Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung von Entschädigungen i. S. von § 24 Nr. 1 EStG zu laufendem Arbeitslohn
Leitsatz (redaktionell)
- Entschädigungen i. S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG sind grds. nur dann außerordentliche Einkünfte, wenn die Entschädigung für entgangene oder entgehende Einnahmen, die sich bei normalem Ablauf auf mehrere Jahre verteilt hätte, vollständig in einem Betrag gezahlt wird oder wenn die Entschädigung nur Einnahmen eines Jahres ersetzt, sofern sie im Jahr der Zahlung mit weiteren Einkünften zusammenfällt und der Stpfl. im Jahr der entgangenen Einnahmen keine weiteren (nennenswerten) Einnahmen gehabt hat.
- Eine Entschädigung setzt voraus, dass der Stpfl. bei Aufgabe seiner Rechte unter einem nicht unerheblichen (rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen) Druck gehandelt hat. Er darf das schadenstiftende Ereignis nicht aus eigenem Antrieb herbeigeführt haben.
- Entschädigungen, die aus Anlass der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses als Ersatz für entgehende Einnahmen gewährt werden, sind einheitlich zu beurteilen.
- Werden in einer Abfindungsvereinbarung neben Entschädigungen für künftig entgehende Einnahmen auch Zahlungen einbezogen, die bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses zustanden, sind diese als nicht tarifermäßigte Einnahmen von den Entschädigungen zu trennen.
- Kündigt ein Arbeitnehmer aufgrund einer im zuvor abgeschlossenen Aufhebungsvertrag enthaltenen Regelung vorzeitig, ist dies ein neues schadenstiftendes Ereignis.
Normenkette
EStG § 24 Nr. 1, § 34
Streitjahr(e)
2016
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 07.09.2018; Aktenzeichen IX B 34/18) |
Tatbestand
Streitig ist, inwieweit Zahlungen des Arbeitgebers der ermäßigten Besteuerung nach § 34 Einkommensteuergesetz (EStG) zu unterwerfen sind.
Die Klägerin ist verheiratet. Sie wurde im Streitjahr zusammen mit ihrem Ehemann zur Einkommensteuer veranlagt. Beide Eheleute erzielten Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Der Ehemann erhielt auch noch Einkommensersatzleistungen.
In der Anlage N zu ihrer Einkommensteuererklärung 2016 erklärte die Klägerin einen Bruttoarbeitslohn i.H.v. 202.632 €. Der Erklärung waren zwei Lohnsteuerbescheinigungen beigefügt. Eine betraf ein Arbeitsverhältnis bei der A, welches vom 1. Januar bis 31. Mai 2016 dauerte. Hierfür ist ein Bruttoarbeitslohn i.H.v. 164.715,33 € ausgewiesen. Die zweite Lohnsteuerbescheinigung betraf ein anderes Arbeitsverhältnis ab dem 1. Juni 2016. Hier ist ein Bruttoarbeitslohn i.H.v. 37.916,66 € ausgewiesen. Unter dem Punkt „Entschädigungen” wies die Klägerin auf eine beigefügte Anlage hin. Dazu waren der Steuererklärung ein Aufhebungsvertrag zwischen der Klägerin und ihrem Arbeitgeber A vom 8. März 2016 und ein Kündigungsschreiben der Klägerin vom 10. Mai 2016 beigefügt.
In dem Aufhebungsvertrag ist ausgeführt, dass das Anstellungsverhältnis der Vertragsparteien mit Ablauf des 31. Dezember 2016 endet.
In § 2 des Vertrages ist die Abrechnung geregelt:
„Das Arbeitsverhältnis wird zum Beendigungszeitpunkt ausschließlich wie folgt abgerechnet:
1. Bis zum Beendigungszeitpunkt zahlt das Unternehmen der Mitarbeiterin ein Bruttomonatsgehalt von EUR 4.691,28 pro Monat.
2. Ferner zahlt das Unternehmen der Mitarbeiterin mit der November-Gehaltsabrechnung ein 13. Monatsgehalt für das Jahr 2016 in Höhe von brutto EUR 4.691,28.
3. Zur Abgeltung etwaiger bis zum Beendigungszeitpunkt entstehende variable Vergütungsansprüche für das Jahr 2016 erhält die Mitarbeiterin gemäß Regelung im Sozialplan eine einmalige Kompensation in Höhe von brutto EUR 1.375,43, die mit der letzten Gehaltsabrechnung ausgezahlt wird.”
Unter § 3 Ziffer 2 des Aufhebungsvertrages ist vereinbart:
„Die Mitarbeiterin wird im Übrigen mit Wirkung ab 01.05.2016 bis zum Beendigungszeitpunkt unter Anrechnung etwaiger noch offener Urlaubsansprüche und Freizeitguthaben von ihrer Verpflichtung zur Arbeitsleistung unwiderruflich freigestellt (nachfolgend „Freistellungstermin”).”
Eine Abfindungszahlung ist in § 4 des Vertrages geregelt. Dort lautet es unter Ziffer 1:
„Die Mitarbeiterin erhält als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes (…) eine Abfindung (…) in Höhe von brutto EUR 102.353,25.
§ 5 des Aufhebungsvertrages regelt eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses:
„Die Mitarbeiterin hat das Recht, das Anstellungsverhältnis vor dem Beendigungszeitpunkt durch einseitige schriftliche Erklärung gegenüber dem Unternehmen mit einer Vorankündigungsfrist von 7 Tagen vorzeitig zu beenden, frühestens jedoch zum Zeitpunkt des Wegfalls der Beschäftigung (01.05.2016). Die Abrechnung erfolgt zum Ende des Kalendermonats in dem die Beendigung fällt. In diesem Fall erhöht sich die Abfindung gem. § 4.1 um 100 % der von dem Unternehmen für die Zeit von der vorzeitigen Beendigung bis zum gem. § 1 vereinbarten Beendigungszeitpunkt eingesparten Bruttovergütung (ohne Sozialversicherung- oder steuerrechtliche Arbeitgeberanteile).”
Im Kündigungsschreiben vom 10. Mai 2016 an die A heißt es:
„(…) ich nehme Bezug auf den Aufhebungsvertr...