2.1 Karriereplanung und geänderte Bedürfnisse

Das Berufsleben bei einem Unternehmen zu beginnen und es bei demselben Unternehmen zu beenden, gehört längst der Vergangenheit an. Fach- und Führungskräfte wünschen sich nicht nur ein gutes Gehalt, sondern einen interessanten und abwechslungsreichen Job mit vielen Möglichkeiten, um sich selbst einzubringen und zu verwirklichen. Ist das nicht mehr gegeben, steigt die Wechselwilligkeit und es kommt zum Austritt.

Denn: Guten Talenten stehen auf dem Arbeitsmarkt viele Möglichkeiten offen und sie kennen ihren Marktwert. Vorbei sind die Zeiten, als sich Recruiter die besten Kandidaten aus einem großen Pool von qualifizierten Bewerbern aussuchen konnten. Um heute (Young) Talents einzustellen und vor allem langfristig zu halten, müssen Unternehmen sich einiges einfallen lassen. Ganz oben auf der Wunschliste der Kandidaten stehen neben einem attraktiven Gehalt und Benefits auch flexible Arbeitszeitmodelle, eine ausgewogene Work-Life-Balance, selbstbestimmtes Arbeiten, flache Hierarchien und Fortbildungsmöglichkeiten. Aber damit es überhaupt so weit kommt, müssen Unternehmen die Onboarding-Phase so gestalten, dass der neue Mitarbeiter schnell erste Arbeitserfolge erzielen kann und bleiben will. Auf diese geänderten Ansprüche vor allem der jüngeren Generationen reagieren viele Unternehmen leider immer noch sehr schwerfällig. Entsprechend hoch ist die Anfangsfluktuation.

Durch die zunehmende Vernetzung über die beruflichen und auch privaten Netzwerke werden Talente für potenzielle Arbeitgeber sichtbar, obwohl diese sich aktuell gar nicht bewerben, geschweige denn bisher auf Jobsuche waren. Von diesem Arbeitnehmermarkt profitieren qualifizierte Nachwuchskräfte enorm: Je nach Profil haben sie es heute leicht, einen neuen Job zu finden. Dementsprechend hoch sind ihre Ansprüche und die Bereitschaft zu wechseln, wenn ihnen was nicht passt.

2.2 Das berüchtigte "schwarze Loch" nach der Vertragsunterzeichnung

Unternehmen investieren unglaubliche Mühe und Aufwand in ein Hochglanz-Employer-Branding, eine gut geölte und professionelle "Bewerbungsmaschine", und umwerben Top-Kandidaten in den Vorstellungsgesprächen und Vertragsverhandlungen. Kurzum: Der ausgewählte Bewerber hat i. d. R. eine gut durchdachte und sehr attraktive Candidate Journey durchlaufen. Und dann?

Versetzen wir uns nun in die Lage eines Mitarbeiters, wenn er sich für den Job im Unternehmen entschieden hat und der Vertrag unterschrieben wurde. Wie geht es jetzt weiter?

Das Gefühlskarussel des neuen Mitarbeiters

Für HR ist der "Job" erstmal erledigt, das Team und die Führungskraft freuen sich zwar auf den Neuen, aber er ist ja noch nicht da und der Arbeitsalltag hat Priorität. Denn: Je nach Kündigungsfrist dauert es meistens noch einige Wochen, wenn nicht gar Monate bis zum ersten Arbeitstag beim neuen Arbeitgeber. Eigentlich viel Zeit für die Führungskraft, die Einarbeitung zu planen (was dann leider doch oft kurz vor knapp läuft) – aber auch viel Zeit für den Neuen, um es sich nochmal anders zu überlegen. Z. B. weil noch ein interessanteres Angebot reinkommt oder Zweifel an der getroffenen Entscheidung entstehen.

Auch ein Mitarbeiter durchläuft parallel zum Unternehmen die 3 zuvor vorgestellten Phasen des Onboardings.

Preboarding

Nachdem der Auswahlprozess, mehrere Gespräche und die Vertragsverhandlungen vorbei sind und nun alles unter Dach und Fach ist, machen sich oft die ersten Zweifel breit:

  • "Jetzt muss ich erstmal noch eine Wohnung am neuen Arbeitsort finden."
  • "Was bedeutet der Jobwechsel für mein Privatleben?"
  • "Kaum unterschrieben, kommt gerade noch ein anderes lukratives Job-Angebot rein – was jetzt?"
  • "Habe ich mich wirklich richtig entschieden?"

Mit solchen oder ähnlichen Fragen ist der vermeintlich neue Mitarbeiter nun beschäftigt. Er fällt in das berühmt-berüchtigte "schwarze Loch", seinem starken Bedürfnis nach "psychologischer Sicherheit" wird nicht entsprochen.

 

Erfolgsfaktor Psychologische Sicherheit

Laut einer Studie von Google ist dies bei weitem der wichtigste Faktor für eine gute Zusammenarbeit im Team. Wenn sich ein (neuer) Mitarbeiter psychologisch sicher fühlt, bedeutet das, dass er sich nicht nur wohl, geschätzt und gut aufgehoben fühlt, sondern sich vor allem so sicher fühlt, dass er auch mal Risiken eingehen kann – und Fehler riskieren! Mit dieser Sicherheit steigen folgende Faktoren:

  • Meinungsvielfalt (und deren Äußerung) im Team,
  • Team und Unternehmen profitieren von "gesundem Infragestellen",
  • unkonventionelle Ideen,
  • ehrliches Feedback,
  • Bereitschaft, Fehler einzugestehen.

Wird er in dieser Unsicherheitsphase komplett sich selbst überlassen, kann es gut passieren, dass er seine Entscheidung nochmal überdenkt und vom Vertrag zurücktritt. Das ist natürlich der "Worst Case". Aber selbst wenn der neue Mitarbeiter (zunächst) bei der Stange bleibt: Ein ungutes Gefühl bleibt, denn der künftige Arbeitgeber hat die Möglichkeit nicht genutzt, in der Preboarding-Phase präsent zu sein und aktiv zu unterstützen! Ein professionelles Onboarding setzt nämlich bereits nach der Vertragsunterschrift an und liefert viele Möglichkeiten, mi...

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