Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz. Missionarin auf Zeit. ehrenamtliche Tätigkeit. öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaft. Pfarrgemeinde der katholischen Kirche. Beauftragung nach Kirchenrecht. Unentgeltlichkeit. Aufwandsentschädigung. Auslandseinsatz. zeitliche Begrenzung
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage des Versicherungsschutzes einer sogenannten Missionarin auf Zeit für einen bei einem Einsatz im Ausland erlittenen Arbeitsunfall.
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 24.01.2003 sowie der Bescheid der Beklagten vom 23.10.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.09.2000 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Klägerin am 09.02.1998 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
2. Die Beklagte und die Beigeladene zu 2) tragen die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen je zur Hälfte.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin am 09.02.1998 einen Arbeitsunfall erlitt.
Die 1965 geborene Klägerin erlernte den Beruf der Bürokauffrau. Zuletzt war sie sozialversicherungspflichtig von Juli 1993 bis November 1997 als kaufmännische Angestellte für Export bei der Firma H Kunststoffwerk GmbH in R beschäftigt. Dieses Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung der Klägerin, da die Klägerin als Missionarin auf Zeit in Brasilien arbeiten und sich vor ihrem Einsatz in Brasilien u. a. durch Teilnahme an einem Ausreiseseminar auf ihre Arbeit in Brasilien vorbereiten wollte.
Unter dem 07.07.1997 unterzeichneten die Klägerin und für die Pfarrei St. J , R , deren damaliger Pfarrer, der Zeuge Generalvikar J S , einen so genannten Freiwilligendienst-Vertrag. Darin erklärte sich die Klägerin bereit, in der Pfarrei S , F Brasilien, in einem Projekt zu arbeiten. Sie sollte in der Pfarrei mitarbeiten und Kinder- und Jugendgruppen betreuen. Der Dienst sollte im Januar 1998 beginnen und spätestens nach 12 Monaten enden, soweit nicht ausdrücklich andere Regelungen vereinbart würden. Es wurde Unentgeltlichkeit vereinbart, wobei die Pfarrei S für die Klägerin sowohl die Kosten der Unterkunft als auch der Verpflegung übernehmen sollte. Grundsätzlich wurde eine Kostentragungspflicht der Klägerin für die Kosten der Auslandskrankenversicherung, Pflegeversicherung, Unfall- und Haftpflichtversicherung ebenso wie für die Kosten der Hin- und Rückreise sowie für die Kosten der für sie vorgesehenen Vorbereitungsmaßnahmen vereinbart. Lediglich hinsichtlich der Versicherungskosten wurde vereinbart, dass die Pfarrei St. J gegebenenfalls einen Zuschuss bei der Diözese Speyer beantragen werde. Die Klägerin verpflichtete sich zum Aufbau eines Unterstützerkreises und zur Zusammenarbeit mit ihm. Die Klägerin verpflichtete sich ebenso, unverzüglich die Pfarrei St. J , R , zu benachrichtigen, wenn sich wichtige Änderungen in ihren persönlichen Verhältnissen ergeben würden. Bereits mit Erklärung vom 15.03.1997 hatte sich die Pfarrei S durch den Pfarrer Monsignore O P bereit erklärt, die Klägerin für ein oder zwei Jahre als Freiwillige im Bereich der Kinderpastoral aufzunehmen. Es wurde erklärt, dass die Klägerin kein Entgelt erhalten werde. Vom Bischöflichen Ordinariat erhielt die Klägerin einen Zuschuss von insgesamt 4.916,80 DM für Flugkosten und freiwillige Versicherungen. Die Pfarrei St. J , R , übernahm die Krankenversicherungsbeiträge der Klägerin. Am 23.01.1998 wurde die Klägerin in einer offiziellen Feier in der Pfarrgemeinde St. J , R , verabschiedet. Sie wurde mit dem Segen der Pfarrgemeinde, den der Zeuge Kaplan Volker S erteilte, als Missionarin auf Zeit (MAZ) entsandt.
Nach ihrer Ankunft am 26.01.1998 nahm die Klägerin ihre Tätigkeit in der Pfarrei S , F /Brasilien, auf. Am 09.02.1998 sollte die Klägerin in Begleitung des Pfarrers der Gemeinde S ihre Einsatzorte kennen lernen und bei den verschiedenen Stationen vorgestellt werden. Auf der Rückfahrt von einer der Stationen zum Mittagessen überschlug sich der Wagen, in dem sich die Klägerin befand, auf einer Düne. Die Klägerin erlitt eine Fraktur des Brustwirbelkörpers 12 und Lendenwirbelkörpers 1 sowie einen Darmriss, der in Brasilien operativ behandelt wurde. Die Klägerin leidet seitdem an einer kompletten Paraplegie mit Blasen- und Mastdarmlähmung. Sie ist auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen. Nach der Erstversorgung der Klägerin in Brasilien wurde sie vom 14.03.1998 bis zum 15.10.1998 in der B U Klinik L stationär behandelt.
Am 12.05.1998 zeigte die Geschäftsstelle des Katholischen Pfarrverbandes R bei der Beklagten den Unfall der Klägerin vom 09.02.1998 als Arbeitsunfall an. Die Klägerin sei als MAZ in der Gemeinde S im Unfallzeitpunkt tätig gewesen. Nach Ermittlungen sowohl die Tätigkeit der Klägerin betreffend als auch in medizinischer Hinsicht lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23.10.1998 und Widerspruchsbescheid vom 28.09.2000 die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. Zur Begründung wurde im Wesentliche...