichtigung im Einzelfall zulasten des Berechtigten auswirke. Das SG hat der Klage mit Urteil vom 21.01.2010 stattgegeben und dazu ausgeführt:
"Die Beklagte hat zu Unrecht den Oktober 2008 sowie die im Oktober 2008 geleisteten Gehaltserhöhungen für August und September 2008 nicht berücksichtigt.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) wird Elterngeld in Höhe von 67 Prozent des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. § 2 Abs. 7 Satz 6 BEEG macht von diesem Grundsatz, dass nämlich die zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes zu berücksichtigen sind, eine Ausnahme. Nach § 2 Abs. 7 Satz 6 BEEG bleiben Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person Mutterschaftsgeld nach der Reichsversicherungsordnung oder dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat oder in denen während der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise weggefallen ist.
Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 7 Satz 6 BEEG sind in Hinblick auf den nicht berücksichtigten Monat Oktober 2008 nicht erfüllt. Denn die Kammer ist der Auffassung, dass diese Vorschrift nur dann Anwendung findet, wenn in den dort genannten Fällen - insbesondere dem hier relevanten Fall des Bezugs von Mutterschaftsgeld - Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise weggefallen ist.
Der Wortlaut ist nicht eindeutig und daher auslegungsbedürftig. Für die Auffassung der Kammer spricht, dass die in § 2 Abs. 7 Satz 6 BEEG genannten Fälle den Wegfall des Einkommens aus Erwerbstätigkeit implizieren. Dadurch ist auch zu erklären, warum in der dritten Fallgruppe - der auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung - ein Zusatz hinzugefügt wurde; die auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung ist nur dann relevant - und führt zur Anwendung des § 2 Abs. 7 Satz 6 BEEG - wenn durch die auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise weggefallen ist.
Systematisch ist in diesem Zusammenhang auch die Regelung in § 2 Abs. 7 Satz 7 BEEG hinzuzuziehen; danach gilt das gleiche für Kalendermonate, in denen die berechtigte Person Wehrdienst nach Maßgabe des Wehrpflichtgesetzes oder des Vierten Abschnitts des Soldatengesetzes oder Zivildienst nach Maßgabe des Zivildienstgesetzes geleistet hat, wenn dadurch Erwerbseinkommen ganz oder te...