Entscheidungsstichwort (Thema)

Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein. Vergütungsanspruch eines privaten Arbeitsvermittlers. öffentlich-rechtlicher Zahlungsanspruch des privaten Arbeitsvermittlers gegen die BA. Ablehnung durch Verwaltungsakt. Auszahlung an Arbeitsvermittler oder Träger. Ermessensreduktion. kein Verzinsungsanspruch. keine Kostenbefreiung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein privater Arbeitsvermittler erhält die Vermittlungsvergütung von der Agentur für Arbeit nicht aufgrund des mit einer zu vermittelnden Arbeitnehmerin oder einem zu vermittelnden Arbeitnehmer abgeschlossenen (nur öffentlich-rechtlich überlagerten) Vermittlungsvertrages, sondern aufgrund der sozialrechtlichen Regelungen der §§ 45 Abs 6, 83 Abs 2 SGB III (Anschluss an LSG Berlin-Potsdam vom 28.4.2016 - L 32 AS 846/15).

2. Die Auszahlung der Vermittlungsvergütung ist nicht von einer im Ermessen der Agentur für Arbeit stehenden Entscheidung hierüber abhängig. Bei der in § 45 Abs 6 S 2 SGB III geregelten entsprechenden Anwendung des § 83 Abs 2 S 1 SGB III ist eine Ermessensreduktion dergestalt anzunehmen, dass typischerweise an den Arbeitsvermittler auszuzahlen ist (Anschluss an LSG Berlin-Potsdam vom 28.4.2016 - L 32 AS 846/15).

3. Eine Verzinsung des Anspruchs des Arbeitsvermittlers kommt nicht in Betracht. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus § 44 SGB I noch aus einer direkten oder entsprechenden Anwendung der §§ 288, 280, 286 Abs 2 BGB.

4. Aus der Rechtsnatur der Vermittlungsvergütung ergibt sich für die Kostenentscheidung, dass der private Arbeitsvermittler kein von der Tragung von Gerichtskosten befreiter Leistungsempfänger iS von § 183 SGG ist.

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 20. Januar 2016 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, 1.000,00 EUR an den Kläger zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen außergerichtli-chen Kosten des Klägers.

Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird mit 1.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger verfolgt einen Anspruch auf Auszahlung einer Vermittlungsvergütung durch die Beklagte für die Vermittlung der Beigeladenen in eine versicherungspflichtige Beschäftigung.

Der Kläger betrieb als zugelassener Träger eine private Arbeitsvermittlung handelnd unter der Firma A. P. Arbeitsvermittlung. Ein Gewerbe mit der Tätigkeitsangabe "private Arbeits-vermittlung, Hausverwaltung" hatte der Kläger am 19. Januar 2010 in M. angemeldet.

Die Beigeladene war arbeitslos und ihr war mit Bescheid der Beklagten vom 19. November 2012 Arbeitslosengeld für die Zeit bis zum 13. Januar 2013 bewilligt worden. Mit einem Schreiben vom 3. Dezember 2012 teilte die Beklagte der Beigeladenen mit, dass deren Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 136 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III) voraussichtlich am 13. Januar 2013 ende und dass sie dann einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II habe, wenn die entsprechenden Voraussetzungen dafür (z.B. Bedürftigkeit) vorlägen.

Unter dem Datum vom 20. Dezember 2012 stellte die Beklagte der Beigeladenen einen "Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein" (im Folgenden als Vermittlungsgutschein bezeich-net) aus. Dieser enthielt eine Förderzusicherung mit dem Inhalt:

"Förderzusicherung - Für eine Maßnahme mit dem Ziel: Arbeitsvermittlung in eine versiche-rungspflichtige Beschäftigung - Für die Zeit vom: 20.12.2012 bis zum 20.3.2013 (Gültigkeits-dauer des Gutscheins) - Dieser Gutschein berechtigt zur Auswahl eines zugelassenen Trägers (private Arbeitsvermittlung) im Bundesgebiet - für die Arbeitsvermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung im Bundesgebiet - Vermittlungsvergütung: 2.000 Euro" - Unterhalb der Fördersicherung war unter der Überschrift "Nebenbestimmungen: Zeitliche Befristung der Zusicherung (Gültigkeitsdauer)" unter anderem angegeben: "Die Befristung (Gültigkeitsdauer) endet mit folgenden Ereignissen 2. Ende des Anspruchs auf Arbeitslosen-geld."

Am 8. Januar 2013 schloss der Kläger mit der Beigeladenen einen "Aktivierungs- und Vermittlungsvertrag" in dem er sich verpflichtete, sich um die Vermittlung einer Arbeitsstelle für die Beigeladen zu bemühen. Im § 3 des Vertrages war die Vermittlungsvergütung geregelt. Dabei war auch geregelt, dass der Anspruch gegen die Beigeladene bei Vorlage eines gültigen Vermittlungsgutscheins bis zur Zahlung der Vergütung durch die Beklagte gestundet war. Wegen des genauen Inhalts wird auf die Kopie des Vertrages in dem von der Beklagten überreichten Hefter mit einer Kopie der Verwaltungsakte Bezug genommen. Die Beigeladene übergab dem Kläger den ihr von der Beklagten ausgestellten Vermittlungsgutschein.

Am 13. März 2013 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Auszahlung eines Betrages in Höhe von 1000,00 EUR...

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