Verfahrensgang
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 28.07.2008 wird die Klage des Klägers zu 2) abgewiesen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1). Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung eines Steuerklassenwechsels bei der Berechnung der Höhe des Elterngeldes.
Die Klägerin zu 1) ist Mutter der am 00.00.2007 geborenen N… O….
Als Landesbeamtin war sie in der Gruppe A12 Stufe 05 der Landesbesoldungsordnung mit Bruttobezügen von monatlich 2927,08 Euro im Jahr 2007 (ohne Einmalzahlungen und vermögenswirksame Leistungen) eingestuft. Der Kläger zu 2), ihr Ehemann, ist Angestellter im öffentlicher Dienst und nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Gruppe 09 Stufe 04 mit entsprechenden Bruttobezügen (ohne Sonderzahlungen) von 2816,33 Euro eingruppiert.
Die Kläger hatten zunächst die Steuerklasse 4 gewählt. Mit Wirkung zum Mai 2007 – fünf Monate vor der Geburt ihrer Tochter N… – wechselten die Kläger die Steuerklasse. Die Klägerin zu 1) wechselte in die Steuerklasse 3, der Kläger zu 2) in die Steuerklasse 5. Dadurch stieg das der Klägerin zu 1) ausgezahlte Nettoeinkommen um rund 316 Euro (von 2254,66 Euro auf 2570,68 Euro). Das monatliche Nettoeinkommen des Kl. zu 2) sank im Gegenzug um rund 469 Euro (von 1615,36 Euro auf 1146,03) Euro. Die Summe der Nettoeinkommen beider Eheleute sank damit monatlich um ca. 153 Euro und für den vom Steuerklassenwechsel betroffenen Zeitraum insgesamt um rund 766 Euro.
Am 17.10.2007 beantragte die Klägerin zu 1) für die ersten 12 Lebensmonate des Kindes Elterngeld. Der Kläger zu 2) meldete unter Hinweis auf spätere Antragstellung einen Anspruch für zwei Bezugsmonate an.
Mit Schreiben vom 24.10.2007 bat das Versorgungsamt E… die Klägerin zu 1) um Mitteilung der Gründe für ihren Steuerklassenwechsel.
Mit Datum vom 28.10.2007 antworteten die Kläger, laut Einkommenssteuerrecht seien die Steuerklassen frei wählbar. Den Wechsel hätten sie vorgenommen, da sie aufgrund des höheren Bruttoeinkommens der Klägerin zu 1) von einer für sie günstigeren Steuerkonstellation ausgingen. Sie verwiesen dabei auf Ziffer 2.7.3.3 der Richtlinien des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zum Bundeselterngesetz vom 18.12.2006.
Mit Bescheid vom 05.11.2007 gewährte das Versorgungsamt E… unter der zwischen den Beteiligten nicht streitigen Berücksichtigung von beamtenrechtlichen Mutterschutzbezügen Elterngeld von monatlich 1485,97 Euro vom 02.10.2007 bis 01.10.2008. Dabei berechnete das Versorungsamt das Nettoeinkommen der Klägerin zu 1) auch für die Monate ab Mai 2007 unter Zugrundelegung der Steuerklasse 4 und ließ somit den Steuerklassenwechsel unbeachtet.
Den dagegen rechtzeitig erhobenen Widerspruch wies die Bezirksregierung Münster mit Bescheid vom 29.11.2007 zurück. Ein bewusst mit dem erkennbaren Ziel der Elterngelderhöhung vorgenommener Steuerklassenwechsel sei unbeachtlich, weil er kein schutzwürdiges Interesse verfolge.
Mit ihrer rechtzeitig erhobenen Klage haben die Kläger ihr Begehren weiter verfolgt.
Die Klägerin zu 1) hat erstinstanzlich beantragt,
den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 05.11.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2007 zu verurteilen, bei der Berechnung des Elterngeldanspruches von der tatsächlich gewählten Steuerklassenkonstellation auszugehen und dementsprechend höheres Elterngeld zu bewilligen
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf die angefochtenen Bescheide bezogen.
Mit dem angefochtenen Urteil vom 28.07.2008 hat das Sozialgericht Dortmund den Beklagten antragsgemäß verurteilt, bei der Berechnung des von der Kl. zu 1) beanspruchten Elterngeldes die tatsächlich gewählte Steuerklasse zugrunde zu legen. Nettoeinkommen im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 u. 2 i.V.m. Abs. 7 S. 1 BEEG sei das tatsächlich auch in Anbetracht des Lohnsteuerklassenwechsels, erzielte Nettoeinkommen. Wie das SG Augsburg im Urteil vom 08.07.2008 (S 10 EG 15/08) unter Hinweis auf die parlamentarische Diskussion zu Recht eingehend dargelegt habe, sei dem Gesetzgeber durchaus bewusst gewesen, dass eine entsprechende Steuerklassenwahl die Höhe des Elterngeldes beeinflussen könne. Wenn der Gesetzgeber trotzdem keine entsprechende Regelung in das Gesetz aufnehme, dürfe der Beklagte dies nicht zum Anlass nehmen, die ausdrücklich nicht vorgegebene fiktive Berechnung des in Bezug genommenen Nettoeinkommens über die Hintertür von Verwaltungsvorschriften bzw. Richtlinien doch noch einzuführen. Ungelöste Hausaufgaben des Parlaments bzw. des Gesetzgebers ließen sich dadurch nicht kompensieren. Somit sei der Beklagte gehalten, die nach dem Einkommenssteuergesetz mögliche und zulässige freie Steuerklassenwahl zu beachten und das so erzielte Nettoeinkommen der Berechnung des Elterngeldes zugrunde zu legen. Darin liege kein...