Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeldrecht. Partnerschaftsbonusmonate. Arbeitszeitkorridor. Mindeststundenzahl. nachträgliche Umwandlung von Freizeitausgleich zu Urlaub. kein Rechtsmissbrauch
Orientierungssatz
1. Elterngeldberechtigte handeln nicht rechtsmissbräuchlich, wenn sie ihre geleisteten Stundenzahlen durch eine nachträgliche Vereinbarung mit dem Arbeitgeber unter Umwandlung von Freizeitausgleich (für geleistete Überstunden) in Erholungsurlaub ändern, um die Mindeststundenzahl für den Erhalt von Partnerschaftsbonusmonaten zu erreichen.
2. Urlaub ist Erwerbstätigkeit iS des § 4 Abs 4 S 3 BEEG (vgl BSG vom 15.12.2015 - B 10 EG 3/14 R = BSGE 120, 189 = SozR 4-7837 § 1 Nr 8).
Tenor
Die Berufungen des Beklagten gegen die Urteile des Sozialgerichts Dortmund vom 05.09.2019 werden zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten der Kläger im Berufungsverfahren. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die endgültige Festsetzung und Erstattung von Partnerschaftsbonusmonaten.
Die Klägerin und der Kläger sind Eheleute. Sie wurden am 00.06.2016 Eltern ihrer Tochter A. Die Klägerin arbeitete bis zum 30.09.2017 bei der Beigeladenen als Ingenieurin; seit dem 01.10.2017 ist sie bei der Stadt T versicherungspflichtig beschäftigt. Ab dem 27.08.2016 übte die Klägerin bei der Beigeladenen eine Teilzeitbeschäftigung mit 18 Wochenstunden aus. Zum 01.09.2017 erhöhte sie ihre Arbeitszeit auf (monatlich) 30 Wochenstunden (Änderungsvertrag vom 12.07.2016). Der Kläger war (und ist) als Informatiker bei der Stadt G beschäftigt. Auf beide ist der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden.
Am 10.08.2016 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten Basiselterngeld vom ersten bis dritten Lebensmonat des Kindes, Elterngeld Plus vom vierten bis 14. Lebensmonat sowie Partnerschaftsbonusmonate vom 15. bis 18. Lebensmonat. Der Beklagte bewilligte daraufhin der Klägerin vorläufig Basiselterngeld im ersten und zweiten Lebensmonat in Höhe von 0,00 Euro, im dritten Lebensmonat in Höhe von 423,45 Euro, Elterngeld-Plus vom vierten bis 14. Lebensmonat in Höhe von 444,05 Euro sowie weiteres Elterngeld-Plus (Partnerschaftsbonus) vom 15. bis 18. Lebensmonat in Höhe von je 444,05 Euro (Bescheid vom 19.08.2016).
Der Kläger beantragte bei dem Beklagten neben der Bewilligung von Basiselterngeld und Elterngeld Plus ebenfalls Partnerschaftsbonusmonate vom 15. bis 18. Lebensmonat des Kindes. Er teilte mit, vom 20.08.2017 bis 19.12.2017 eine Teilzeitbeschäftigung mit 26 Wochenstunden im Monatsdurchschnitt auszuüben. Der Beklagte bewilligte vorläufig Basiselterngeld im ersten Lebensmonat in Höhe von 1.190,58 Euro, Elterngeld-Plus vom sechsten bis 14. Lebensmonat in Höhe von 317,36 Euro sowie weiteres Elterngeld-Plus (Partnerschaftsbonus) vom 15 bis 18. Lebensmonat in Höhe von je 317,36 Euro (Bescheid vom 18.08.2016).
Im Rahmen der Ermittlungen für die endgültige Festsetzung des Elterngeldes bestätigte die Beigeladene in ihrer Eigenschaft als (ehemalige) Arbeitgeberin der Klägerin dem Beklagten unter dem 19.02.2018, dass die Klägerin vom 20.08.2017 bis 31.08.2017 insgesamt 32,23 Stunden sowie vom 01.09.2017 bis 30.09.2017 insgesamt 109,52 Stunden gearbeitet habe. Zum 30.09.2017 sei sie aus dem Dienst ausgeschieden.
Mit Bescheid vom 12.04.2018 setzte der Beklagte den Leistungsanspruch des Klägers endgültig fest und forderte von diesem das Elterngeld für die Partnerschaftsbonusmonate zurück. Zur Begründung führte er aus, die Partnerschaftsbonusmonate stünden dem Kläger nicht zu, da seine Ehefrau - die Klägerin - in der Zeit vom 20.08.2017 bis 19.09.2017 mit geleisteten 99,75 Arbeitsstunden die Mindeststundenzahl von 110 Stunden nicht erreicht habe. Der Erstattungsbetrag belaufe sich auf 1.040,12 EUR.
Der Beklagte setzte auch den Leistungsanspruch der Klägerin endgültig fest und bewilligte Basiselterngeld im dritten Lebensmonat in Höhe von 607,82 EUR und Elterngeld-Plus vom vierten bis 14. Lebensmonat in Höhe von 568,28 EUR. Die Partnerschaftsbonusmonate stünden der Klägerin nicht zu, da sie in der Zeit vom 20.08.2017 bis 19.09.2017 die Mindeststundenzahl von 110 Stunden nicht erreicht habe. Daraus resultiere ein Erstattungsanspruch in Höhe von 225,30 EUR (Bescheid vom 13.04.2018). Daraufhin meldete sich die Klägerin beim Beklagten und teilte mit, dass sie mit der Beigeladenen als ihrer (ehemaligen) Arbeitgeberin gesprochen habe. Diese stelle eine neue Bescheinigung "mit mehr Stunden" aus, wo "man alten Urlaub noch mit reinnehmen könnte" (Vermerk des Beklagten vom 20.04.2018).
Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin zudem geltend, im Sinne der Beigeladenen habe sie vor ihrem Wechsel zur Stadt T in der Zeit vom 18.09.2017 bis 20.09.2017 noch verbleibende Überstunden abgebaut und an den restlichen Tagen verbleibenden Urlaub genommen. Sie habe jetzt mit der Beigeladenen vereinbart, dass sie den Überstundenabbau gegen Urlaubstage austauschen könne, da aus Sicht der Beig...