Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen von Unfallversicherungsschutz bei einem Arbeitsunfall als sog. Wie-Beschäftigter
Orientierungssatz
1. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB 7 bzw. § 539 Abs. 2 RVO ist unfallversichert, wer wie ein nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB 7 Versicherter tätig wird.
2. Ausschlaggebend ist, ob die Tätigkeit wie von einem Beschäftigten erbracht wurde. Dabei ist entscheidend, dass der Betreffende mit seiner Tätigkeit wesentlich eigenen Angelegenheiten nicht dienen wollte.
3. Liegen deutlich mehr Merkmale vor, die für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung sprechen als solche, welche für die Annahme einer selbständigen/unternehmerischen Tätigkeit sprechen, so ist das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung anzunehmen.
4. Bei Bestehen einer Bekanntschaft ist letztlich maßgebend, ob die Tätigkeit des Verunglückten über das hinausging, was allgemein im Rahmen der bestehenden Beziehung erwartet werden konnte (BSG Urteil vom 26. 4. 1977, 8 RU 14/77).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16.10.2017 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten auch im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Feststellung des Ereignisses vom 08.06.1994 als Arbeitsunfall.
Der am 00.00.1973 geborene Kläger stand seit August 1991 in einer Ausbildung zum Maurer, welche er ab Mai 1993 im Unternehmen Baugesellschaft T GmbH, C, durchführte.
Einige Wochen vor dem Unfall lernte er im Rahmen einer zufälligen Begegnung den T1 B (B) kennen, welcher sich ebenfalls für eine Ausbildung im Baugewerbe interessierte. Im Handwerks-Bildungs-Zentrum C (HBZ) traf man sich im Rahmen des Blockunterrichts wieder. Da der Kläger im Gegensatz zu B über ein Kraftfahrzeug verfügte, bildete man eine Fahrgemeinschaft, bei welcher der Kläger den B auf dem Hin- und Rückweg (Gesamtstrecke ca. 14 km) mitnahm, d.h. zu Hause - B wohnte in einem Jugendwohnheim - abholte und dort wieder nach Beendigung des Unterrichts absetzte. Dabei betrug die Entfernung des direkten Weges von der Wohnung des Klägers zum HBZ ca. 7,5 km (Fahrzeit 11 Minuten), die Wegstrecke von der Wohnung des B zum HBZ ca. 8 km (Fahrzeit ca. 12 Minuten). Die Fahrzeit des Klägers für die Gesamtstrecke von ca. 14 km unter Abholung des B lag bei etwa 25 Minuten. Die Ausbildung im HBZ umfasste praktische Übungen, zu denen die Auszubildenden eigenes Werkzeug benutzten konnten, wobei das HBZ, wenn Werkzeug vergessen wurde, solches auch leihweise zur Verfügung stellen konnte.
Im Unfallzeitpunkt am 08.06.1994 waren der Kläger und B seit ca. sechs Wochen miteinander bekannt und hatten eine Fahrgemeinschaft gebildet. An diesem Tag hatte der Kläger ausnahmsweise den B nicht an dessen Wohnung zur Verbringung ins HBZ abgeholt, vielmehr war dieser selbst dort hingelangt. Die Ausbildung begann im HBZ um 7:30 Uhr. Da B Handwerkszeug zu Hause vergessen hatte, fragte er den Kläger, ob der ihn in der Frühstückspause mit dessen Kraftfahrzeug nach Hause verbringen könnte, damit er, B, dort sein Werkzeug holen könne. Den Angaben des Klägers in einem späteren staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren zufolge lehnte er dieses Ansinnen zunächst ab, wurde dann aber auf wiederholtes Bitten des B "weich", so dass man zu Beginn der Frühstückspause mit dem Pkw des Klägers zur Wohnung des B aufbrach. Auf dem Weg dorthin kam der Kläger als Fahrer seines Kraftfahrzeuges von der Straße ab und prallte gegen einen Baum. Er erlitt hierbei schwere Verletzungen im Sinne eines Bauchtraumas mit Leberriss, beidseitige Oberschenkelfrakturen, einen rechtsseitigen Schienbeinkopfbruch und Brüche der rechten Mittelfußknochen. Sein Beifahrer B verunglückte tödlich.
In der Unfallanzeige teilte die T GmbH mit, der Kläger habe für und mit dem auszubildenden Kollegen B fehlendes Werkzeug für die bevorstehende Arbeit von zu Hause abholen wollen und sei auf dem Anfahrtsweg hierzu verunglückt. Im Betriebswegefragebogen gab die Fa. T an, der Unfall habe sich um 9:42 Uhr ereignet. Der Kläger sei mit dem Azubi B nach Hause gefahren, um dort bei B fehlendes Werkzeug für den Unterricht abzuholen. Man sei um 9:30 Uhr losgefahren und wäre gegen 10:10 Uhr zurück gewesen. Halter des Pkw sei ein Dritter gewesen. Der Kläger habe diesen aber benutzt. In der Verkehrsunfallanzeige der Polizei hieß es, sowohl der Kläger als auch B seien Lehrlinge im Baugewerbe. Nach Auskunft des Leiters des HBZ, Herrn H, hätten beide ohne Angabe von Gründen in der Zeit zwischen 9:20 und 9:30 Uhr das Gelände des HBZ verlassen und seien dort bereits gesucht worden. Im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gab der Verteidiger des Klägers an, B sei in einer andern Berufssparte Auszubildender im HBZ gewesen als der Kläger. Beide hätten sich gekannt. B habe den Kläger gebeten, ihn nach Hause zu fahren, weil er dort sein Handwerkszeug vergessen habe. Dies habe der Kläger zunächst abge...