Vielleicht stellen Sie sich die Frage, ob es sich auch bei diesem Artikel nicht primär um ein Thema der Organisationsentwicklung handelt oder wo der genaue Bezug zur Personalentwicklung ist.
Eine abschließende kurze Einordnung skizziert zunächst das grundlegende (und perspektivische) Verständnis der Thematik und beleuchtet abschließend in kompakter Form den engeren Bezugspunkt zu Aktivitäten der Personalentwicklung.
Zunächst der Blick auf das allgemeine Verständnis. Kurt Lewin hat die Feldformel
V = f (P,U)
aufgestellt. Diese besagt, dass Verhalten eine Funktion aus Person- und Umweltfaktoren ist. Sehr vereinfacht ausgedrückt ist verändertes Verhalten einerseits durch Personalentwicklungsaktivitäten beeinflussbar, andererseits spielt die Umwelt (z. B. Struktur, Kultur usw.) eine prägende Rolle. Die traditionelle und lehrbuchartige Trennung von Personalentwicklung und Organisationsentwicklung ist somit eher theoretisch-klassifizierender Natur, wenngleich sich in der Praxis hin- und wieder derartige Trennungen finden.
Spätestens seit der Erstarkung des systemischen Ansatzes in der 90er Jahren ist es mittlerweile üblich geworden, den Begriff "Personal- und Organisationentwicklung" in einem Atemzug zu benennen – aus gutem Grund, es handelt sich um zwei Seiten der gleichen Medaille. Auch die Entwicklung, dass sich immer mehr Personalentwicklungseinheiten in "People & Culture" o. Ä. umbenennen ist nicht nur der moderneren Variante des Begriffs geschuldet, sondern verweist auf die zunehmende Erkenntnis, dass es sich hierbei um Themen handelt die untrennbar mit einander verwoben sind.
Und dies ist auch hinreichend kompatibel mit der Sichtweise, dass die reine Befähigung, das Schulen und Trainieren von Menschen in der Mehrheit der Fälle – allein – nicht zu einer nachhaltigen Verhaltensänderung führt. Mit anderen Worten: Die Erkenntnis, dass "mehr Wissen" oder mehr Training allein der Garant für Verhaltensänderung ist, erweist sich oftmals als Illusion, denn "culture eats strategy for breakfast".
Anwendungsfelder
Ein zweiter Aspekt soll die Anwendungsfelder der Personalentwicklung, noch einmal andeuten. So ist es in vielen Themen, deren Verantwortung in der Funktionseinheit Personalentwicklung verortet werden, so zum Beispiel die Erfüllung der Pflicht (z. B. neue Karrierenarrative) aber auch Grenzbereiche der Schulung von Themen wie z. B. Arbeitssicherheit (welche oftmals durch die Fachbereiche selbst durchgeführt werden).
Was genau ist die Arbeit der Personalentwicklung? Lassen wir die Frage beiseite, wer diese Schulungen oder Unterweisungen durchführt (und wie die Menschen für eine wirksame Vermittlung qualifiziert sind) so ist auf der Grundstufe der legitimitäsorientierte Nachweis erforderlich, dass den rechtlichen Vorgaben Rechnung getragen wurde. Das ist in der Regel das Niveau, auf dem diese – für viele lästige – Aufgabe erledigt wird. Warum lästig? Die Praxis zeigt immer wieder, dass es nicht nur die Nachweispflicht ist, sondern auch die Bereitschaft für die Thematik oftmals "motiviert" oder "sensibilisiert" werden muss. Nicht nur zur Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit der Maßnahmen, sondern auch mit der kontinuierlichen Berücksichtigung im Alltag – der Anwendung und dem Transfer.
Geht es darüber hinaus um neuartige Ideen, Ansätze, Konzepte usw., um Themen, die sich beispielsweise aus wissenschaftlicher Forschung, Trendexploration oder ähnlichen Vorgehensweise vorausschauend aufgesetzt werden sollen, ist es – auch aus Gründen der Zeit – angeraten (und fallweise zwingend erforderlich) beizeiten für das jeweilige Thema zu sensibilisieren. So hätte man sich beispielsweise frühzeitiger und wirksamer auf die veränderte Arbeitsmarktsituation vorbereiten können und sehr früh mathematisch unstrittige Konsequenzen mit Blick auf Aspekte wie z. B. Frauenförderung, Entwicklung der so genannten Silver Ager, Umgang mit heterogenen Belegschaftsstrukturen etc. wirksamer vorbereiten können. Nun stehen weitere Aspekte im Raum, die vom Wesen her noch konträrer zur bisherigen Erfahrung der meisten Menschen stehen und viele Personalentwicklungsabteilungen vor Herausforderung stellen: Zum Beispiel ein neues Karriereverständnis verankern oder den Forderungen nach mehr Eigenverantwortung in Lernen und Entwicklung Rechnung zu tragen, welche in vielen Unternehmen (noch) nicht so gut funktioniert wie gewünscht, vielmehr sogar gegenteilige Wünsche von Mitarbeitenden und Bewerbern zu dominieren scheinen.