Die Meinungsfreiheit ist verfassungsrechtlich verankert in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Danach hat jeder das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Für eine Grundlage der Meinungsbildung garantiert dieselbe Norm auch das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten, also die Informationsfreiheit.
Die Meinungsfreiheit fügt sich ein in das generelle System der Grundrechte. Hiernach sind Grundrechte primär Abwehrrechte des Bürgers gegenüber dem Staat. Gleichwohl erschöpft sich die Bedeutung der Grundrechte nicht in ihrer Abwehrfunktion. Ebenso begründen sie eine objektive Werteordnung. Die Meinungsfreiheit hat eine zentrale Bedeutung in einer offenen und demokratischen Gesellschaft. Daher gelten Grundrechte wie die Meinungsfreiheit nach den Grundsätzen der sog. mittelbaren Drittwirkung auch im Arbeitsverhältnis.
Das Bundesverfassungsgericht prüft die Frage, ob die Meinungsfreiheit verletzt ist, danach, ob ihr Schutzbereich berührt ist, ein Eingriff vorliegt und ob sich dieser rechtfertigen lässt. Für diesen Beitrag ist insbesondere der sog. Schutzbereich relevant.
Schutzbereich
Der Schutzbereich definiert in sachlicher Hinsicht, was überhaupt eine Meinung ist und was von vornherein nicht als Meinung zu verstehen ist und daher auch nicht geschützt ist.
Eine Meinung ist gekennzeichnet durch ihre Subjektivität. Sie ist geprägt durch ein Element der Stellungnahme, des Dafürhaltens und Meinens im Rahmen einer geistigen Auseinandersetzung. Damit ist das charakteristische Merkmal einer Meinung, dass eine einzelne Person einen Teil ihres geistigen Innenlebens nach außen trägt. Sie genießt den Schutz des Grundrechts, ohne dass es darauf ankäme, ob die Äußerung begründet oder grundlos, emotional oder rational ist oder Dritte sie als wertvoll, wertlos, gefährlich oder harmlos einschätzen.
Es ist anerkannt, dass Arbeitnehmer im Rahmen der Meinungsfreiheit – auch öffentlich – Kritik am Arbeitgeber, ihren Vorgesetzten und den betrieblichen Verhältnissen üben und sich dazu auch überspitzt äußern dürfen. Die Meinungsfreiheit gilt unabhängig davon, welches Medium (Zeitung, Fernsehen, Intranet, Internet, soziale Medien) der Arbeitnehmer zur Meinungsäußerung nutzt. Der Grundrechtsschutz bezieht sich sowohl auf den Inhalt als auch auf die Form der Äußerung.
Stehen Tatsachenbehauptungen in Rede, hängt das Ergebnis der Abwägung von ihrem Wahrheitsgehalt ab. Wahre Aussagen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre Aussagen indes nicht. Das gilt auch für Äußerungen, in denen tatsächliche und wertende Elemente miteinander vermengt sind. Bei der Abwägung fällt in diesem Fall die Richtigkeit des tatsächlichen Äußerungsgehalts ins Gewicht, der dem Werturteil zugrunde liegt.
Aus dem Schutzbereich fallen solche Aussagen heraus, die von vornherein nicht darauf abzielen, einen Beitrag zu einer Diskussion beizutragen, sondern stattdessen allein darauf abzielen, eine Person herabzuwürdigen. Erweist sich das in einer Äußerung enthaltene Werturteil als Angriff auf die Menschenwürde, Formalbeleidigung oder Schmähkritik, muss die Meinungsfreiheit regelmäßig zurücktreten. Als Formalbeleidigung zählen Bezeichnungen einer Person, die grob abwertend ohne jegliche sachliche Auseinandersetzung eine Person in ihrem Ehr- und Achtungsanspruch und damit die unantastbare Menschenwürde des Betroffenen verletzt. Auch bei einer Schmähkritik steht nicht mehr eine Auseinandersetzung in der Sache im Vordergrund, sondern die Diffamierung einer Person. Sie liegt vor, wenn kein nachvollziehbarer Bezug zu einer sachlichen Auseinandersetzung mehr besteht und es dem Äußernden nur darum geht, die betroffene Person zu verächtlichen und dazu insbesondere gesellschaftlich absolut missbilligte und tabuisierte Begriffe nutzt.
Mehrere Deutungsmöglichkeiten
Zur Auslegung von Äußerungen ist zu berücksichtigen, dass der Interpret nicht ohne Weiteres die für den Äußernden ungünstigste Deutung wählen darf. Stattdessen ist unter mehreren Deutungsmöglichkeiten diejenige zu wählen, die am ehesten unter den Schutzbereich der Meinungsfreiheit fällt, es sei denn, diese lässt sich sicher ausschließen.
Obgleich Grundrechte an sich Abwehrrechte des Bürgers gegenüber dem Staat sind, ist seit langem anerkannt, dass sie auch auf privatrechtliche Beziehungen und Vertragsverhältnisse mittelbar ausstrahlen, insbesondere auch auf das Arbeitsverhältnis. Daher können sich Arbeitnehmer grundsätzlich auch gegenüber ihrem Arbeitgeber auf die Meinungsfreiheit berufen.