Kennzahlen sind eine sehr verbreitete Methode, Prozesse zu beobachten. Wir definieren dazu Erfolgsfaktoren, die uns zeigen, dass die Leistung den Erwartungen entspricht. Diese Faktoren wollen wir mit Kennzahlen beobachten. Die vier Zieldimensionen Qualität, Wirtschaftlichkeit, Schnelligkeit und Variabilität geben auch hier den Rahmen vor.
Wirtschaftlichkeit
Die Kostendimension von Prozessen beschreibt den Verbrauch von Ressourcen zur Erstellung von Leistungen. In HR-Prozessen dürften das in erster Linie Personalressourcen für die Bearbeitung der HR-Leistungen sein.
Personalressourcen für Prozesse können wir deduktiv (brutto) berechnen, indem wir die gegebenen Kapazitäten rechnerisch auf die Durchführung der einzelnen Prozesse aufteilen. Wenn in einem Recruiting-Team fünf Personen arbeiten und dieses Team außer dem Recruiting-Prozess keine anderen Aufgaben hat, dann können wir die fünf Personen durch die Anzahl der Einstellungen einer Periode teilen. Dann wissen wir, wie viele Einstellungen eine Person im Durchschnitt bearbeitet.
Wollen wir die Personalressourcen induktiv berechnen, dann schätzen wir zunächst, wie lange eine Person für die einzelnen Aktivitäten des Prozesses benötigt. Wir unterscheiden dann verschiedene Varianten des Prozesses, die unterschiedliche Aktivitäten beinhalten. Dann zählen wir die Prozessausführungen und die Varianten und addieren die Zeiten für die Tätigkeiten. So erhalten wir einen geschätzten Personalaufwand für den Prozess.
Natürlich werden beide Messungen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Eine starke Differenz kann ein Hinweis auf einen ineffizienten Einsatz von Personalressourcen sein.
Schnelligkeit
In der Dimension Geschwindigkeit messen wir vor allem die Durchlaufzeit der Prozesse. Wie lange brauchen wir von einer Stellenanforderung bis zur Einstellung einer Person? Wie schnell kann die HR-Abteilung eine angeforderte Vertragsänderung umsetzen?
Qualität
Die Dimension der Qualität ist vielfältig und hängt von den beobachteten Prozessen ab. In Produktionsprozessen schaut man hier auf die Liefertreue, den Ausschuss oder die Fehlerrate der Produktion. In HR-Prozessen beobachtet man mit der Qualitätsdimension die Effektivität des Prozesses, also z. B. die Passung des Bewerbers.
Die Qualität kann sich einerseits auf Aspekte des Prozesses selbst, andererseits auf die der erbrachten Leistung, des Output beziehen. Die Prozessqualität zeigt sich in der Einhaltung von Verfahrensvorgaben und in der Qualität der Interaktionen (z. B. Freundlichkeit). Dafür Kennzahlen zu definieren ist schwierig – in Dienstleistungsprozessen mit Kundeninteraktionen werden regelmäßige Kundenfeedbacks erhoben, die zu Zufriedenheitskennzahlen aggregiert werden. Der "Net Promoter Score" misst, wie sehr Kunden bereit sind, die Leistung eines Unternehmens weiterzuempfehlen. Für die HR-Leistungen sind solche Maßzahlen eher ungeeignet.
Die Ergebnisqualität der HR-Prozesse schlägt sich in den etablierten HR-Kennzahlen nieder. Dabei unterstellt man zum Beispiel, dass eine geringe Fluktuationsrate eine gute Mitarbeiterbindung signalisiert. Die Fluktuation im ersten Jahr der Betriebszugehörigkeit dürfte Rückschlüsse auf die Qualität des Recruitingprozesses erlauben. Die Altersverteilung des Personals oder die Entwicklung der Lohnsumme sind auch häufige Kennzahlen für die HR-Arbeit.
Variabilität
Wie viele verschiedene Leistungen oder Varianten von Leistungen bieten wir an? Haben wir ein Entgeltmodell über alle Beschäftigten oder handelt jede Person die Konditionen individuell aus? Wie viele Arbeitszeitmodelle für Beschäftigtengruppen nutzen wir? Wie einheitlich oder unterschiedlich sind Zusatzleistungen wie betriebliche Altersvorsorge, Dienstwagen oder Jobrad geregelt?
Für das Verständnis der Komplexität in HR-Prozessen ist es erforderlich, diese Variabilität zu erkennen. Manche Varianten von HR-Leistungen können gar nicht mehr in einem einheitlichen Prozess bedient werden, es sind dazu völlig getrennte Prozesse mit eigenen IT-Lösungen und eigenem Personal notwendig.
Alle Kennzahlen basieren generell auf konstruierten Annahmen über Zusammenhänge. Die Mitarbeiterbindung kann man nicht messen, also definiert man eine beobachtbare Größe, die man in Zahlen ausdrücken kann. Die Zahl als solches bietet demnach auch keine Information, sie ist erst im Vergleich interpretierbar: im Zeitverlauf, zwischen Untereinheiten des Unternehmens oder anhand externer Benchmarks. Bei der Interpretation ist Zurückhaltung geboten: "Wer viel misst, misst Mist".