Die Entwicklung einer Unternehmenskultur ist ein Veränderungsprozess. Der Blick auf die Grundannahmen von Veränderung soll diese noch einmal in den Grundzügen aufzeigen.
In einem systemischen Verständnis von Veränderung wird eine weitere Variable in den Blick genommen, konkret: Der Mensch,
- auf den ein Input einwirkt bzw.
- der einen bestimmten „Output“ (z. B. Akzeptanz, Commitment, Leistung, Engagement…) an den Tag legen soll.
Eben dieser Mensch wird als „Blackbox“ betrachtet, der eine innere – nicht überschaubare oder berechenbare Bandbreite von Einflussgrößen aufweist, z. B. eigene Gedanken, Gefühle, Werthaltungen, Bedürfnisse usw. Wie ein bestimmter Input wirkt, ist – wenn überhaupt – nur in einem sogenannten „Möglichkeitsraum“ zu bestimmen – es gibt eine grundsätzlich unendliche Zahl von potenziellen Wirkungen (Output). Und auch umgekehrt: Welcher Input erforderlich ist, um einen definierten Output zu erhalten kann von Mensch zu Mensch variieren. Maßnahmen der systemischen Veränderung adressieren stets den Menschen als Ganzes in seiner ganzen Individualität und den erwachsenden emergenten Phänomenen, die sich im Zusammenspiel mit anderen ergeben. Die Arbeit an der Entwicklung von Unternehmenskultur hat somit stets die Interaktionsbeziehung, das Reflektieren zugrundeliegender Werte und die bewusste Veränderung von Interaktionen zum Gegenstand.
Der Weg dahin kostet Zeit und Budget, Faktoren die knapp bemessen sind. Die subjektive Betrachtung wird manchmal als „anstrengend“,„langwierig“ und manchmal auch als „sozialpädagogisch“ erlebt. Die Ergebnisse eines gelungenen systemischen Veränderungsprozesses überzeugen durch eine hohe Nachhaltigkeit und großes Commitment.
Quelle: (eigene Darstellung, Quelle: in Anlehnung an Unbekannt)
Abb. 2: Systemisches versus technokratisches Verständnis von Wandel
Im klassischen Verständnis wird Veränderung als einfache Input-Output-Relation betrachtet.
Eine bekannte Variable (z. B. den Input: eine Idee über die Maßnahmen, die man vornehmen möchte bzw. den Prozess, den man Schritt für Schritt gehen möchte) führt in diesem – auch als“ technokratisch“ bezeichnetem Verständnis zu einer berechenbaren oder prognostizierbaren Größe des Outputs.
Im Kern handelt es sich um die traditionelle Vorstellung von „Change Management“, bei der es bewährte Modelle und Vorgehensweise des Change Managements gibt (z. B. Kotters 9-Stufen-Modell), welches man nur gut genug umsetzen muss, dann funktioniere auch der Veränderungsprozess. Geprägt durch ein klassisch-analytisches Weltbild ist es dieser Ansatz der vielen großes Unbehagen auslöst. Wie „motiviert“ man Menschen „das Richtige zu tun“? In dieser technokratischen Vorstellung der Entwicklung von Unternehmenskultur setzen manche auf Psychologen, die ihre Kenntnisse zur Anwendung bringen sollen, damit sich Menschen „aus Eigenmotivation“ zum Beispiel motiviert, committed, agile-minded o. ä.m. verhalten, weil es deren „eigene“ Wertvorstellung und Grundannahme, was zu Erfolg führt, sei. Lange Zeit waren die – mäßig erfolgreichen – Strategien durch
- Informieren
- Vorteile aufzeigen
- Kommunizieren
- Überzeugungstechniken
- Schulungen oder falls individueller erforderlich: Coachings
- Kopieren von “best practices”
- etc.
geprägt. Im Grundsatz ist auch nichts Schlechtes an diesen Vorgehensweisen zu finden. Je weniger es sich allerdings um rein kognitive Aspekte handelt, die bei einer Veränderung adressiert werden oder je gravierender die angestrebte Änderung mit der Wertestruktur und den habitualisierten Erfahrungen in Konflikt geht, desto schwieriger wird es, nachhaltige Erfolge mit hohem Committment zu erzielen. Vielfach ist zu beobachten, dass „um der Ruhe willen“ Vorgaben akzeptiert um wieder in Ruhe an den „eigentlichen Aufgaben“ zu arbeiten und sich nicht mit der „Psychothemen“ zu beschäftigen. Die nachhaltige Belastbarkeit eines solchen Committment darf in Frage gestellt werden.
Ist das das Ende eines behavioristischen Ansatzes oder einer strukturiert-systematischen analytischen Vorgehensweise der Unternehmenskulturentwicklung?