Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Befreiung von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung nach Aufnahme einer Teilzeittätigkeit nach Ablauf der Elternzeit. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Ein Befreiungsrecht nach § 8 Abs 1 Nr 3 SGB 5 besteht nicht, wenn Versicherte, die vor der Elternzeit versicherungsfrei gewesen sind, nach der Elternzeit, in der sie zunächst nach § 8 Abs 1 Nr 2 SGB 5 befreit waren, eine Teilzeittätigkeit aufnehmen.

2. Darin liegt kein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 und Art 6 Abs 4 GG.

 

Nachgehend

BSG (Vergleich vom 25.05.2011; Aktenzeichen B 12 KR 6/09 R)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 06.05.2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht.

Die 1968 geborene, bei der Beigeladenen beschäftigte Klägerin war bis zur Kündigung zum 30.11.1996 Mitglied der Beklagten in der gesetzlichen Krankenversicherung, zuletzt ab 01.01.1996 wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze als freiwilliges Mitglied. Seither ist die Klägerin privat krankenversichert. In den Zeiträumen vom 13.12.2001 bis zum 16.10.2003 sowie vom 17.10.2003 bis zum 16.10.2005 befand sich die Klägerin in Erziehungs- bzw Elternzeit und übte bei der Beigeladenen Teilzeittätigkeiten im Umfang der Hälfte der regelmäßigen Wochenarbeitszeit (20 Wochenstunden) bzw 37,5 vH der regelmäßigen Wochenarbeitszeit (15 Wochenstunden) aus. Am 12.03.2002 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht "für die Dauer meiner Erziehungszeit". Auf Nachfrage der Beklagten legte sie die Vereinbarung mit der Beigeladenen vom 14.01.2002 vor, wonach sie während der Elternzeit ab dem 13.12.2001 bis zum 16.10.2003 ihre regelmäßige Arbeitszeit auf 50 vH reduziere, ohne dass sich hieraus ein Anspruch auf ein Teilzeitarbeitsverhältnis nach Beendigung des Erziehungsurlaubes ergebe, sondern ab diesem Zeitpunkt wieder die vor der Elternzeit geltende Arbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich gelte. Mit Bescheid vom 25.04.2002 befreite die Beklagte die Klägerin nach § 8 Abs 1 Nr 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) von der Versicherungspflicht für die Zeit der nicht vollen Erwerbstätigkeit nach § 2 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG). Der Bescheid enthält den Zusatz: "Die Befreiung erstreckt sich nur auf die Dauer der nicht vollen Erwerbstätigkeit für die Zeit des Erziehungsurlaubes." Auf weiteren Antrag der Klägerin vom 14.01.2004 sprach die Beklagte eine gleich lautende Befreiung für die Zeit ab dem 17.10.2003 aus (Bescheid vom 17.02.2004).

Nach dem Ende der Elternzeit führte die Klägerin die Beschäftigung bei der Beigeladenen ab 17.10.2005 auf Grund eines Änderungsvertrages vom 29.09.2005 im Umfang von 15 Wochenarbeitsstunden fort und war wegen der Höhe ihres Entgeltes (Brutto-Monatsgehalt 1.931,25 €) krankenversicherungspflichtig. Den Antrag der Klägerin vom 06.01.2006 auf Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 8 Abs 1 Nr 3 SGB V lehnte die Beklagte mit Bescheiden vom 13.01.2006 und 07.02.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2006 ab, weil seit dem 17.10.2005 ein Befreiungstatbestand im Sinne des § 8 Abs 1 Nrn 1 bis 7 SGB V nicht gegeben sei, insbesondere sei eine Befreiung nach § 8 Abs 1 Nr 3 SGB V nicht möglich, da die Klägerin nicht unmittelbar vor Eintritt der Versicherungspflicht für fünf Jahre wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei gewesen sei. Es reiche nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (Hinweis auf Bundessozialgericht - BSG - 27.01.2000 - B 12 KR 16/99) nicht aus, dass irgendwann vorher diese Versicherungsfreiheit für fünf Jahre bestanden habe oder dass Versicherungsfreiheit zwar in den letzten fünf Jahren, nicht aber wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze bestanden habe.

Hiergegen hat die Klägerin am 08.06.2006 Klage zum Sozialgericht (SG) Koblenz erhoben und geltend gemacht, zwar müsse nach dem von der Beklagten zitierten Urteil des BSG vom 27.01.2000 die fünfjährige Versicherungsfreiheit bis unmittelbar vor der Reduzierung der Arbeitszeit bestanden haben, wobei nach dem Urteil eine Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses wegen Elternzeit oder unbezahlten Sonderurlaubs bereits dazu führe, dass eine Befreiung ausgeschlossen sei. Die Entscheidung sei jedoch als zu eng anzusehen, da sie bedeute, dass bereits ein Tag zwischen Ende der versicherungsfreien Beschäftigung und Aufnahme der versicherungspflichtigen Halbtagsbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber zum Verlust des Befreiungsrechts führen würde. Im Übrigen wäre sie, die Klägerin, ohne den Erziehungsurlaub wegen der Höhe des Arbeitsentgeltes krankenversicherungsfrei und weiterhin privat versichert. Durch die Elternzeit dürfe nach Art 3 Grundgesetz (GG) generell keine Schlechterstellung erfolgen (Hinweis auf Bundesverfassungsgericht - BVerfG...

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