Prof. Dr. jur. Tobias Huep
Der Medizinische Dienst (MD) ist gemäß § 278 Abs. 1 Satz 1 SGB V eine grundsätzlich auf Länderebene eingerichtete unabhängige, selbstständige und rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts. Daneben besteht als übergeordnete Spitzenorganisation der "Medizinische Dienst Bund (MDB)". Der MD unterstützt die Krankenkassen in allen sozialmedizinischen und pflegefachlichen Angelegenheiten.
Der Medizinische Dienst ist den Krankenkassen nicht weisungsunterworfen, kein Organ oder Vertreter der Krankenkasse und auch haftungsrechtlich nicht ihr Erfüllungsgehilfe.
Die gutachterliche Tätigkeit des MD ist Kernbestandteil der den Krankenkassen gemäß §§ 20, 21 SGB X verpflichtend obliegenden Sachverhaltsermittlung. Die Begutachtung ist damit ein rein behördeninternes Verfahren ohne Außenwirkung; der Versicherte kann sich rechtlich nicht isoliert gegen das Ergebnis seiner Begutachtung wehren. Er hat auch grundsätzlich keinen Anspruch auf Herausgabe oder (digitale) Übermittlung der Gutachten oder Ergebnisse des Medizinischen Dienstes. Mit dem Ombudsmann besteht allerdings gemäß § 278 Abs. 3 SGB V beim Medizinischen Dienst eine vertrauliche Beschwerdestelle, an die sich u. a. die Versicherten ohne größere formale Hürden wenden können.
Die vielfältigen Aufgaben des Medizinischen Dienstes ergeben sich aus den §§ 275–277 SGB V. Arbeitsrechtliche Bedeutung hat der Medizinische Dienst vor allem im Zusammenhang mit der Feststellung und Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers. Hauptaufgabe des Medizinischen Dienstes ist dabei gemäß § 275 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V die Erstellung von Gutachten über die Arbeitsunfähigkeit der Versicherten i. S. d. § 3 EFZG. Oft wird der Medizinische Dienst auf Verlangen des Arbeitgebers tätig, wenn dieser Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit seines Arbeitnehmers hat.
Diese Regelung gilt allerdings nur für Arbeitnehmer, die in der gesetzlichen Krankenkasse versichert sind.
Inhaltlich orientiert sich die Begutachtung des Medizinischen Dienstes an der verbindlichen "Begutachtungsanleitung Arbeitsunfähigkeit" des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen (SpiBuKK).
Der MD darf nach § 276 Abs. 2 Satz 1 SGB V Sozialdaten erheben und speichern, soweit dies für die Prüfungen, Beratungen und gutachtlichen Stellungnahmen erforderlich ist.
Sofern sich im Rahmen der Überprüfung der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit i. S. d. § 275 Abs. 1 Nr. 3b, Abs. 1a und Abs. 1b SGB V aus den ärztlichen Unterlagen ergibt, dass der Versicherte aufgrund seines Gesundheitszustands nicht in der Lage ist, einer Vorladung des Medizinischen Dienstes Folge zu leisten oder wenn der Versicherte einen Vorladungstermin unter Berufung auf seinen Gesundheitszustand absagt und der Untersuchung fernbleibt, soll die Untersuchung in der Wohnung des Versicherten stattfinden. Verweigert er hierzu seine Zustimmung, kann ihm die Leistung versagt werden.
Nach § 275 Abs. 1a Satz 2 SGB V hat die Prüfung der AU "unverzüglich" nach Vorlage der ärztlichen Bescheinigung zu erfolgen. Auch die Überprüfung auf Antrag des Arbeitgebers hat dem zu entsprechen. Der Arbeitgeber muss daher ohne schuldhaftes Zögern zumindest den Antrag gemäß § 275 Abs. 1a Satz 3 SGB V unmittelbar nach der Anzeige der AU bei der Krankenkasse stellen. Eine spätere Überprüfung ist schon deshalb ausgeschlossen, weil sich der Gesundheitszustand und die darauf basierende AU nicht mehr mit ausreichender medizinischer Gewissheit feststellen lässt. Dies gilt insbesondere auch für eine Überprüfung erst nach Ende des Krankengeldbezugs.
Die Krankenkasse hat, solange ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts besteht, dem Arbeitgeber und dem Versicherten das Ergebnis des Gutachtens des Medizinischen Dienstes über die Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen, wenn das Gutachten mit der Bescheinigung des Vertragsarztes im Ergebnis nicht übereinstimmt. Die Mitteilung darf keine Angaben über die Krankheit des Versicherten enthalten.