Dr. Christine Susanne Rabe
Mediation als Konfliktlösungsverfahren wird aufgrund von Konfliktentwicklungen häufig spät eingesetzt, nämlich dann, wenn ein Konflikt bereits entstanden und ggf. sogar ein Stück weit eskaliert ist. In Unternehmen empfiehlt sich daher, die Struktur und die Arbeitsmethoden der Mediation in die allgemeine Gesprächsführung zu übernehmen und so bereits die Entstehung von Konflikten zu vermeiden.
Bei der mediativen Gesprächsführung geht es darum, wie ein Gespräch sinnvoll vorbereitet und ergebnisorientiert geführt werden kann. Der Ablauf ähnelt dem eines Mediationsverfahrens, nur dass es sich komprimiert um ein einzelnes Gespräch handelt (was mögliche Folgegespräche natürlich nicht ausschließt).
Mediative Gesprächsführung
- Schritt: Gesprächsrahmen festlegen
- Schritt: Gesprächsthema benennen
- Schritt: Wechselseitige Interessen herausarbeiten und Entscheidungskriterien benennen
- Schritt: Ergebnisse/Lösungen ermitteln und umsetzen
8.1 Gesprächsrahmen festlegen
Derartige Gespräche sollten immer gut vorbereitet werden. Dazu gehört, dass allen Beteiligten des Gesprächs der Rahmen klar ist. Ebenso erforderlich ist ein klares Zeitmanagement. Der zeitliche Umfang des Gesprächs sollte festgelegt und eingehalten werden, um mögliche Verzögerungen von Folgeterminen zu vermeiden. Ist die Dauer des Gesprächs nicht abschätzbar, weil eine Vielzahl von klärungsbedürftigen Punkten ansteht, sollte dies im Vorfeld ausdrücklich kommuniziert werden.
Zudem sollte zwischen den Gesprächsteilnehmern zeitlich vor der inhaltlichen Bearbeitung des eigentlichen Themas Konsens darüber bestehen, ob die Inhalte des Gesprächs vertraulich sind oder nicht. Es kommt nicht darauf an, wie die Absprache konkret aussieht. Wichtig ist, dass alle Beteiligten von den gleichen Voraussetzungen ausgehen.
Der Initiator des Gesprächs sollte zudem Sorge dafür tragen, dass der Gesprächsort entsprechend vorbereitet ist und die Gesprächsteilnehmer darüber informieren, was ggf. selbst mitgebracht werden muss.
8.2 Gesprächsthema benennen
Bereits im Vorfeld des Gesprächs sollte das zu besprechende (Kern-)Thema bzw. die Themen mitgeteilt werden, um Überrumpelungseffekte zu vermeiden. Transparenz sorgt an dieser Stelle dafür, dass sich alle Gesprächsteilnehmer optimal (auf das zu besprechende Thema) vorbereiten und ggf. fehlende Informationen beschaffen können. Der Initiator des Gesprächs sollte bei der Planung darauf achten, dass das Gespräch thematisch nicht überfrachtet wird.
Gesprächstermine nicht überfrachten!
Wird für das Gespräch ein Zeitrahmen von 1 bis 1,5 Stunden angesetzt, ist es unrealistisch, mehr als ein bis maximal zwei Themen inhaltlich umfassend zu erörtern. Ist die Themenliste lang, gilt hier der gleiche Grundsatz wie in der Mediation: Erst sollten die zeitlich dringlichen Themen abgearbeitet werden.
Thematische Änderungen sollten nur vorgenommen werden, wenn alle Gesprächsteilnehmer einverstanden sind und alle notwendigen Informationen vorliegen.
8.3 Wechselseitige Interessen herausarbeiten und Entscheidungskriterien benennen
Für die inhaltliche Bearbeitung kann uneingeschränkt auf die Ausführungen zu Phase 3 des Mediationsverfahrens verwiesen werden. Der Initiator des Gesprächs wird regelmäßig die Gesprächsführung übernehmen und sollte in Bezug auf das Gesprächsthema nicht nur die Positionen der Teilnehmer aufnehmen, sondern auch die dahinter liegenden Interessen herausarbeiten. Anschließend können dann konkrete Entscheidungskriterien entwickelt werden.
Ein möglicher Kontrollsatz lautet:
Ich kann jeder Entscheidung zustimmen, die sicherstellt, dass …
Erfüllt eine mögliche Entscheidung alle Kriterien, ein Gesprächsteilnehmer kann ihr aber trotzdem nicht zustimmen, ist das ein Indiz dafür, dass noch nicht alle Entscheidungskriterien ermittelt worden sind.
8.4 Ergebnisse/Lösungen ermitteln und umsetzen
Im Anschluss können – wie bei einer Mediation – unterschiedliche Entscheidungsvorschläge entwickelt und evaluiert werden. Das Ergebnis und die wesentlichen Argumente/Entscheidungskriterien sollten aus Gründen der Transparenz dokumentiert und allen Gesprächsbeteiligten zugänglich gemacht werden.
Konnte das Thema im Gesprächstermin nicht abschließend bearbeitet werden, sollten der aktuelle Gesprächsstand, die offenen Punkte und die Absprachen zum weiteren Vorgehen festgehalten werden.