Im Rahmen von mobiler Arbeit im Ausland übt der Mitarbeiter seine Tätigkeit – jedenfalls vorübergehend – in mindestens 2 Staaten aus. Um sicherzustellen, dass auf einen grenzüberschreitenden Sachverhalt nur ein nationales Sozialversicherungsrecht anzuwenden ist, sieht das Gesetz innerhalb der EU 3 Ausnahmen zum Territorialitätsprinzip vor.
Auslandseinsatz außerhalb der EU
Außerhalb der Europäischen Union ist die Sozialversicherungsbeitragspflicht nicht einheitlich geregelt. Hier kommt es darauf an, welche Vereinbarungen zwischen Deutschland und dem Tätigkeitsland getroffen worden sind.
Welche und ob überhaupt eine Ausnahme greift, hängt von der konkreten Dauer und Ausgestaltung der mobilen Arbeit im Ausland ab:
Entsendung
Eine Entsendung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer eines deutschen Unternehmens für mittelfristige Aufenthalte von bis zu 24 Monaten in einen anderen Mitgliedstaat entsandt wird und dort seiner Arbeit nachgeht. Laut der Europäischen Kommission kommt es dabei nicht darauf an, in welchem Interesse oder auf wessen Initiative hin die grenzüberschreitende Telearbeit stattfindet. Entscheidend sei vielmehr, dass der Arbeitnehmer weiterhin dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterstellt bleibt. Sofern die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist, gelten die Vorschriften der deutschen Sozialversicherung. Vor der Entsendung ist eine Entsendebescheinigung (A1-Bescheinigung) bei der zuständigen Stelle zu beantragen.
Mehrfachtätigkeit in 2 oder mehreren EU-Mitgliedstaaten
Wird die grenzüberschreitende Tätigkeit gewöhnlich regelmäßig in 2 oder mehreren Mitgliedstaaten ausgeübt, handelt es sich um eine Mehrfachtätigkeit. Der Arbeitnehmer unterliegt danach den sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben seines Wohnmitgliedstaates, wenn er dort einen wesentlichen Teil seiner Tätigkeit ausübt. Als Orientierung können die Arbeitszeit und das Arbeitsentgelt dienen. Ergibt die Gesamtbewertung, dass der Arbeitnehmer mindestens 25 % seiner Arbeitszeit im Wohnmitgliedstaat leistet und/oder mindestens 25 % des Arbeitsentgelts im Wohnmitgliedstaat bezieht, gilt dies als Indiz, dass ein wesentlicher Teil aller Tätigkeiten der betreffenden Person in diesem Mitgliedstaat ausgeübt wird. Soweit der Arbeitnehmer im Wohnsitzstaat keinen wesentlichen Teil seiner Tätigkeit ausübt, kommt grundsätzlich das Recht des Sitzstaates des Arbeitgebers zur Anwendung.
Multilaterale Rahmenvereinbarung
Seit dem 1.7.2023 gilt die sog. "Multilaterale Rahmenvereinbarung über die Anwendung von Art. 16 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 883/2004 bei gewöhnlicher grenzüberschreitender Telearbeit". Diese Vereinbarung ermöglicht Arbeitnehmern bis zu 49,99 % der Gesamtarbeitszeit in einem Mitgliedstaat in Form von Telearbeit zu erbringen und dennoch dem Sozialversicherungsrecht des Sitzstaates des Arbeitgebers zu unterliegen. Die Regelung gilt allerdings nicht, wenn die Arbeitsleistung in einem Drittstaat erbracht wird.
Beim Vorliegen aller Voraussetzungen hat der Arbeitnehmer einen Antrag in dem Staat zu stellen, dessen Sozialversicherungsrecht nach der Rahmenvereinbarung gelten soll. Sofern dem Antrag stattgegeben wird, wird mit dem Arbeitnehmer eine bis zu 3 Jahre gültige Vereinbarung geschlossen. Zu beachten ist, dass die Rahmenvereinbarung nur dann Wirkung entfaltet, wenn sowohl der Wohnstaat des Arbeitnehmers als auch der Sitzstaat des Arbeitgebers diese unterzeichnet haben. Bislang haben 22 Länder diese Rahmenvereinbarung ratifiziert, darunter Deutschland, Frankreich, Spanien und die Schweiz.
A1-Bescheinigung
Innerhalb von Europa sollten Arbeitnehmer stets eine A1-Bescheinigung mit sich führen. Mit dieser kann nachgewiesen werden, ob hinsichtlich der Sozialversicherungsabgaben das Recht des Wohnstaates oder die Vorschriften eines ausländischen Staates maßgeblich sind.