Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH
Orientierungssatz
1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
2. Diese Abgrenzungsmerkmale gelten auch hinsichtlich der statusrechtlichen Beurteilung des Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH.
3. Ist dieser an die Weisungen der Gesellschafterversammlung gebunden, hat er dem Unternehmen seine volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, bezieht er eine fest vereinbarte monatliche Vergütung, hat er Anspruch auf Urlaub, Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld sowie auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und werden ihm Reisekosten und Bewirtungsaufwendungen erstattet, so ist von dem Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.
4. Eine Beteiligung in Höhe von 35 % des Gesellschaftskapitals begründet keine Sperrminorität und führt damit nicht zur Annahme einer selbständigen Tätigkeit.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichtes Dortmund vom 11.9.2015 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten im Berufungsrechtszug mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 39.384,93 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Betriebsprüfungsverfahrens über die Rechtmäßigkeit eines Bescheides der Beklagten, mit welchem diese Sozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum vom 25.8.2009 bis zum 31.12.2012 i.H.v. 39.384,93 Euro einschließlich Säumniszuschlägen von der Klägerin nachfordert.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH; Amtsgericht [AG] Arnsberg HRB 000). Unternehmensgegenstand sind Designtätigkeiten, Produktion und Handel von Möbeln, Möbelteilen und Einrichtungsgegenständen aller Art, einschließlich aller zugehörigen Nebengeschäfte. Die Beigeladene zu 2) hielt zunächst mit ihrem Sohn, Herrn C I, jeweils 12.500,00 Euro an dem damaligen Stammkapital der Klägerin von 25.000,00 Euro. Sie ist seit Februar 2005 als Geschäftsführerin der Klägerin bestellt, im Handelsregister eingetragen und war aufgrund eines am 1.2.2005 geschlossenen Geschäftsführervertrag (GFV) tätig, in dem es u.a. wie folgt heißt und auf den im Übrigen Bezug genommen wird:
"§ 3 Aufgabenbereich
1. Der Geschäftsführerin obliegt die verantwortliche Leitung des gesamten Betriebes. Sie ist Dienstvorgesetzte sämtlicher Arbeitnehmer der Gesellschaft und für alle Personalangelegenheiten verantwortlich und zuständig.
2. Die Geschäftsführerin hat die Geschäfte der Gesellschaft nach Maßgabe des Gesetzes und des Gesellschaftsvertrages zu führen und hierbei die ihr von der Gesellschafterversammlung erteilten Weisungen zu beachten.
3. Zu folgenden Geschäften hat sie die vorherige Genehmigung der Gesellschafterversammlung einzuholen: [ ...]
4. Die Geschäftsführerin hat ihre ganze Arbeitskraft der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen. [ ...].
§ 4 Geschäftsführerbezüge
1. Die Geschäftsführerin erhält als Vergütung für ihre Tätigkeit:
a) ein Jahresgehalt i.H.v. 72.000,- EUR, das in 12 gleichen Raten am Ende eines jeden Monats gezahlt wird.
b) eine Urlaubsbeihilfe in Höhe eines halben Monatsgehalts,
c) ein Weihnachtsgeld in Höhe eines Monatsgehalts,
d) eine Tantieme in Höhe von 10% des Jahresüberschusses vor Berechnung der Körperschaft- und Gewerbesteuer und vor Berechnung der eigenen Tantiemen. [ ...].
§ 5 Urlaub
Die Geschäftsführerin hat Anspruch auf einen bezahlten Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen.
§ 6 Reisekosten und Bewirtungsaufwendungen
1. Reisekosten und Bewirtungsaufwendungen werden der Geschäftsführerin im Rahmen der einkommensteuerrechtlichen Höchstbeträge erstattet.
2. Die private Kfz-Nutzung wird mit den üblichen steuerlichen Werten in der Gehaltsabrechnung berücksichtigt, soweit ein Firmen-Pkw zur Verfügung gestellt wird.
§ 7 Bezüge bei Krankheit, Unfall, Tod
1. Bei einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit, die durch Krankheit oder aus einem anderen von der Geschäftsführerin nicht zu vertretenden Grund eintritt, behält die Geschäftsführerin einen Anspruch auf die Bezüge gem. § 4 für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zu einer ununterbrochenen Dauer von 6 Monaten. [ ...]"
Aufgrund einer durchgeführten Stammkapitalerhöhung und des gleichzeitigen Hinzutretens eines weiteren Gesellschafters, der C GmbH, wurde am 24.8.2009 der ursprüngliche Gesellschaftsvertrages (GesV) der Klägerin neu gefasst. In di...