Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. Anwartschaftszeit. Versicherungspflichtverhältnis. Vorbereitungsdienst. Juristenausbildung in Sachsen-Anhalt. Berufsausbildung. Bemessungsentgelt. Arbeitsentgelt. Unterhaltsbeihilfe. sozialrechtlicher Herstellungsanspruch. Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei dem Vorbereitungsdienst nach § 6 des Gesetzes über die Juristenausbildung im Land Sachsen-Anhalt vom 16.7.2003 (GVBl LSA S 167)(Juris: JAG ST) handelt es sich um eine Berufsausbildung iSv § 25 Abs 1 S 1 SGB 3.

2. Bei der während dieses Vorbereitungsdienstes gezahlten Unterhaltsbeihilfe handelt es sich um Arbeitsentgelt iSv § 14 Abs 1 SGB 4.

3. Tritt nach Abschluss des Vorbereitungsdienstes Arbeitslosigkeit ein, so ist für die Leistungsbemessung das im davor liegenden Bemessungszeitraum erzielte Arbeitsentgelt maßgeblich. Für eine fiktive Leistungsbemessung besteht keine gesetzliche Grundlage.

4. Rechtsfolge des sog sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kann nicht ein Anspruch auf Ausgleich des finanziellen Schadens sein, den der Betroffene nach seinem Vortrag infolge einer fehlerhaften Beratung erlitten hat.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen und die hilfsweise erhobene Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Anspruches des Klägers auf Arbeitslosengeld (Alg).

Der 1970 geborene Kläger absolvierte bis zum 21. Januar 2004 ein rechtswissenschaftliches Studium. Am 1. September 2004 trat er als Rechtsreferendar den Vorbereitungsdienst in Sachsen-Anhalt mit dem O.-gericht N. als Stammdienststelle an. Bei dem Vorbereitungsdienst handelte es sich nach § 6 des Gesetzes über die Juristenausbildung im Land Sachsen-Anhalt vom 16. Juli 2003 - Juristenausbildungsgesetz - (GVBl. LSA 2003, S. 167) um ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis. Nach § 7 Abs. 1 Juristenausbildungsgesetz erhält der Rechtsreferendar in dem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis eine monatliche Unterhaltsbeihilfe. Der Kläger nahm bis zum 18. Juli 2007 an dem Vorbereitungsdienst teil und beendete seine juristische Ausbildung mit dem erfolgreichen Ablegen der Zweiten Juristischen Staatsprüfung am 19. Juli 2007.

Am 19. Juli 2007 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos. In einer Arbeitsbescheinigung vom 15. August 2007 bestätigte die Bezügestelle D. der Oberfinanzdirektion M. für den Kläger den Bezug eines beitragspflichtigen Bruttoarbeitsentgelts für die Zeit vom 1. Juli 2006 bis zum 18. Juli 2007 in Höhe von insgesamt 10.020,50 EUR. Auf der Bescheinigung war angegeben, es seien Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet worden und auf der Lohnsteuerkarte des Klägers sei die Steuerklasse I ohne Kinderfreibetrag eingetragen gewesen. Die Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 22. August 2007 Alg für die Zeit ab dem 19. Juli 2007 für 360 Kalendertage in Höhe von 13,47 EUR täglich und legte hierbei unter Berücksichtigung der von der Bezügestelle D. bescheinigten Daten ein Bemessungsentgelt in Höhe von 28,42 EUR täglich, die Lohnsteuerklasse I und einen Leistungssatz von 60 vom Hundert zugrunde.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 21. September 2007 Widerspruch ein, den er wie folgt begründete: Er habe vor Eintritt der Arbeitslosigkeit Unterhaltsbeihilfe erhalten. Diese sei kein Arbeits- oder Ausbildungsentgelt. Deshalb sei das Alg auf der Grundlage eines fiktiven Einkommens zu berechnen, wie er es nach dem Bestehen der Zweiten Juristischen Staatsprüfung hätte erzielen können. Es sei die Besoldungsgruppe R 1, hilfsweise A 13, der Bundesbesoldungsordnung zugrunde zu legen, hilfsweise eine Entgeltgruppe E 13 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 1. Oktober 2007 als unbegründet zurück und führte aus, bei der Unterhaltsbeihilfe habe es sich um Arbeitsentgelt gehandelt.

Der Kläger hat am 29. Oktober 2007 Klage beim Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben und ausgeführt: Rechtsreferendare seien von der Rentenversicherungspflicht befreit und es gelte ein geminderter Beitragssatz in den übrigen Zweigen der Sozialversicherung. Die vorgenommene Bemessung verstoße auch gegen das Sozialstaatsprinzip. Außerdem sei er vor Erlass des Ausgangsbescheides nicht angehört worden. Zudem sei er bei der Stellung des Antrags auf Alg von einer Mitarbeiterin der Beklagten falsch beraten worden. Auf seine diesbezügliche Frage hin sei ihm gesagt worden, einen Antrag auf Arbeitslosengeld II könne er erst nach dem Auslaufen des Anspruchs auf Alg stellen. Er sei nicht auf die Möglichkeit hingewiesen worden, Arbeitslosengeld II neben Alg beziehen zu können.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 29. Juli 2009 als unbegründet abgewiesen: Eine fiktive Bemessung scheide aus, weil der Kläger im Bemessungszeitraum Arbeitsentgelt erhalten habe.

Gegen das ihm am 7. August 2009 zugestellte Urteil hat der Kläg...

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