Prof. Dr. Hans-Dieter Litke, Dr. Ilonka Kunow
Mit ein paar Beispielen und Tipps wollen wir Ihnen nun noch das schwierige Thema "Konflikte im Projekt" näherbringen. Unsere Ausführungen an dieser Stelle können allerdings in Anbetracht der komplexen Vorgänge in einem Team nicht vollständig sein.
7.1 Wo entstehen Konflikte?
In jedem Projekt treten Hindernisse und Konflikte auf – und zwar viel eher sozialer als inhaltlicher Art. Ein Projektleiter, der behauptet, bei ihm gäbe es keine Schwierigkeiten, ist entweder ein Schönredner, ein Verdränger oder sein Team ist ihm eigentlich vollkommen fremd – und in allen drei Fällen wird er damit selbst zu einem Problem für das Projekt. Tatsächlich könnten die Möglichkeiten, Konfliktpotenzial in ein Projekt einzubauen oder dem Vorhaben Steine in den Weg zu legen, hier endlos aufgezählt werden.
Konflikte im Team
Häufig läuft im Team etwas schief, weil Absprachen nicht eingehalten werden, Mitarbeiter sich überlastet fühlen, rigide Planvorgaben die Arbeit bremsen, Informationen nicht weitergeleitet werden, nicht klar ist, wer was zu tun hat, Rivalitäten im Projekt ausgetragen werden, zu wenig besprochen wird, einzelne Mitarbeiter unmotiviert sind oder sich drücken, die Chemie zwischen Projektleiter und Team nicht stimmt, und und und.
Als ganz typische Konfliktquellen können Sie die folgenden vier Bereiche im Auge behalten:
- Uneinigkeit über Ziele, Aktivitäten und die Richtung,
- unrealistische Schätzungen und Pläne,
- fehlender Teamgeist,
- zwischenmenschliche Konflikte.
Ein Planungsfehler?
Sie haben eine bestimmte Aufgabe nicht unmissverständlich delegiert, da es Ihnen offensichtlich schien, dass sie erledigt werden muss. Unglücklicherweise taucht sie auch auf keinem Plan noch irgendeiner Terminliste auf. Unmotivierte Mitarbeiter können sich in solchen Fällen immer herausreden mit "Hat mir ja keiner gesagt, dass ich das tun soll." Und Sie müssen sich dann erst einmal um die Erledigung kümmern. Wenn Ihnen jedoch schon seit geraumer Zeit dämmert, dass an der entscheidenden Stelle ein "Bremser" sitzt, der das Projekt eher als Zeitvertreib betrachtet, hätten Sie die Aufgabe womöglich klar delegiert oder gleich jemand anderem anvertraut.
Konflikte zwischen Projektleiter und anderen Stellen
Reibereien können auch über der Projektebene entstehen, wenn etwa Differenzen zwischen Management und Projektleiter nicht ausgeräumt werden können, verantwortliche Stellen auf einmal nicht mehr hinter dem Projekt stehen, ein Konkurrenzkampf zwischen Abteilungen und Projektstellen herrscht, über die Kompetenzverteilung zwischen Linien- und Projekt‐management gerangelt oder um Ressourcen gestritten wird.
Sie haben es als Projektleiter kaum in der Hand, solche Spannungen oder Bedrohungen zu verhindern. Aber wer sensibel genug gegenüber Stimmungen ist und Warnzeichen zu deuten weiß, kann drohende Konflikte vielleicht rechtzeitig orten und ihnen mit entsprechenden Maßnahmen entgegensteuern.
7.2 Was tun bei Konflikten im Team?
Konkurrenz zwischen Mitarbeitern
Eine nicht zu unterschätzende Konfliktquelle ist Konkurrenz zwischen den Mitarbeitern. Betrauen Sie zwei Kontrahenten in einer Projektgruppe mit einer gemeinsamen Aufgabe, können Sie sicher sein, dass hier genügend Stoff geliefert wird die Atmosphäre im Team zu vergiften. Und wer seine Mitarbeiter diesbezüglich nicht genau kennt, kann natürlich böse Überraschungen erleben.
Fehlendes "Wir-Gefühl"
Werden Termine schon in einer frühen Phase verschleppt, ohne dass Konsequenzen gezogen werden, weil jeder nur vor sich hin wurstelt, müssen später immer mehr Beteiligte darunter leiden. Es treten Folgefehler auf, deren Ursache man dann nicht mehr so einfach feststellen kann. "Ja, da hatten wir keinen Einfluss drauf." – "Hättet ihr doch mal eher …" – "Warum sollen denn wir jetzt auf einmal Schuld sein …" So lauten dann die Vorwürfe, die sich die Streithähne um die Ohren hauen. Und ob der Konflikt in einer solchen Atmosphäre noch zu lösen ist, bleibt fragwürdig. Wer frühzeitig merkt, dass das Team nicht an einem Strang zieht, sollte sich lieber bald neue Leute ins Boot holen.
Konfliktmanagement fängt am besten immer mit Konfliktvermeidung an. Ist ein Konflikt erst einmal eskaliert, wird es schwierig das Team wieder zusammenzuschweißen. Daher gilt: Je früher die Gefahr erkannt wird, desto eher lässt sie sich auch bannen.
Worauf kommt es an?
Bei der Erkennung von Konfliktpotenzialen kommt es ganz besonders auf Ihre Fähigkeit an Menschen einzuschätzen und gruppendynamische Prozesse zu erkennen.
- Achten Sie darauf, wie die Zusammenarbeit funktioniert. Werden Verantwortungen übernommen und Aufgaben erfüllt? Agiert das Team zielorientiert? Kommen kreative Vorschläge zu Stande?
- Schätzen Sie jeden Mitarbeiter einzeln ein. Prüfen Sie, welche Rolle er in der Gruppe übernimmt, ob diese Rolle seinen Fähigkeiten und Aufgaben entgegenkommt und ob sie von den anderen akzeptiert wird.
- Integrieren Sie Außenseiter. Auf Kosten anderer sollte sich niemand im Team profilieren können.
- Hat das Team eine gute Kommunikationskultur? Werden Informationen weitergegeben? Werden Probleme offen angespro...