Leitsatz (amtlich)
Die Pfändung eines Taschengeldanspruchs entspricht nur dann der Billigkeit, wenn im Vergleich zu durchschnittlichen Fällen besondere Umstände vorliegen.
Normenkette
BGB §§ 1360, 1360a Abs. 1; ZPO § 850b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 06.11.1997; Aktenzeichen 13 T 7699/97) |
Tenor
I. Die Beschwerde des Gläubigers gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 06. November 1997 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, daß auch der Antrag des Gläubigers vom 10. April 1997 auf Erlaß eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zurückgewiesen wird.
II. Der Gläubiger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Beschwerdewert wird auf
37.083,15 DM
festgesetzt.
Gründe
1. Die Beschwerde ist gemäß §§ 793 Abs. 2, 567 ff, 568 Abs. 2 Satz 2, 577 ZPO zulässig.
Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt. Es liegt ein neuer selbständiger Beschwerdegrund vor, da das Landgericht den vom Amtsgericht Nürnberg am 16. Mai 1997 erlassenen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß aufgehoben hat (Zöller-Gummer, ZPO, 20. Aufl., § 568, Rnr. 7).
2. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Landgericht die Pfändung des Taschengeldanspruches des Schuldners gegen die Drittschuldnerin nicht zugelassen.
2.1 In Übereinstimmung mit der Ausgangsentscheidung und der weit überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur geht der Senat davon aus, daß die Pfändung des grundsätzlich unpfändbaren Taschengeldanspruchs (§§ 1360, 1360 a Abs. 1 BGB, § 850 b Abs. 1 Nr. 2 ZPO) eines unterhaltsberechtigten Ehegatten während bestehender Lebensgemeinschaft der Eheleute zugelassen werden kann, wenn die Voraussetzungen des § 850 b Abs. 2 ZPO vorliegen (vgl. Zöller-Stöber, a.a.O., § 850 b, Rnr. 17 m.w.N.; OLG Köln, FamRZ 1995, S. 309; OLG Stuttgart, FamRZ 1997, S. 1494 f).
2.2 Der in Geld zu erfüllende Taschengeldanspruch des Schuldners gegen die Drittschuldnerin beträgt monatlich ca. 180,– DM.
Er errechnet sich aus dem um einkommensmindernde Aufwendungen und den Barkindesunterhalt bereinigten Einkommen des Drittschuldners (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1990, S. 1224). Es besteht nämlich keine Veranlassung, das Einkommen für die Berechnung des Taschengeldanspruchs anders als in sonstigen Fällen der Berechnung von Ehegattenunterhalt zu ermitteln. Von dem sich nach Abzug der Steuern und Sozialabgaben ergebenden Nettoeinkommen sind deshalb auch beachtenswerte Kreditraten sowie der Tabellenunterhalt für vorhandene Kinder zu subtrahieren. Der sich dann ergebende Betrag, stellt das anrechenbare Einkommen zur Ermittlung eines Taschengeldanspruchs dar.
Entgegen der Meinung des Schuldners und der Drittschuldnerin kommt es für die Pfändbarkeit des Taschengeldanspruchs nicht darauf an, ob und wann und wieviel der unterhaltspflichtige Ehegatte an Taschengeld ausbezahlt; maßgebend ist vielmehr ein nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten abstrakt zu berechnender Anspruch auf Taschengeld als ein in Geld zu leistender Teil des Unterhaltsanspruchs (vgl. OLG Stuttgart, FamRZ 1997, S. 1494).
Das Nettoeinkommen der Drittschuldnerin aus ihrer Tätigkeit als Richterin in der Besoldungsstufe R 1 beträgt unter Berücksichtigung von anteiligem Weihnachts- und Urlaubsgeld unstreitig ca. 6.000,– DM. Da sie in einem ihr allein gehörenden Haus wohnt und sich deshalb Mietaufwendungen erspart, ist diesem Arbeitseinkommen hinzuzurechnen die ersparte Kaltmiete für ein den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Drittschuldnerin und des Schuldners angemessenes Haus. Diese schätzt der Senat auf höchstens 1.500,– DM (§ 287 ZPO).
Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers ist bei der Bewertung des Wohnwertes nicht von der ersparten Miete für ein Haus auszugehen, das von der Größe und dem Komfort her mit dem Haus der Drittschuldnerin vergleichbar ist. Denn der Taschengeldanspruch des Schuldners gegen die Drittschuldnerin erhöht sich nicht dadurch, daß die Ehegatten möglicherweise in einem Haus wohnen, das ihren derzeitigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen nicht mehr entspricht. Es ist in erster Linie auf die Zuwendungen der Eltern der Drittschuldnerin zurückzuführen, daß diese über ein Wohnhaus mit einem hohen Komfort verfügt. Das Haus wurde zu einem Zeitpunkt komfortabel ausgebaut, als noch erhebliche Einkünfte des Schuldners aus dessen Tätigkeit als Rechtsanwalt zu erwarten waren. Da der Schuldner über solche Einkünfte nicht mehr verfügt, kann der Familienunterhalt nur noch aus dem Arbeitseinkommen der Drittschuldnerin bestritten werden. Ein hoher fiktiver Wohnwert, der den angemessen Wohnwert übersteigt, steht für den Familienunterhalt tatsächlich nicht zur Verfügung.
Von dem errechneten Gesamteinkommen der Drittschuldnerin von 7.500,– DM (6.000,– DM + 1.500,– DM) sind aus dem vom Landgericht in dem angefochtenen Beschluß dargestellten Gründen die Hypotheken- bzw. Grundschuldbelastungen von monatlich 3.300,– DM sowie der fiktive Barunterhaltsanspruch der 12jährigen Tochter i.H.v. 624,– DM (Nürnberger Tabelle, Sta...