Rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellungsinteresse. Mitgliedschaft, Krankenkassenfusion, Beitragserhöhung, Sonderkündigungsrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Beitragserhöhung, die zu einer Kündigung der Mitgliedschaft berechtigt, kann auch dann vorliegen, wenn eine Krankenkasse, die durch den Zusammenschluß zweier bisher selbständiger Krankenkassen entstanden ist, ihren Beitrag erstmals festsetzt.

 

Normenkette

SGG § 55 Abs. 1 Nr. 1; SGB V § 173 Abs. 1, § 175 Abs. 4 Sätze 1, 3

 

Verfahrensgang

SG Magdeburg (Aktenzeichen S 6 KR 24/99)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerinnen und des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg abgeändert:

Die Bescheide der Beklagten vom 8. Oktober 1998 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 18. Dezember 1998 und der Bescheid vom 15. Dezember 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. April 1999 werden aufgehoben und es wird festgestellt, dass die Mitgliedschaften der Klägerinnen zu 1) bis 3) bei der Beklagten am 31. Oktober 1998 beendet worden sind.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits der Klägerinnen zu 1) bis 3) und des Klägers zu 4) zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, zu welchem Zeitpunkt die Mitgliedschaften der Klägerinnen zu 1. bis 3. bei der Beklagten beendet worden sind.

Der vormalige Kläger zu 4., R. L. (im folgenden als Arbeitgeber bezeichnet), betrieb die Firma „Die P.” mit zwei Geschäftslokalen in M. Über das Vermögen der Firma ist mit Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 16. Oktober 2002 (Geschäfts-Nr. 361 IN 365/02 S) das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Zum Insolvenzverwalter hat das Gericht Rechtsanwalt F. aus M. bestellt. Dieser hat mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2003 gegenüber dem Landessozialgericht erklärt, in das Verfahren einzutreten und es fortführen zu wollen.

Die Klägerinnen zu 1. bis 3. nahmen am 3. August, 13. Juli und 16. Februar 1998 Beschäftigungen bei der Firma „Die P.” auf. Der Arbeitgeber meldete die Klägerinnen jeweils mit der Aufnahme der Beschäftigung zur Krankenversicherung bei der AOK Magdeburg an. Die Klägerin zu 1. war bis zum 31. Dezember 1999, die Klägerin zu 2. bis zum 31. Januar 2001 und die Klägerin zu 3. bis zum 11. Dezember 1999 bei der Firma „Die P.” beschäftigt.

Die Vertreterversammlungen der AOK Magdeburg und der AOK Halle beschlossen im Jahre 1998 eine Fusion der beiden Kassen, aus der mit Wirkung zum 1. September 1998 die AOK Sachsen-Anhalt hervorging. Diese setzte den für pflichtversicherte Beschäftigte geltenden allgemeinen Beitragssatz ab dem 1. September 1998 auf 14,4 vom Hundert fest. Vorher galt bei der AOK M. ein allgemeiner Beitragssatz von 14,1 vom Hundert und bei der AOK H. ein allgemeiner Beitragssatz von 13,9 vom Hundert des beitragspflichtigen Einkommens.

Die Klägerinnen zu 1. bis 3. erklärten mit am 25. und 29. September 1998 bei der AOK M. eingegangenen Schreiben die Kündigung der Mitgliedschaft und teilten mit, sie seien seit dem 1. November 1998 bei einer anderen Krankenkasse versichert. Der Arbeitgeber meldete die Klägerinnen bei der Beklagten zum 31. Oktober 1998 mit der Begründung „Kassenwechsel” als versicherungspflichtige Mitglieder ab. Bei der Beigeladenen galt damals ein allgemeiner Beitragssatz von 13,2 vom Hundert.

Nach vorangegangenen Anmeldungen der Klägerinnen zu 1. bis 3. als versicherungspflichtige Beschäftigte bei der Beigeladenen stellte diese jeweils unter dem Datum vom 22. Oktober 1998 an den Arbeitgeber adressierte Mitgliedsbescheinigungen für die drei Klägerinnen aus. Die Mitgliedsbescheinigungen sind dem Arbeitgeber nach dessen Erinnerung entweder am 24. oder 26. Oktober 1998 zugegangen.

Die Beklagte erklärte gegenüber den Klägerinnen mit Schreiben vom 8. Oktober 1998, ein Sonderkündigungsrecht zum 31. Oktober 1998 bestehe nicht. Gegenüber dem Arbeitgeber teilte die Beklagte mit Schreiben ebenfalls vom 8. Oktober 1998 jeweils mit, er könne wirksam keine Abmeldung vornehmen. Ein von den Arbeitsnehmerinnen offenbar vorausgesetztes Sonderkündigungsrecht bestehe nicht. Rechtsbehelfsbelehrungen waren den Schreiben nicht beigefügt.

Die Klägerinnen zu 1. bis 3. erhoben am 27. Oktober 1998 bei der Beklagten Widerspruch gegen die Schreiben vom 8. Oktober 1998 und gaben jeweils zur Begründung an, durch den Arbeitgeber sei eine Abmeldung zum 31. Oktober 1998 erfolgt, weil sie ab dem 1. November 1998 bei einer anderen Krankenkasse versichert seien. Ergänzend führten sie aus, sie seien zu keinem Zeitpunkt der Beklagten beigetreten. Die Anmeldungen habe der Arbeitgeber vorgenommen. Sie seien nicht gefragt worden, wodurch ihr Kassenwahlrecht ungerechtfertigt eingeschränkt worden sei.

Die Beigeladene führte die Klägerinnen zu 1. bis 3. aufgrund der bei ihr eingegangenen Anmeldungen durch den Arbeitgeber jeweils ab dem 1. November 1998 als Mitglieder. Gesonderte Bescheide hierüber erteilte sie nicht. Der Arbeitgeber führte die Krankenkassenbeiträge für die Klägerinnen zu 1.–3. für die Zeit ab Novem...

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