nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Mainz (Entscheidung vom 20.10.2000) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 20.10.2000 sowie der Bescheid der Beklagten vom 13.11.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.1.1999 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, den Unfall des Klägers vom 25.4.1998 als Arbeitsunfall zu entschädigen.
2. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Verkehrsunfall des Klägers vom April 1998 die Voraussetzungen eines versicherten Arbeitsunfalls erfüllt.
Der 1940 geborene, in W wohnhafte Kläger ist als selbständiger Rechtsanwalt in F tätig (Entfernung von der Wohnung zur Kanzlei: 20,80 km). Er ist bei der Beklagten freiwillig gegen Arbeitsunfall versichert.
Am 30.3.1998 erhielt der Kläger die Anklageschrift für einen Mordprozess, in dem er die Verteidigung übernommen hatte. Die Verhandlung dieses Verfahrens sollte im Juni 1998 vor dem Schwurgericht in M beginnen. Zu den Prozessunterlagen gehörten nach Angaben des Klägers über 50 Leitzordner. Der Kläger rechnete seinen Angaben zufolge mit einer Verhandlungsdauer von mindestens neun Monaten.
In der Zeit vom 11. bis 25.4.1998 hielt sich der Kläger in Bad G auf und wohnte dort im Hotel "K L". Er bereitete sich dort auf das Schwurgerichtsverfahren vor.
Der Kläger leidet an den Folgen einer im Alter von sieben Jahren erlittenen Oberschenkelamputation mit Phantomschmerzen sowie an Gelenk- und Wirbelsäulenbeschwerden. Während seines Aufenthalts in Bad G wurden bei ihm Fango-, Massage- und Krankengymnastik- sowie Thermalbäderbehandlungen durchgeführt. An fünf Tagen fand eine neuraltherapeutische Behandlung zur Linderung der auf orthopädischem Gebiet beim Kläger bestehenden Beschwerden statt.
Am 25.4.1998 begab sich der Kläger um 5.00 Uhr auf die Rückreise von Bad G aus, seinen Angaben zufolge, um in seine Kanzlei nach F zu gelangen (Entfernung: 459,30 km). Auf der Autobahn in der Nähe von R wurde er mit seinem Pkw in einen Verkehrsunfall verwickelt, bei dem er sich schwere Verletzungen zuzog.
Der Kläger gab an, er habe die Vorbereitung auf den Mordprozess in Bad G durchgeführt, weil er sich gesundheitlich vor der außerordentlich anstrengenden und nervenbelastenden Hauptverhandlung in einen guten Zustand habe versetzen wollen und eine solch sorgfältige Vorbereitung ohne Störungen in der Kanzlei nicht möglich gewesen sei. Er habe in Bad G täglich mindestens fünf bis sechs Stunden der Vorbereitung auf die Hauptverhandlung gewidmet. Bei diesem Ort handele es sich um einen Thermalkurort, den er schon häufig aufgesucht habe und wo er sich in vertrauter ärztlicher Behandlung befunden habe. Er habe die gesundheitliche Vorsorge mit der beruflichen Tätigkeit gekoppelt.
Mit Bescheid vom 13.11.1998 lehnte es die Beklagte ab, den Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen. Zur Begründung hieß es: Da der Aufenthalt in Bad G sowohl privaten als auch betrieblichen Interessen gedient habe, sei die Rückfahrt als gemischte Tätigkeit zu qualifizieren. Derartige Tätigkeiten unterfielen nur dann dem Versicherungsschutz, wenn sie dem Unternehmen wesentlich dienten. Dies sei vorliegend zu verneinen. Eine Vorbereitung auf den Mordprozess sei auch in Wohnortnähe möglich gewesen.
Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers wurde durch Widerspruchsbescheid vom 19.1.1999 zurückgewiesen.
Im sozialgerichtlichen Verfahren hat der Kläger ua vorgetragen: Er wäre keinesfalls zu diesem Zeitpunkt und zusätzlich noch allein (ohne seine Ehefrau) nach Bad G gefahren, wenn er sich nicht auf das Schwurgerichtsverfahren hätte vorbereiten müssen. Bei früheren Aufenthalten in diesem Ort sei er immer von seiner Ehefrau begleitet worden.
Das Sozialgericht (SG) hat eine Auskunft des Arztes für Allgemeinmedizin Dr S aus Bad G vom März 1999, einen Befundbericht des Orthopäden Dr D aus F sowie Erkrankungsverzeichnisse der Signal-Versicherungen eingeholt.
Durch Urteil vom 20.10.2000 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger habe bei der zum Unfall führenden Fahrt nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Bei der Fahrt habe sich um eine "gemischte Tätigkeit" gehandelt , die unversichert sei. Auch wenn der Aufenthalt in Bad G überwiegend der Vorbereitung auf den Strafprozess gedient habe, habe auf der Hin- und Rückfahrt zu diesem Ort kein Versicherungsschutz bestanden. Ein solcher wäre nur gegeben gewesen, wenn die Wahl des Aufenthaltsorts wesentlich durch betriebliche Interessen begründet gewesen wäre. Dies sei aber nicht der Fall. Dafür sei von Bedeutung, dass der Kläger nicht nach Bad G gefahren wäre, wenn er keine privaten Beweggründe für den Aufenthalt in dem Kurort gehabt hätte. Wenn ein Versicherter einen Aufenthaltsort für seine Tätigkeit frei wähle, der selbst in keinerlei bestimmter Beziehung zur betrieblichen Tätigkeit stehe, könne er bei der Anreise...