Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. Berechnung. Bemessungsgrundlage. Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Nichtberücksichtigung von Insolvenzgeld. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Im Bemessungszeitraum bezogenes Einkommen ist auf den Anspruch auf Elterngeld anzurechnen.
2. Die Steuerpflichtigkeit bildet einen notwendigen Bestandteil des Einkommenbegriffs im BEEG. Steuerfreie Einkünfte sind infolgedessen nicht als Einkommen aus Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen. Das Insolvenzgeld fällt deshalb nicht unter den Begriff des Einkommens aus Erwerbstätigkeit, weil es steuerfrei gewährt wird.
3. Insolvenzgeld ist auch deshalb kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit, weil es sich nicht um Einkünfte aus nicht selbständiger Art handelt. Es ist keine Leistung aus dem Beschäftigungsverhältnis. Das Insolvenzgeld stellt nicht die Gegenleistung des Arbeitgebers für die Arbeitsleistung dar, sondern ersetzt auf der Grundlage des Versicherungsverhältnisses gerade die durch die Insolvenz ausgefallene Gegenleistung.
4. Der Ausschluss des Insolvenzgeldes von der Bemessungsgrundlage für das Elterngeld verstößt nicht gegen Verfassungsrecht. Die Gewährung von Elterngeld soll einen Ausgleich für den durch Kinderbetreuung verursachten Ausfall von Erwerbseinkommen schaffen. Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, bei der Bemessung des Elterngeldes den Bezug von Lohnersatzleistungen wie Insolvenzgeld der Erzielung von Arbeitsentgelt gleichzustellen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 27.01.2011 wird zurückgewiesen. Kosten haben sich die Beteiligten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung von Insolvenzgeld bei der Berechnung von Elterngeld.
Der 1975 geborene Kläger ist der Vater des am 00.00.2009 geborenen Kindes N. In den zwölf Monaten vor dem Geburtsmonat seines Sohnes ging der Kläger in den Monaten März bis Juli 2008 einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach.
In den Monaten Juni und Juli 2008 bezog er Insolvenzgeld in Höhe von insgesamt 3.753,28 EUR. Vom 02.08.2008 bis zum 14.09.2008 bezog er Arbeitslosengeld. Am 15.09.2008 nahm der Kläger erneut eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung auf.
Mit Bescheid vom 05.06.2009 gewährte der Beklagte dem Kläger antragsgemäß Elterngeld für den ersten und zehnten Lebensmonat des Kindes N in Höhe von je 822,59 EUR. Zur Berechnung des durchschnittlichen Nettoeinkommens berücksichtigte der Beklagte weder das im Juni und Juli 2008 gezahlte Insolvenzgeld noch das danach vom Kläger empfangene Arbeitslosengeld.
Mit Schreiben vom 30.06.2009 legte die Bevollmächtigte des Klägers gegen diesen Bescheid Widerspruch ein und führte u.A. aus, das an den Kläger gezahlte Insolvenzgeld sei zu berücksichtigen. Anders als beim Arbeitslosengeld liege eine Arbeitsleistung des Klägers zu Grunde, so dass das Insolvenzgeld mit Erwerbseinkommen gleich zu behandeln sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.12.2009 wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch mit der Begründung zurück, beim Insolvenzgeld handele es sich um eine steuerfreie Lohnersatzleistung, die deshalb bei der Bemessung des Elterngelds nicht zu berücksichtigen sei.
Am 15.01.2010 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung die Berücksichtigung des Insolvenzgeldes als Erwerbseinkommen begehrt. Insolvenzgeld stelle ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit dar. Bei der Gesetzesformulierung sei versäumt worden zu unterscheiden, ob seitens des Elterngeldberechtigten Arbeitsleistungen erbracht worden seien oder nicht.
Mit dem angefochtenen vom Urteil 27.01.2011 hat das Sozialgericht (SG) Dortmund die auf Zahlung höheren Elterngeldes durch Berücksichtigung des Insolvenzgeldes gerichtete Klage abgewiesen. Steuerfreie Einkünfte seien nicht elterngeldsteigernd zu berücksichtigen, wie sich aus der Systematik des BEEG und den Gesetzesmaterialien ergebe. Nicht zuletzt habe der Gesetzgeber das Insolvenzgeld zwischenzeitlich nicht in eine Ausnahmeregelung aufgenommen, obwohl die Problematik ihm durch die Diskussion in der Rechtsprechung bekannt geworden sei.
Die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat gegen das diesem am 11.02.2011 zugestellten Urteil am 09.03.2011 Berufung eingelegt. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts habe der Gesetzgeber die Berücksichtigung von Insolvenzgeld nur versehentlich unterlassen. Anders als bei den vom Bundessozialgericht (BSG) in seinen Urteilen vom Frühjahr dieses Jahres entschiedenen Lohnersatzleistungen liege beim Insolvenzgeld eine Arbeitsleistung des betroffenen Elternteils vor. Deshalb sei das Insolvenzgeld als Einkommen aus Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen.
Die Bevollmächtigte des Klägers beantragt,
das Urteil des Beklagten vom 27.01.2011 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 05.06.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.12.2009 zu verurteilen, dem Kläger über den bereits bewilligten Betrag hinaus unter Berücksichtigung des für die Monate Juni und Juli 2008 ge...