Leitsatz (amtlich)
1. Ein Ausschluss des Kündigungsrechts bei einer Kapitalversicherung für den Todesfall gem. § 165 Abs. 2 VVG a.F. kann selbst im Fall einer Individualvereinbarung nach § 178 Abs. 1 S. 1 VVG a.F. unwirksam sein.
2. Ein Geschäftsführer und Gesellschafter, der die Hälfte des Stammkapitals einer GmbH hält, kann sich auf den Pfändungsschutz nach § 850 Abs. 3 lit. b ZPO regelmäßig nicht berufen.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 16.09.2010; Aktenzeichen 11 O 162/09) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das am 16.9.2010 verkündete Urteil des LG Magdeburg, Az.: 11 O 162/09, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
und beschlossen:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 16.900,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der vorgeblich vertragswidrigen Auszahlung aus einer privaten Rentenversicherung an eine Pfändungspfandgläubigerin auf Schadensersatz in Anspruch.
Seit Anfang März 2001 unterhält der Kläger bei der Beklagten einen privaten Rentenversicherungsvertrag über 100.000,- DM (= 51.129,19 EUR) als vereinbarte Kapitalleistung bei Tod vor Beginn der Rentenzahlung bzw. eine sonst ab März 2008 für mindestens 14 Jahre garantierte monatliche Rente von 318,74 EUR. Nach dem Versicherungsschein (Bd. I, Bl. 5 - 8 d.A.) ist ein Kapitalwahlrecht des Klägers von den Parteien ausgeschlossen worden. In dem Antragsformular auf Abschluss dieser Versicherung (Bd. I, Bl. 71 d.A.) hat der Kläger eine dort abgefragte Selbständigkeit bejaht.
Die Volksbank M. als Inhaberin eines vollstreckbaren Leistungstitels gegen den Kläger beantragte am 7.8.2003, dessen Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag - u.a. auch das Recht auf Kündigung und Auszahlung eines Rückkaufswertes - zu pfänden und an sich zur Einziehung überweisen zu lassen. Der entsprechende Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des AG Aachen (Bd. I Bl. 11, 12 d.A.) erging antragsgemäß am 13.11.2003.
Zuvor hatte sich der Kläger mit Schreiben vom 23.8.2003 (Bd. I, Bl. 84 d.A.) wie folgt an die Beklagte gewandt:
"..., zu der im Betreff bezeichneten Police erkläre ich, dass ich auf das Recht, den Versicherungsvertrag zu kündigen, unwiderruflich verzichte.
Im Übrigen wiederhole ich meine beim Vertragsschluss abgegebene Erklärung, dass ich unwiderruflich auf das Recht auf Kapitalbezug verzichte, sondern ausschließlich die Rente beziehen werde.
Ich bitte um gelegentliche Bestätigung."
Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 26.8.2003 (Bd. I, Bl. 85 d.A.), worin es heißt:
"..., hiermit bestätigen wir Ihnen, dass das Kapitalwahlrecht ausgeschlossen ist. Das bedeutet, dass Sie nach dem Ablauf des Vertrages ausschließlich die Rente von uns erhalten.
Ihre Kündigung des Vertrages haben wir unwiderruflich ausgeschlossen."
Nachdem die Volksbank M. die Versicherung mit Schreiben vom 6.12.2007 zum 1.2.2008 gekündigt hatte, zahlte die Beklagte auf der Grundlage des Rückkaufswertes der Versicherung einen Betrag von 33.647,- EUR an die Volksbank M. aus. Den restlichen Kapitalbetrag von 19.498,02 EUR hielt sie weiter für den Kläger bereit, welcher inzwischen hieraus eine verminderte Rente von 52,50 EUR monatlich bezieht.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe zu Unrecht ein Kündigungsrecht der Volksbank M., obwohl ein solches zuvor wirksam und unwiderruflich ausgeschlossen worden sei, akzeptiert. Durch die anschließende vertragswidrige Auszahlung der 33.647,- Euro sei ihm ein Großteil seiner Rentenansprüche, welche auf Grund seiner übrigen Einkommensverhältnisse pfändungsfrei nach den §§ 850 Abs. 1 und 3 lit. b, 850c Abs. 1 Satz 1 ZPO gewesen wären, verloren gegangen.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
1. seinen privaten Rentenversicherungsvertrag Nr ... in den Stand per 17.4.2008 zurückzuversetzen,
2. ihm die sich daraus ergebenden Zahlungsrückstände (ab März 2008 bis inclusive Januar 2009 = 11 Monate à 318,80 EUR = 3.506,80 EUR) nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus je 318,80 EUR ab 1.3.2008, 1.4.2008, 1.5.2008, 1.6.2008, 1.7.2008, 1.8.2008, 1.9.2008, 1.10.2008, 1.11.2008, 1.12.2008 und 1.1.2009 nachzuzahlen,
3. ihm für die Zeit ab Februar 2009 die Rente nach jeweils vertraglicher Höhe (gegenwärtig: 318,80 EUR p. m.) zu zahlen und
4. ihn von der Gebührenforderung des Rechtsanwalts F. T., M., wegen vorgerichtlicher Tätigkeit in dieser Sache i.H.v. 1.307,81 EUR freizustellen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, auf Grund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses und der anschließend erklärten Kündigung verpflichtet gewesen zu sein, das Kapital, wie geschehen, an die Volksbank M. auszuzahlen. Ein vereinbarter Kündigungsausschluss sei nicht wirksam zustande gekommen, da sich ein solcher nach den §§ 165, 178 Abs. 1 VVG a.F. zum Nachteil des Klägers sich ausgewirkt hätte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbesta...