nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Speyer (Entscheidung vom 21.11.2001; Aktenzeichen S 5 AL 915/99) |
Tenor
1. Das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 21.11.2001 -S 5 AL 915/99- wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe des dem Kläger zu gewährenden Insolvenzgeldes (Insg). Vorrangig geht es um die Frage, ob dem Kläger Insg ohne Abzug der fiktiven Lohnsteuer zusteht.
Der 1968 geborene Kläger ist französischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in 5 B (Lothringen). Er arbeitete als Grenzgänger in Pirmasens bei der Firma F S Söhne GmbH & Co KG. Nach § 39 b Abs 6 Einkommenssteuergesetz (EStG) in Verbindung mit dem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Frankreich, Art 13 Abs 5, unterlag der Arbeitslohn des Klägers in der Bundesrepublik Deutschland nicht dem Steuerabzug (Bescheinigung des Finanzamtes Pirmasens vom 27.11.1997). Über das Vermögen der Firma F S Söhne GmbH & Co KG eröffnete das zuständige Insolvenzgericht am 16.07.1999 das Insolvenzverfahren. Am 28.09.1999 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Insg für ausstehenden Lohn der Monate Mai, Juni und Juli 1999. Nach der Insolvenzgeldbescheinigung des Insolvenzverwalters stand dem Kläger nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge, des bereits gezahlten Arbeitsentgeltes und der gesetzlichen Abzüge, also Lohnsteuer, Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag, noch Restlohn in einer Gesamthöhe von 4281,28 DM zu. Mit Bescheid vom 28.09.1999 bewilligte die Beklagte dem Kläger Insg in dieser Höhe. Gegen die Leistungshöhe wandte sich der Kläger mit dem Widerspruch und wies zur Begründung darauf hin, dass er Grenzgänger und daher nach deutschem Recht nicht lohnsteuerpflichtig sei, so dass ein Lohnsteuerabzug im Rahmen des ihm zustehenden Insg nicht vorgenommen werden dürfte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.10.1999 wies die Beklagte den Widerspruch unter Bezugnahme auf § 185 Abs 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) als unbegründet zurück, weil der Kläger im Inland von der Steuerpflicht befreit sei und das erhaltene Insg auch in Frankreich nicht versteuern müsse. In der Rechtsbehelfsbelehrung ist darauf hingewiesen, dass innerhalb von drei Monaten nach Zustellung bzw. Bekanntgabe der Entscheidung Klage beim Sozialgericht Nürnberg erhoben werden könne. Der Bescheid wurde dem Kläger per Einschreiben zugesandt; den Empfang hat er ohne Datumsangabe unterschriftlich bestätigt. Am 12.11.1999 wurde der Rückschein vom Postamt B abgestempelt an die Beklagte zurückgesandt.
Am 13.12.1999 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Speyer (SG) Klage erhoben.
Der Kläger hat im Klageverfahren eine Bescheinigung vorgelegt, wonach er beim Finanzamt Sarreguemines, Abteilung B einen Betrag von 14.358,- Francs versteuert und er diesen Betrag als "Arbeitslosengeld" erhalten hat.
Mit Urteil vom 21.11.2001 hat das SG der Klage stattgegeben und die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Bescheides verurteilt, dem Kläger Insg für den streitigen Zeitraum nach den gesetzlichen Vorschriften ohne Abzug der Lohnsteuer zu gewähren.
Gegen das ihr am 30.11.2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11.12.2001 Berufung eingelegt.
Nach einer vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Bescheinigung der Steuergeneraldirektion von Sarreguemines Sa B vom 12.06.2002 hat er seine "Einkünfte von 1999 über eine Summe von 14.358 Francs, eingenommen als Insolvenzgeld" dort versteuert.
Die Beklagte trägt vor:
Die Entscheidung des SG überzeuge nicht. Dem Kläger stehe Insg nicht ohne Abzug der fiktiven Lohnsteuer zu. Dies ergebe sich aus § 185 Abs. 2 Nr. 2 SGB III. Nach dieser Vorschrift sei das Arbeitsentgelt um die Lohnsteuer zu vermindern, die bei Einkommenssteuerpflicht im Inland nach Abzug vom Arbeitsentgelt erhoben würde, wenn der Arbeitnehmer im Inland nicht einkommensteuerpflichtig sei und das Insg nach den für ihn außerhalb des Geltungsbereiches des Einkommensteuergesetzes maßgeblichen Vorschriften nicht der Steuer unterliege. Diese Regelung erfasse auch Grenzgänger wie den Kläger. Das im Inland ausgezahlte Insg sei in Frankreich nicht steuerpflichtig. Dies ergebe sich auch aus der Verständigungsvereinbarung der Bundesrepublik u.a. mit Frankreich, die im Bundessteuerblatt 1979 veröffentlicht sei. Eine andere Rechtsauffassung würde im übrigen dazu führen, dass der Kläger ansonsten einen ungerechtfertigten Vorteil aus dem Bezug einer Sozialleistung erzielen würde. Daher sei es auch unerheblich, ob der Kläger möglicherweise fehlerhaft das ihm gewährte Insg tatsächlich in Frankreich versteuert habe. Entscheidend sei insoweit lediglich, ob eine rechtliche Verpflichtung hierzu bestanden habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 21.11.2001 -S 5 AL 915/99- aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor:
Zu Recht habe das SG die Beklagte verurteilt, ...